piwik no script img

StudienergebnisMehr Menschen mit HIV infiziert

Die Zahl der Neuinfektionen mit dem HI-Virus steigt: Besonders in Ostdeutschland gibt es mehr Ansteckungen. In Städten registrieren die Forscher viel mehr Infektionen als in der Provinz.

Aids wird nicht mehr ernst genug genommen, mahnen die Forscher. Bild: dpa

Die Zahl der HIV-Neuinfektionen wächst in Deutschland langsam, aber stetig. Das geht aus der aktuellen Statistik des Berliner Robert-Koch-Instituts hervor. Besonders in den neuen Bundesländern steigt die Infektionsrate: In den ersten fünf Monaten dieses Jahres gab es dort 1,47 HIV-Neuinfektionen pro 100.000 EinwohnerInnen; gegenüber 1,35 im selben Zeitraum des Vorjahrs. In Nordrhein-Westfalen sank beispielsweise die Rate: 2007 waren es dort 3,37 Neuinfektionen, in diesem Jahr 2,93 pro 100.000 EinwohnerInnen.

Doch betrachtet man die Bevölkerungsdichte der ostdeutschen Bundesländer und die der westdeutschen, so wird klar, dass sich lokale Phänomene, etwa aufgrund eines Straßenstrichs an einer Grenze, in der Statistik für Ostdeutschland viel stärker auswirken können - dort gibt es einfach weniger Menschen als in den alten Bundesländern.

Ralph Schreiber, Sprecher des Sozialministeriums in Sachsen, bemerkt "eine gewisse Nachlässigkeit" beim Thema HIV. "Die Menschen sind risikofreudiger als noch vor ein paar Jahren, manche stecken sich auch auf Reisen an", sagt Schreiber. "Ungeschützter Verkehr bei häufig wechselnden Sexualpartnern sollte daher einfach ein No-go sein."

HIV-Neuinfektionen werden vor allem in Großstädten gemeldet - dass die Ansteckung dann auch tatsächlich dort geschehen ist, bedeutet das allerdings nicht. So gibt es in Mecklenburg-Vorpommern in der Hafenstadt Rostock 7,1 HIV-Neudiagnosen pro 100.000 EinwohnerInnen, nur 1,29 Prozent werden im restlichen Bundesland gemeldet. In Thüringen sind die Zahlen sogar noch eindeutiger. Hier kommen 1,98 Neuinfektionen auf den Stadtkreis Jena und lediglich 0,53 für Restthüringen pro 100.000 Einwohner - alle Meldungen stammen von Männern.

Bei der Steigerung der Neuinfektionen von 2006 auf 2007 machen mit 12 Prozent die Männer aus, die Sex mit Männern haben, statistisch spricht man dabei von "MSM". Der-MSM-Trend wird auch im laufenden Kalenderjahr bundesweit bestätigt; 2,35 Männer und nur 0,46 Frauen pro 100.000 EinwohnerInnen wurden von Januar bis Mai 2008 als Neuinfizierte registriert.

Die Statistiken zeigen es: Die Gefahr einer Ansteckung mit dem HI-Virus wird von den Menschen wohl einfach nicht mehr so ernst genommen wie noch vor sechs, sieben Jahren, als "Safer Sex" an jeder Hauswand klebte und ein Kondom in der Hosentasche zur Grundausstattung von sexuell aktiven Erwachsenen gehörte.

Heute hat sich neben dieser Einstellung auch die Behandlungsmethode der HIV-Krankheit verändert: Oftmals beginnt die Therapie nicht direkt nach der Infektion, sondern erst später, wenn erste Anzeichen der Krankheit bemerkt werden.

Das bedeutet aber auch, dass die Infektiosität erst später gesenkt wird. Und obwohl die medikamentöse Behandlung inzwischen deutlich besser anschlägt als früher, ist eine richtige Heilung immer noch nicht in Sicht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!