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Studium mit Genehmigung der Stasi

Berlin/Bonn (adn/ap) — Universitäten und Hochschulen der DDR waren von Stasispitzeln durchsetzt. Dies berichtet 'Der Morgen‘. Allein an der Sektion Kriminalistik der Humboldt-Universität seien fünf Professoren bzw. Dozenten beschäftigt gewesen, die als „Offiziere im besonderen Einsatz“ (OibE) eingeschleust worden waren. „Eine spezielle Abteilung des MfS (HA XX/8) befaßte sich mit der systematischen Überwachung aller DDR-Hochschulen. Durch ständige Lageberichte sollte die ‘Vermeidung von politischen Überraschungen‘ gesichert werden.“ Informelle Mitarbeiter hätten nicht nur als Informanten, über Studierende und Lehrkörper fungiert, sondern seien zielstrebig in Schlüsselpositionen geschleust worden. Auch an der Auswahl künftiger Studenten war die Stasi laut 'Der Morgen‘ beteiligt. Studienbewerber für bestimmte Fächer wie Medizin, Theologie, Sonderschulpädagogik oder Lateinamerika-Wissenschaften seien grundsätzlich nur nach Absprache mit dem MfS behandelt worden.

Nach Ansicht der westdeutschen Professoren sollen die Hochschullehrer der ehemaligen DDR von „Personalkommissionen“ auf ihre Belastung durch Beziehungen zum SED-Staat oder zur Stasi überprüft werden. Unter Beteiligung von Wissenschaftlern aus Westdeutschland und dem westlichen Ausland sollten „negativ profilierte“ Hochschullehrer ermittelt werden, sagte der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Hans-Uwe-Erichsen, gestern in Bonn. Die bisher „Westdeutsche Rektorenkonferenz“ benannte Organisation hatte sich am Vortag in „Hochschulrektorenkonferenz“ (HRK) umbenannt und 21 Hochschulen aus den neuen Bundesländern aufgenommen. Nach Angaben von Erichsen sprachen sich die darin zusammengeschlossenen 213 Rektoren und Präsidenten von Universitäten, Akademien und Fachhochschulen dafür aus, nicht grundsätzlich alle Hochschulangehörigen zu entlassen und nach Überprüfung neu einzustellen. Wegen des „ungeheuren Verwaltungsaufwands“ sei statt dessen die Überprüfung durch die Kommissionen sinnvoller.

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