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Superbowl-Niederlage der KC ChiefsDoch nicht unsterblich

Patrick Mahomes sollte beim Superbowl zum Größten aller Zeiten gekrönt werden. Doch der Quarterback und seine Kansas City Chiefs kollabierten.

Unsterblichkeit vermasselt: Quarterback Patrick Mahomes nach der Niederlage

Die Spieluhr im Superdome von New Orleans zeigte noch mehr als drei Minuten an, doch Patrick Mahomes, der designierte Superstar des Spiels, hatte schon längst aufgegeben. Der Rückstand seiner Kansas City Chiefs war uneinholbar und alle Professionalität war dahin. Mahomes kaute auf seinem Zahnschutz herum, kämpfte mit den Tränen und wollte sich eigentlich nur noch verkriechen.

Immerhin brachte er noch die Sportlichkeit auf, seinem Rivalen Jalen Hurts zu seiner überragenden Vorstellung und dem Underdog-Sieg der Philadelphia Eagles zu gratulieren, doch dann musste er sich schleunigst in die Stadionkatakomben verkrümeln. Eine dreiviertel Stunde dauerte es, bis er sich gesammelt hatte und vor die Presse trat. „Ich habe heute nicht meine Ansprüche erfüllt“, sagte er, noch immer spürbar niedergeschlagen. Die Niederlage gegen Philadelphia, das war ihm voll bewusst, ging zu einem großen Teil auf seine Kappe.

Dabei war bei Medien und Fans vor der Superbowl Nummer 59 schon beinahe klar, dass Mahomes am Sonntagabend Historisches vollbringt. Schließlich gilt er, seit er im Jahr 2018 Profi wurde, als das Wunderkind des Sports. Er hat die Position des Quarterbacks neu erfunden. Er tut Dinge mit dem Ball, die vorher niemand für möglich gehalten hat. Und er überrascht immer wieder die Gegner mit vollkommen unerwarteten, virtuos improvisierten Spielzügen.

Seine Bilanz vor diesem Sonntag entsprach diesem Talent. Er hat die Kansas Chiefs zu einer Siegermannschaft gemacht. Seit Mahomes in Missouri ist, haben die Chiefs fünfmal im Superbowl-Finale gestanden und dreimal gewonnen. An diesem Sonntag hätten sie die Chance gehabt, als erste Mannschaft in der NFL-Geschichte zum dritten Mal hintereinander zu gewinnen.

Leidenschaftliche Debatte um den GOAT

Deshalb wurde auch in den zwei Wochen vor dem Finale schon leidenschaftlich die Debatte geführt, ob Mahomes der größte Quarterback aller Zeiten sei. Das Gerede wurde untermauert durch ein Interview mit dem bislang unbestrittenen GOAT Tom Brady, bei dem sich die beiden Größten unaufhörlich Komplimente zuspielten. Am Ende stellte Brady die Frage, wie Mahomes sich denn wohl fühlen wird, wenn er am Sonntag die Superbowl in der Hand hält, so, als wäre das Spiel nur noch eine Formalität.

Es kam selbstverständlich anders. Die Eagles vermasselten den Chiefs mit ihrer gnadenlosen Defensive gründlich die Partie. Es dauerte bis nach der Halbzeit, bevor die Chiefs überhaupt aus ihrer Hälfte heraus kamen. Doch die Hilflosigkeit des sicher geglaubten Champions war nicht nur das Resultat des überragenden Spiels der Formation aus Philadelphia. Mahomes, der designierte größte Spieler aller Zeiten und jetzt schon der beste Verdiener, kollabierte schier unter der Last der Erwartung.

Von Anfang an hilflos

Mahomes wirkte von Anfang an hilflos. Und je länger das Spiel andauerte, umso mehr schlug seine Hilflosigkeit in Verzweiflung um. Kein Pass schien mehr zu gelingen, er warf entweder ins Nichts oder der Ball landete beim Gegner. Zum ersten Mal in seiner Playoff-Karriere warf er einen Pick-Six, einen Fehlpass, der in einem Touchdown für den Gegner resultierte. Ganze sechs Mal wurde er gesacked, das heißt, die Eagles-Verteidiger erwischten ihn, bevor er den Ball loswerden konnte. Die Chiefs hatten ganze neun Posessions, ohne dass sie daraus auch nur einen Punkt herausholen konnten.

