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Archiv-Artikel

Südafrika sucht CO2-Endlager

Um das Klima zu schützen, soll verflüssigtes Kohlendioxid unter die Erde. Umweltschützer befürchten dadurch neue Kohlekraftwerke statt Windrädern

JOHANNESBURG/BERLIN taz ■ Südafrika will seinen Klimadreck unterirdisch entsorgen: Die Regierung sucht nach Partnern für Pilotprojekte, um die so genannte CCS-Technik zu entwickeln; auch der Vattenfall-Konzern (siehe Kasten) könnte dafür in Frage kommen. CCS steht für „Carbon Dioxide Capture and Storage“: Der Klimakiller Kohlendioxid soll aus den Industrieabgasen aufgefangen, verflüssigt und – ähnlich wie radioaktive Brennstäbe – unterirdisch gelagert werden.

Südafrika ist einer jener 22 Staaten, die sich dem „Carbon Sequestration Leadership Forum“ angeschlossen haben. Diese Initiative konzentriert sich auf die Entwicklung von Technologien für Trennung und Lagerung von Kohlendioxid in geologischen Formationen. Anthony Surridge ist ein Verfechter dieser Lösung. Der ehemalige Berater des südafrikanischen Energieministeriums arbeitet jetzt beim „Central Energy Fund“ in Johannesburg. „Der Verbrauch von fossilen Brennstoffen wird weltweit stärker zunehmen und die Atmosphäre weiter bedrohen“, so Surridge. Südafrika produziert 92 Prozent seines Stromes aus seinen riesigen Kohlevorkommen.

Surridge meint, Kohlendioxid aus den Abgasen herauszufiltern und mit Pumpen zu verpressen sei kein Problem. Der noch weitgehend unerforschte Teil ist die anschließende Lagerung unter der Erde, in alten Öl- oder Gasfeldern, erschöpften Goldminen oder Untergrund-Salinen. Dort soll CO2 versiegelt über Millionen von Jahren sicher verschlossen sein. Die Regierung hat deshalb jetzt eine geologische Studie in Auftrag gegeben, um die Aspekte unterirdischer Lagerstätten zu erforschen. Das Potenzial für die Lagerung von Kohlendioxid beträgt nach ersten Untersuchungen 20 Gigatonnen.

CCS bietet Industrieländern die Möglichkeit, ihre Emissionen zu verringern, ohne ihr Energiesystem einschneidend zu ändern, sagen Umweltgruppen. „Aber die Sicherheit der unterirdischen Leitungssysteme ist fraglich“, erklärt Richard Worthington, zuständig für nachhaltige Energien und Klimawandel bei „Earthlife Africa“ in Johannesburg. „Erdbeben sind häufig in dieser Region, besonders durch die Bergbauarbeiten.“ Öffentliche Gelder sollten zum Nutzen der Bevölkerung ausgegeben werden – „und nicht zugunsten der reichen Brennstoff-Industrie“, meint Worthington.

Immerhin: Experten haben errechnet, dass durch Kohlendioxidgewinnung 12 Prozent aller Emissionen Südafrikas aufgefangen werden können, also nicht in die Erdatmosphäre gelangen, wo sie zur Erderwärmung beitragen. Mit 60 bis 70 US-Dollar pro Tonne ist dies Verfahren jedoch vergleichsweise teuer: Kohlenstoff-Zertifikate kosten derzeit etwa 15 bis 20 Dollar je Tonne. Strom würde auf diese Weise derart teurer, dass das politische Ziel, ärmere Haushalte mit bezahlbarer Energie zu versorgen, konterkariert werde, urteilt Worthington. „Es gibt effektivere Methoden, kurzfristig den Klimawandel zu reduzieren und gleichzeitig Arbeitsplätze zu schaffen, zum Beispiel Solarenergie.“

Bei erneuerbaren Energien seien Südafrikas Ziele viel zu wenig ambitioniert. Weniger als 1 Prozent des Energieangebots stammt derzeit aus erneuerbaren Quellen; bis 2013 will Südafrika 2 Prozent erreichen.

Klimaschützer befürchten derzeit, dass die unterirdische Lagerung von Kohlendioxid als „Clean Development Mechanism“ (CDM) anerkannt wird. Diese „Saubere-Energie-Entwicklungszusammenarbeit“ funktioniert so: Baut ein Unternehmen wie Enercon einen Windpark in Südafrika, bekommt es dafür CO2-Aktien, die so genannten Zertifikate, die an der Energiebörse bares Geld wert sind. CDM ist das bislang einzige funktionierende Instrument des Kioto-Protokolls. Lester Malgas von der südafrikanischen Umweltorganisation Southsouthnorth: „Wird die CO2-Verpressung Teil des CDM-Systems, bekommen wir statt Windparks neue Kohlekraftwerke. Das kann man doch nicht wollen!“ Das Verfahren sei nur ein Vorstoß der fossilen Industrie, „mit der sie ihren Hintern retten will“. MARTINA SCHWIKOWSKINICK REIMER