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Studie zu RollenbildernDas Männer-Quartett

Die Deutschen rücken immer mehr vom reaktionären Rollenbild ab, so eine Studie. Doch die meisten sind noch auf der Suche nach ihrer neuen Identität.

Vielreden? Singen? Klappe halten? Mann von heute ist verwirrt. Bild: photocase.de/bastografie

Sie haben sie wieder, ihre Traumfrau. Die Rede ist von "den deutschen Männern", und herausgefunden hat diesen positiven Trend eine Studie, die von der "Gemeinschaft der Katholischen Männer Deutschland" und "der Männerarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland" in Auftrag gegeben wurde. 1.470 Männer wurden zu ihren Rollenbildern befragt und zur Kontrolle auch 970 Frauen.

Die Studie "Männer in Bewegung" teilt den "Mann von heute" in vier auffällig weiche Kategorien ein: 27 Prozent der Männer werden als "teiltraditionell" eingestuft, 24 Prozent gelten als "balancierend", 30 Prozent als "suchend". Die verbleibenden 19 Prozent charakterisieren sich durch eine "moderne" Einstellung zur Geschlechterfrage. Soziologische Daten wie finanzielle Ressourcen, Bildung oder Migrationshintergrund spielen keine Rolle. Folglich werden vereinheitlichend Männer versus Frauen verhandelt. Zentral für die Studie ist hingegen die Bezugnahme auf eine Erhebung von 1998. Das Interesse gilt damit der Entwicklung des gesellschaftlichen Bewusstseins.

Und während 1998 noch 40 Prozent der männlichen Befragten angaben, dass es die Traumfrau nicht gebe, teilen zur Überraschung des Autors Rainer Volz diese ernüchterte Einstellung heute nur mehr 8 Prozent der Männer. "Wie wunderbar", möchte man ausrufen! Denn das hieße: Heutzutage lieben und idealisieren die meisten Männer ihre Lieblingsfrau leidenschaftlich, obwohl für die meisten von ihnen Gleichberechtigung ein legitimes Anliegen ist. Anders formuliert: Emanzipierte Frauen werden nicht mehr selbstverständlich abgestraft, indem Männer sie als unsexy oder verhärmt erleben.

Damit wird ihnen ein Freiraum zugestanden, der bislang vor allem für Männer reserviert war: nämlich Gegensätze miteinander zu verbinden. Also Mann und jungenhaft zugleich sein zu dürfen. Machtfülle und Verspieltheit müssen beim männlichen Mann nicht gegeneinander gestellt werden - er darf zwischen diesen beiden Polen hin und her springen, ohne deshalb an Respekt einzubüßen. Nun dürfen auch Frauen unabhängig und erotisch sein.

Und noch mehr Positives vermeldet "Männer in Bewegung" und findet damit auch die Anerkennung von Familienministerin Ursula von der Leyen, die der Studie gestern eigens eine Pressekonferenz widmete. Die traditionell eingestellten Männer (27 Prozent) haben sich modernisiert und akzeptieren eine berufstätige Frau. Insgesamt ist allen Männern die Familie wichtiger geworden, und immerhin 58 Prozent der Männer finden, dass "Mann und Frau zum Haushaltseinkommen beitragen" sollten. Selbst die vermeintlich unkaputtbare Idee, dass "Frauen von Natur aus besser geeignet sind, Kinder aufzuziehen", verliert an Anhängerschaft. 1998 sahen 65 Prozent aller Männer und Frauen Kinder bei den Müttern naturgemäß besser aufgehoben. 2008 finden das nur noch 58 Prozent der Männer und 67 Prozent der Frauen.

Nur noch? Es ist an der Zeit, die Blickrichtung der Studie in Frage zu stellen. Mit Verve unterstreicht sie jede emanzipative Entwicklung bei heutigen Männern. Pädagogisch gesehen ist dieses positive Denken naheliegend. Gilt es doch, die fortschrittlichen Männer zu unterstützen und den anderen zu zeigen: Seht her, es geht doch! Die Frage ist aber: Wie gehen wir mit den gruseligen Befunden um, welche die Studie ebenfalls zutage fördert? Wie verrechnen wir die Fortschritte mit dem Beharrungsvermögen auf ganz klassische Verhaltensmuster?

