Studie von "Vier Pfoten": Formaldehyd in Pelzkleidung gefunden

Ein Labor untersicht im Auftrag von Tierschützern Schals und Pelzkrägen nach schädlichen Chemikalien – und wird fündig. Vor allem Formaldehyd wurde entdeckt.

Auch Pelze sind mit vielen Chemikalien versetzt. Bild: *Francesca* / photocase.com

BERLIN taz | Viele Kleidungsstücke aus Pelz sind mit Schadstoffen belastet. Das hat eine Untersuchung des Bremer Umweltinstituts von 15 Pelzartikeln im Auftrag der Tierschutzorganisation "Vier Pfoten" ergeben. Demnach wiesen die Chemiker zum Beispiel krebs- und allergieauslösendes Formaldehyd nach.

Bei ihrer Bewertung legte die Studie die besonders strengen Grenzwerte für Spielzeugtextilien zugrunde. Diese seien in den Pelzen von Nerz, Marderhund und Fuchs mehrfach überschritten worden. In Schals, Ohrwärmern und Pelzkrägen fanden sich Rückstände beispielsweise des hormonell wirksamen Nonylphenolethoxylat (NPEO) und krebserregender Weichmacher.

Am stärksten betroffen war laut Studie die Kapuze einer Kinderjacke des österreichischen Unternehmens Airfield. Sie habe 450 Milligramm Formaldehyd pro Kilogramm enthalten. "Der EU-Grenzwert für Spielzeugtextilien wurde um das 15fache überschritten", erklärte Vier Pfoten. In dieser in Hamburg gekauften Jacke hätten die Chemiker außerdem nahezu 3 Gramm NPEO gefunden.

"Das stark belastete Kleidungsstück hätte nicht einmal als Chemieprodukt verkauft werden dürfen." Vier Pfoten erstattete Anzeige beim Bundesamt für Verbraucherschutz und forderte die EU-Behörden auf, eine Produktwarnung herauszugeben. Airfield war am Sonntag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Formaldehyd könne bei empfindlichen Menschen schon in sehr geringer Konzentration von etwa 100 Milligramm pro Kilo zu Hautreizungen oder Rötungen führen, aber auch Asthma und chronische Bronchitis begünstigen, sagte Hermann Kruse vom Institut für Toxikologie und Pharmakologie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein.

Besonders im direkten Kontakt mit der Haut sieht Kruse ein Gesundheitsrisiko. Die gefundenen Mengen seien aber nicht schwer krankheitserregend, ergänzte der Experte. Formaldehyd komme aber auch in anderen Produkten vor, zum Beispiel in knitterfreien Hemden. Dadurch könnte die Summe der Giftstoffe bedenklich hoch steigen, befürchtet Kruse.

Dennoch ist der Formaldehydgehalt bei Pelzen gesetzlich kaum geregelt. Enthält ein Kleidungsstück über 1.500 Milligramm Formaldehyd pro Kilogramm, muss es lediglich mit einer Empfehlung gekennzeichnet werden, die Ware vor dem ersten Tragen zu waschen.

Studienautor Krautter hält das für nicht ausreichend, weshalb er den europäischen Grenzwert für textiles Kinderspielzeug herangezogen hat, der bei 30 Milligramm pro Kilo liege. "Gerade bei der Kapuze einer Kinderjacke, die über Stunden ums Gesicht getragen wird, orientiere ich mich lieber am niedrigeren Wert", sagte Krautter.

"Der Bericht zeigt, dass Pelzmode nicht nur mit Tierquälerei verbunden ist, sondern auch für Menschen gefährlich werden kann", erklärte Thomas Pietsch, Wildtierexperte bei Vier Pfoten. Die Organisation verlangte von der Bundesregierung und der EU, verbindliche gesetzliche Grenzwerte für Pelzartikel zu erlassen.

Gegen allgemeine Richtlinien wehrt sich Susanne Kolg, Geschäftsführerin des Deutschen Pelzinstituts. Den "Ausrutscher" bei der Kinderjacke könne man der Pelzbranche nicht vorwerfen, sagte die Lobbyistin.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.