piwik no script img

■ Südafrika kämpft um die Vormacht auf dem StraußenmarktÜber dem Pürzel

Oudtshoorn (taz) – Der Federnpalast der Safari-Farm bei Oudtshoorn ist alles andere als eine leichte Angelegenheit. Die massiven Sandsteinwände und der Erkerturm, von dem der Blick über die Straußenfarm schweifen kann, künden freilich nicht nur vom Glauben in massive Architektur, sondern erinnern auch an die goldenen Zeiten des Straußen-Booms in den 20er Jahren, als die Federn der zweibeinigen Tiere nicht nur den Tänzerinnen der Folies Bergeres in Paris und den Schönheiten des Karnevals von Rio de Janeiro zur Untermalung ihrer Reize dienten. Längst sind jene goldenen Zeiten der Straußenfedern vorbei. Heute drohen Südafrikas Straußenfarmern im Gebiet von Oudtshoorn erneut massive wirtschaftliche Verluste, denn es gibt immer mehr Konkurrenz am Kap und in der Welt.

Rund eine Millione Tiere bevölkerten zu Zeiten der britischen Queen Victoria Südafrikas Karoo- Hochebene. Heute gibt es sogar Strauße im Tausende von Kilometern entfernten, klimaähnlichen Texas. Über 40.000 US-Dollar legen dort Bauern für ein Weibchen hin, daß Eier ausbrütet. Denn die goldenen Zeiten mögen vorüber sein, Geschäfte lassen sich mit den gefiederten Zweibeinern allemal noch machen. 350 US-Dollar ist so ein Tier samt seinem drei Qudratmeter großen Fell und Federn einem südafrikanischen Bauern wert. Der Siegeszug des Automobils, so behaupten manche „Experten“, hätten dem weitschweifigen Straußenfedern-Hut den Garaus gemacht. Aber die Werke von BMW und Mercedes-Benz in Südafrika benutzen die Federn weiter bei der Lackierung. Ansonsten gehen die meisten Federn für Staubwedel drauf. Aber die Lederhaut bleibt für Handtaschen und Schuhe gefragt. Das Fleisch wird – wenn nicht als Straußen-Steak serviert – zum beliebten Biltong, Trockenfleisch, verarbeitet. Oder es wird an Metzger in Europa verscherbelt. Rund 150.000 Strauße müssen in Oudtshoorn jährlich ihr Leben lassen – per Eletroschock betäubt, geköpft und anschließend vom Kinn bis zum Bauch aufgeschlitzt. „Hug a Bird“ – umarme einen Vogel– heißt es dennoch auf Werbetafeln in den Straßen des malerischen Oudtshoorn nahe der Stadt George am Indischen Ozean.

Ein Motto, das sich so mancher Straußenbauer und solche, die es gerne werden möchten, nach dem Geschmack der alteingesessenen südafrikanischen Farmer zu sehr zu Herzen genommen haben. Über Swaziland und Namibia laufen die Schmuggelkanäle ins Ausland, die das Monopol bedrohen. Namibia erließ im Juli auf südafrikanisches Drängen endlich ein Exportverbot.

So müssen Genießer wohl auch in Zukunft auf das texanische Straußenei verzichten und beim südafrikanischen bleiben. 45 Minuten dauert es, bis es gargekocht ist. Wem das zu lange dauert, bleibt ein schneller Ritt auf der Highland- oder Safari-Farm bei Oudtshoorn. Aufgesessen wird irgendwo in dem Gebiet, das bei Enten mit „über dem Pürzel“ beschrieben würde. Die beiden Stummelflügel dienen als Beinschutz, festhalten muß sich der Straußenjockey an den Vorderkanten der Flügel. Und wem es dann zu langsam geht, sei empfohlen: Pfeifen sie den Sechs- Tage-Walzer, und ab geht der Strauß. Willi Germund

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen