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Süddeutsche Waldbesitzer klagen ihr Recht auf Eigentum ein

■ Der Schwarzwaldbauer Killguß und die Stadt Augsburg fordern Schadenersatz vor dem Bundesgerichtshof / Killguß–Prozeß wird von 27.000 Waldbauern mitfinanziert

Karlsruhe (dpa/taz) - Der Bundesgerichtshof hat am Donnerstag erstmals über Schadensersatzklagen wegen des Waldsterbens verhandelt. Die Stadt Augsburg und der Waldbauer Ernst Killguß aus Schömberg (Kreis Freudenstadt) verlangen von der Bundesrepublik Entschädigung für ihre „immissionsbedingten“ Waldschäden. Beide Klagen waren in den Vorinstanzen abgewiesen worden. Killguß fordert einen Teil seines Waldschadens in Höhe von etwa einer Million Mark von der Bundesrepublik zurück. Seine Klage haben die insgesamt 27.000 Waldbauern in Baden–Württemberg finanziert: jeder gab fünf Mark. Der Anwalt Rudolf Nirk wies darauf hin, Killguß lebe von der Forstwirtschaft und sei durch das Waldsterben in seiner Existenz bedroht. Dafür trage die Bundesrepublik die Verantwortung. Sie habe durch die Festsetzung von Immissionswerten die privaten Unternehmen ermächtigt, in das Eigentum der Bürger einzugreifen. Die Bürger seien zur Duldung dieser Eingriffe gezwungen und erbrächten ein „entschädigungspflichtiges Sonderopfer“. Die Schadensersatzpflicht des Staates dürfe nicht mit dem Hinweis auf die „Unüberschaubarkeit“ der von den Eingriffen Betroffenen verweigert werden. „Wenn die Auswirkungen staatlichen Handelns unübersehbare Schäden hervorrufen, dann muß notwendigerweise auch die Zahl der Entschädigungsberechtigten unübersehbar groß werden“, sagte Nirk. Der Rechtsanwalt der Stadt Augsburg, Hermann Büttner, sagte, man habe den Eindruck, „der Staat hat das Ei des Kolumbus entdeckt, indem er sich der Fesseln der klassischen Anspruchsgrundlagen entledigt“. Einerseits zwinge er den Bürger zur Duldung existenzbedrohender Eingriffe, bestreite aber jede Haftung für die entstandenen Schäden. In Baden–Württemberg und Bayern sind rund zwei Drittel der Wälder geschädigt. Das Urteil im Waldsterben–Prozeß wird am 10. Dezember gesprochen. Kommentar auf Seite 4

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