So weist Rainer Volz, seines Zeichens Sozialwissenschaftler und Leiter der Männerarbeit der evangelischen Kirche, auf die weiterhin hohe Gewaltbereitschaft von "teiltraditionell" eingestellten Männer hin. Gewaltbereit, wohl gemerkt, nach eigenen Aussagen. "Es handelt sich dabei nicht um Kleinigkeiten", fügt Volz hinzu. Fast bei der Hälfte der sogenannten "teiltraditionellen Männern" findet sich die Idee, die weiße "Rasse" sei anderen "Rassen" überlegen und Kinder dürfen gegebenenfalls geschlagen werden. Gewalt gegen Frauen wird gar nicht erst zum Thema gemacht.

Die Studie ebenso wie ihre Kommentierung durch Rainer Volz spiegelt einen allgemeinen Trend in der omnipräsenten Männerfrage wider: Bislang ist die öffentliche Meinung wild entschlossen, stets das Positive zu betonen. Die gesamte Medienlandschaft applaudiert den wenigen Vätern, die in Elternzeit gehen. Und zweifellos haben sie Anerkennung verdient.

Doch wäre es nicht viel effektiver, man würde noch mehr Lob in Aussicht stellen, sollten Väter auch nach den zumeist an einer Hand abzuzählenden Vätermonaten bei ihrem Arbeitgeber dafür kämpfen, dass sie ihre Berufstätigkeit mit ihrer Elternschaft verbinden können? Aktiv verbinden können? Wäre es nicht effektiver, den Männern, die ihre Männlichkeit weiterhin durch Aggression gegen Frauen und Schwule absichern, deutlich spürbarer die Anerkennung zu entziehen? Immerhin, so Volz, begreifen die Deutschen männlich nach wie vor als "eher dominant, selbstbewusst, rational". Wohingegen weiblich mit "gefühlvoll, erotisch, gesellig" assoziiert wird. Schon in dieser Beschreibung findet sich die alte, daher sattsam bekannte Hierarchie: der männliche Mann ist dominant, die weibliche Frau sucht den Dialog, passt sich also an.

Ja, es ist notwendig, die noch immer vorherrschende Idee von gelungener Männlichkeit radikal zu kritisieren. Männlichkeit und Dominanz müssen entkoppelt werden. Nur so lässt sich eine Gesellschaft tatsächlich emanzipieren. Aber loben ist eben viel einfacher als kritisieren. Denn wer lobt, kann sich selbst gleich als fortschrittlich mitfeiern. Wer kritisiert, läuft hingegen Gefahr, selbst auf den Prüfstand gestellt zu werden. Das wiederum ist gefährlich, denn die Geschlechterverhältnisse in Deutschland sind mitnichten egalitär und sie bewegen sich nur im Trippelschritt vorwärts.

Verändert hat sich nur die öffentliche Rede über Männer und Frauen. Eine Gesellschaft, die sich selbst auf der "Höhe der Zeit" wähnen möchte, braucht emanzipierte Männer. Notfalls erfindet sie sie sich.

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8 Kommentare

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  • CJ
    Carl Jung

    Wenn wir mal davon ausgehen, dass ein Junge in den ersten und damit entscheidenden Lebebnsjahren fast ausschließlich von Frauen umgeben ist, dann frage ich mich, woher die aus diesen Jungen wachsenden Männer ihr "reaktionäres Rollenverständnis" haben.

     

    Kann es am reaktionären Rollenverständnis von Frauen liegen?

     

    Welche Rolle messen Frauen bei der Partnerwahl dem Aspekt "beruflicher Erfolg" bei?

     

    Geld oder Charakter, was zählt in unserer Gesellschaft?

     

    Frauen haben genau die Männer, für die ihre weiblichen Vorfahren die Präferenz hatten.

     

    Das nennt man Evolution.

     

    Carl Jung

  • WW
    Willie Wildgrube

    Bei aller berechtigten Kritik im Artikel habe ich welche am Artikel. Mir geht es um die Verwendung genau solcher Stereotype, die im Text beanstandet werden:

     

    Wieso wird Gewaltbereitschaft gleichgesetzt mit der (selbstredend haarsträubenden) "Idee, die weiße 'Rasse' sei anderen 'Rassen' überlegen"? Das hat in wahrscheinlich vielen Einzelfällen, aber nicht grundsätzlich miteinander zu tun. Und wie sieht dieser Wert denn bei den Frauen aus? Sicher nicht wesentlich anders. So viel zur impliziert höheren Gewaltbereitschaft von Männern.