Aus dem Rennen um den GOAT, den Größten aller Zeiten, ist Mahomes damit erst einmal raus. Ganz sicher wird auch seine Dauerpräsenz in TV-Spots, die in diesem Jahr Rekorde erzielte, abnehmen. Mahomes hat ein wenig von seiner Aura verloren.

Viel schlimmer für ihn wird es jedoch sein, in eben dem Augenblick versagt zu haben, in dem er die Chance hatte, in das Reich der unsterblichen Football-Helden vorzudringen. „Ich muss besser werden, ich muss besser werden“, stotterte er noch sichtlich konsterniert nach dem Spiel in die Mikrofone. Vielleicht reicht es aber auch schon, die Ziele etwas niedriger zu hängen, als die Erlangung der Unsterblichkeit.

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4 Kommentare

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  • Ob nun im Tennis, Football oder wo auch immer, diese Goat-Debatte ist doch für Kleingeister. (Wobei ja Goat eigentlich lustigerweise eine Ziege ist)).



    Man fragt sich, wer das braucht. Eigentlich sollte man sich doch immer spannende Sportveranstaltungen (eigentlicher Sinn?) wünschen und nicht den „einzigen Überflieger“. Nichts ist im Sport so langweilig wie Vorhersagbarkeit.



    Aber es scheint in der Natur der Menschen zu liegen, immer anbetungswürdige menschliche Projektionsflächen zu brauchen. Hilft das beim Grau des eigenen Daseins ?

    • @snowgoose:

      Die Leute, über die da diskutiert wird, erbringen absolute Spitzenleistungen - manche "nur" im gegenwärtigen Rahmen, manche aber eben auch im Vergleich zur bisherigen Historie. Das sollte man schon anerkennen und ausdrücken können, wenn man überhaupt einen Sinn für Spitzensport hat. Es stimmt nicht immer, und selten ist die Lichtgestalt der einen Epoche mit der der anderen wirklich vergleichbar (Pele vs. Messi oder Stenmark vs. Shiffrin z. B.), aber im Spitzenbereich Superlative auch mit Superlativen zu würdigen, ist aus meiner Sicht nicht per se falsch.

      Dass es dann immer eine Inflation an GOAT-Diskussionen gibt, sobald in einem Sport so jemand gekrönt wurde (bzw. allmählichlich alt wird und dann eben nicht mehr ganz so "Great" ist) - geschenkt: Die nächste Geiß muss her, damit das Publikum bei der Stange bleibt und nicht z. B. denkt, Football nach Brady, Basketball nach Jordan oder meinetwegen auch Darts nach Taylor sei nur noch halb so gut. Und dann sind da auch wirklich manchmal Nachfolge-Goats (Schumacher-Hamilton, Federer-Nadal-Djokovic...) die wirklich den Unikaten unmittelbar vor ihnen noch Einen draufsetzen.

      Und was sagt man z. B. zu einem Ali oder Bolt außer "GOAT"??

    • @snowgoose:

      Ich bin Brady Fan und beteilige mich gerne an Goat Debatten. "Eigentlich sollte man sich doch immer spannende Sportveranstaltungen wünschen". Naja, sag das mal einem Bayern Fan oder damals Patriots im Football. Ich denke diese Fans waren zufrieden und lang nicht jeder möchte nur spannende Spiele sehen, sondern das das eigene Team gewinnt. Und den letzten Absatz verstehe ich leider nicht. Es geht doch nur darum wer besser ist. Da dies oftmals subjektiv ist, können so Interessante Diskussionen entstehen. Hat meiner Meinung nach nichts mit "Kleingeistern" oder "Grau des eigenen Daseins" zu tun, aber hey, jedem seine Meinung.

  • Ja, ja, versagt. Was man so sagt in einer PK, besonders in den USA. Aber es sind schon noch andere mitverantwortlich. ZB die, die dem Angriff der Eagles nicht standgehalten haben und so dem QB keine Zeit verschafft haben.



    Trotzdem bleibt ein wenig klammheimliche Freude.



    Trumpisten erreichen doch nicht alles.