: Studis fordern Hajens Rücktritt
■ Unterschriftensammlung in der Mensa / Der Senator: „Ich bin demokratisch gewählt“ / Kampagne gegen Uni-Präsident Lüthje Von Kaija Kutter
Mit einer Solidaritätserklärung für den Uni-Präsidenten hat gestern der Asta der Hamburger Uni auf die Medienkampagne gegen Jürgen Lüthje reagiert. Die zahlreichen Proteste in der Jubiläumswoche hätten scheinbar noch nicht genügt, um die Position der Studierenden deutlich zu machen, heißt es in einer Pressemitteilung. Und weiter: „Die Proteste resultieren aus der verfehlten Hamburger Bildungspolitik“ und nicht aus der „Schwäche“ des Präsidenten.
In einer Unterschriftenliste, die in der Mensa kursiert, fordert der Asta statt dessen den Rücktritt von Wissenschaftssenator Leonhard Hajen, der für die „planlosen, substanzgefährdenden Sparpläne“ und für eine „verschleiernde Informationspolitik“ verantwortlich sei. Wie berichtet, soll die Universität bis 1997 361 Stellen einsparen und nochmals 250 Stellen künstlich unbesetzt halten. Obwohl sie nur 4,5 Prozent des Personalbestandes der Stadt ausmacht, soll sie das dreifache an Einsparleistung erbringen. Dies „überfordert die Universität“, hatte Uni-Präsident wiederholt öffentlich erklärt.
In den vergangenen Tagen erhielt er für diesen Ungehorsam die Quittung: Nach taz-Informationen wurde die sonst eher ein Randdasein fristende Bildungsberichterstattung in mindestens zwei Hamburger Tageszeitungen zur „Chefsache“ erklärt. Zugleich wird die Absage der für Himmelfahrt geplanten Uni-Jubiläumsfeier für eine Kampagne gegen den seit knapp drei Jahren amtierenden Präsidenten ausgeschlachtet. Zentraler Punkt ist dabei die Frage, ob die Absage des Festes mit Bürgermeister Voscherau oder dessen Vorzimmer abgestimmt wurde. Rathauspolitiker bedauern öffentlich um die Wette, daß sie nicht feiern durften, Voscherau und Hajen markieren im „Irrealis der Vergangenheit den starken Mann gegen Eierwerfer“, wie es der Student und GAL-Abgeordnete Martin Jörß gestern bissig formulierte.
Vermischt wird der angebliche politische Skandal mit dem Vorwurf an die Uni, sie verweigere trotz zahlreicher Aufforderungen die Beteiligung am „Volkssport Sparen“. Tatsächlich hat die Uni-Spitze Ende Februar aus den Zeitungen erfahren müssen, daß sie bis Mitte Mai Stellenstreichungen im Umfang von 1000 Studienplätzen vornehmen soll. Zum Vergleich: Der Senat bat sich Zeit bis zum Jahr 2000 aus, um den Personalbestand des eigenen Fuhrparks behutsam zu reduzieren. Zwischen Wissenschaftsbehörde und Uni-Spitze herrscht ein eher unfreundlicher Umgangston; Hajen zu Lüthje: „Es ist nicht ihre Aufgabe, Erwartungen zu formulieren“.
Paradox auch: Die vorige Woche groß bejubelte Millionenspende des Bauunternehmers Greve für die Flügelbauten gerät in Vergessenheit. Paßt vielleicht nicht ins Konzept, daß keineswegs der Senat, sondern der gescholtene Lüthje die Sache eingefädelt und monatelang vorbereitet hatte. „Die Proteste vor der Bauskulptur richteten sich vor allem gegen die Frechheit und den Stil, die Hajen gegenüber der Uni an den Tag legt“, sagt Asta-Vorsitzende Katja Werheid zur taz. Gespräche und zahlreiche Podiumsdiskussionen hätten gezeigt, daß der Senator an den Fakten vorbei rede und nicht auf die Argumente der Uni eingehe. „Hajen hat kein Konzept, keinen Überblick, was er sparen will und wie die Uni dann noch funktionieren soll“, sagt auch Thorsten Meincke von der Wiwi-Aktionsgruppe.
Der Senator reagierte gestern mit gewohnter Elefantenhäutigkeit auf die Kritik. Er sei durch „demokratische Wahlen“ in sein Amt berufen worden. Den Gefallen, zurückzutreten, könne er dem Asta „leider“ nicht tun.
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