     

    Eine ähnliche Konnotation finde ich bei "Wohingegen weiblich mit 'gefühlvoll, erotisch, gesellig' assoziiert wird." Woraus folgert denn die Plattitüde, dass "die weibliche Frau ... den Dialog" sucht und "sich also an(passt)"? Etwa aus "gesellig" oder gar aus "erotisch" oder haben da die eigenen Wertvorstellungen die größere Rolle als der Text der Studie gespielt?

     

    Naja, ich kenne den Text der Studie nicht. Vielleicht irre ich ja. Aber irgendwie scheint mir das unwahrscheinlich, während mir in den aktuellen Schlagzeilen auf derselben Seite "Redakteure werden pro Leser bezahlt: Die schwedischen Klickhuren" entgegenblinzelt. Wenn das mal nicht ein ganz klares Rollenbild der taz widerspiegelt...

  • R
    Roger

    Die Beispiele sind super-lustig! vielen Dank!

  • D
    david

    Reicht es uns denn dass Professoren und Politiker rufen alles sei gut?

     

    Mir nicht!

    Nieder mit dem Geschlechterdenken!

     

    Danke also für den kritischen Teil im Artikel! :-)

  • K
    kric (Mann)

    Es hat sich halt eben noch garnicht so viel bewegt im Geschlechterverhältnis, wie es immer medial vermittelt wird. Nur weil seit 30 Jahren Emanzipation Thema in den Medien ist, hat sie sich noch längst nicht durchgesetzt. Demgegenüber gibt es eine starke reaktionäre Strömung weltweit.

    Was gibt es für Rollenvorbilder und Ideale für Männer, die nicht beruflich erfolgreich sind, keine Karriere anstreben, nicht viel Geld haben und nicht gewalttätig sind? Männer, die nicht scharf sind auf teure Autos sondern glücklich sind darüber, Zeit mit ihren Kindern zu haben. Und zwar mehr als nur lächerliche 2 Monate aufgrund des durch und durch asozialen Elterngelds.

    Wer nichts (materielles)erreichen will und nichts haben will ist auch keine Zielgruppe und kommt deshalb nicht vor. Omnipräsent sind die gierigen, strebsamen Konsumsklaven.

    Und zwar unter Männern und Frauen gleichermassen.

  • ID
    ICh. Dittler

    Ja geht's noch? Zitat: "Wäre es nicht effektiver, den Männern, die ihre Männlichkeit weiterhin durch Aggression gegen Frauen und Schwule absichern, deutlich spürbarer die Anerkennung zu entziehen?"

    Es ist wohl für die eine oder andere emanzipierte Frau mal an der Zeit, Ihre Männerklischees zu überprüfen.... da ist die taz leider auch keine Ausnahme...

  • L
    L.Wachendorf

    Diese ganze Untersuchungen sind offenbar nur dazu da bestimmte Klischees zu untermauern, die ständig von fast allen Medien, aber auch von Politik, Justiz Und Kirchen verbreitet werden.

    Ich frage mich höchstens noch, welchem Interesse das Ganze dient,dass es einfach nur dumm ist, weiß ich aus persönlichem Erfahren und eigenem Erleben.

    Ich selbst bin auf eine jüdische Schule gegangen und fühlte mich dort wohl. Und ich habe oft mit Schwulen zusammengewohnt und wir kamen stets gut miteinander klar. Über Jahre hinweg war ich Hausmann und dann alleinerziehender Vater und ich hab den Job gerne gemacht.

    Denoch finde ich Zionismus und viele jüdische Gemeinden sehr problematisch und ich mag weder den CSD noch das heute allzu oft praktizierte Protegieren der Homosexualität als quasinormale Lebensform. Und dafür das ich Vorreiter im "emanzipierten" Rollenverhalten war, bin ich noch von keiner öffentlichen Instanz (JA,Justiz, Behörden a.A.) je gelobt, sondern eher sanktioniert worden. Heute ist mir klar, daß die Emanzipation der Menschen der Emanzipation von Frauen vorgeht Und daß wir auch nicht gegen unsere Biologie handeln können.

    Vergleichbare Entwicklungen in meinem Umfeld sind ebenfalls Beweis für ein rein manipulative Funktion solcher " Untersuchungen " .

    Es bleibt die Frage warum dies gemacht und verbreitet wird. Es ist unnütz.

  • T
    Tanja

    Supertext, Ines, wirklich-

     

     

    lieben Gruß!

     

    Tanja