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■ SurfbrettCholeriker, aber HIV-negativ

Angebot und Nachfrage bestimmen den Markt im Kapitalismus. Dieses unerbittliche Gebot der freien Marktwirtschaft mußten auch Künstler aus den ehemaligen Staaten des Warschauer Paktes in den letzten Jahren auf oft recht schmerzhafte Weise lernen. Denn in Osteuropa exisitiert noch ein eigener Kunstmarkt. Und wer nicht das Glück hat, von der „Open Society Foundation“, der Stiftung des Wall-Street-Millionärs George Soros, unterstützt zu werden, der muß sich nach Westen orientieren und hoffen, daß westeuropäische Sammler sich für seine Arbeit interessieren. Trotz der für osteuropäische Künstler bitteren Arbeitsbedingungen hat die Künstlergruppe Absolutno aus Novi Sad noch nicht den Humor verloren. In ihrem Netzprojekt „Absolute Sale“ (www.absolutno.opennet .org/web) können westliche Sammler fiktive osteuropäische Künstler ersteigern. Die Site ist der Homepage des Auktionshauses Christie's nachempfunden und bietet je einen Künstler aus jedem ehemaligen Ostblockland samt ausführlicher Information über Persönlichkeit und Gesundheitszustand an. Da ist zum Beispiel der bosnische Bildhauer Vahidin Behogvic, der zwar unter einem cholerischen Charakter leidet und gerne sinnlose Kämpfe anfängt; aber immerhin: Er ist HIV-negativ und auch sonst gesund – daher könnte sich die Investition lohnen. Auch der albanische Komponist versucht immer wieder, nach Italien zu flüchten. Aber wer mit einem niedrigen Anfangsgebot in die Auktion geht, macht hier vielleicht ein Schnäppchen. Da die Macher dieses sarkastischen Stücks Konzeptkunst bis auf weiteres nicht mehr in unmittelbarer Gefahr sind, von Nato-Bomben getroffen zu werden, könnte die große Ost-Künstlerversteigerung, die Abolutno für das Jahr 2000 anvisiert hat, doch noch stattfinden.

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