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Studie übers Weinen"Ein Indianer kennt keinen Schmerz"

Allerheiligen, Volkstrauertag – bald darf wieder ordentlich geweint werden. Aber nicht von jedem/r gleich viel. Laut einer aktuellen Studie und der eigenen, traurigen Erfahrung.

Zur Not helfen Plagiate. Bild: photocase

Es ist nicht schön, wenn man als 14-jähriger Junge eine Brille verschrieben bekommt - Brilletragen ist aus herkömmlicher Sicht unmännlich. Noch unmännlicher ist nur, anlässlich der Verschreibung einer Sehhilfe in Tränen der Verzweiflung auszubrechen, was den ausnahmsweise beim Arztbesuch begleitenden Vater damals zu der harschen, eigentlich ängstlichen und von Überforderung getriebenen Ansage "Hör sofort auf zu weinen" trieb.

Mütter machen das nicht so grob. Sie erziehen indirekt mit den Mitteln der Belobigung und Anerkennung: "Du bist ja jetzt schon ein großer Junge und tapfer." Akklamation statt Ansage.

Und nein, ein Indianer kennt keinen Schmerz. Irgendwann, im Laufe der Pubertät, kommen einem dann die Tränen abhanden. Jahre später wundert man sich dann nicht mehr, wenn in aktuellen Studien, etwa von "Augenärzten der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft in München", vermeldet wird, dass Frauen viermal so oft weinen wie Männer. Und dann auch erstaunt darüber sind, dass Jungen und Mädchen bis zum 13. Lebensjahr ungefähr gleich viel weinen. Der Augenarzt seinerzeit machte jedenfalls keinen besonders tröstenden Eindruck.

Tausend Tränen

Das Gemisch: Tränen setzen sich aus Wasser, Elektrolyten und etwa achtzig verschiedenen Proteinen zusammen. Produziert wird das Gemisch von Tränendrüsen in den beiden oberen Augenhöhlen.

Die drei Tränentypen: Basale Tränen weinen wir ständig, um unsere Hornhaut mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. Reflektorische Tränen nur als Reaktion auf äußere Reize: wenn es kalt wird, wir uns am Auge verletzen oder beim Zwiebelschneiden. Diese Tränen vergießen auch Tiere - emotionale Tränen hingegen ausschließlich Menschen.

Die Theorien: Über den Grund für das emotionale Weinen gibt es sieben verschiedene Theorien: Prominenteste ist der "Katharsis-Effekt" von Freud. Er glaubte an eine psychische Reinigung durch Tränen, daher der Name Katharsis, griechisch für Reinigung. Aktuelle Studien aber zeigen, dass sich Menschen nach dem Weinen nicht unbedingt besser fühlen. Die neueste Theorie: Weinen sei ein rein kommunikatives Mittel, gedacht zum Rekrutieren von Hilfe,Trost oder um aggressive Gesprächspartner auszubremsen. Dagegen spricht, dass wir statistisch am meisten alleine weinen. So bleibt der biologische Grund für all die Tränen weiter im Dunkeln.

Als Mann lernt man, die Tränenkanäle mit Schleusen zu versehen, die allenfalls kontrolliert geöffnet werden dürfen, wenn die eigene Mutter beerdigt wird oder man mit einem großen Zapfenstreich der Bundeswehr aus einem Amt entlassen wird, bei dem man viel Stress hatte.

Das Sozialprestige Mann ist ein zerbrechliches Gut. Es muss jeden Tag aufs Neue untermauert werden, da es jederzeit verlustig gehen kann - Mann oder Memme. Ein steter Tränenfluss würde es unterspülen. Hat man es verloren, zum Beispiel nach einem Coming-out als Homosexueller ("Memme", "Schwesterwelle"), kann man sich das Weinen im Prinzip wieder aneignen, ganz unverschämt im eigentlichen Sinne des Wortes. Der Verlust des Sozialprestiges kann so zu einer Entlastung im Sinne des "kathartischen Weinens" werden. Emotionen müssen nicht mehr zwingend mit Zigaretten oder (Auto-)Aggressionen gedeckelt werden.

Doch in einem Punkt kommt man auch so nicht weiter, gleich ob homo oder hetero: Man erreicht nichts mit Tränen. Wenn Babys weinen, bekommen sie etwas zu essen. Und wenn Frauen viermal häufiger weinen als Männer, dazu auch noch laut Münchner Studie "länger, dramatischer und herzzerreißender", dann auch, weil es ihnen etwas nützt. Sie signalisieren "Überforderung" oder dass sie "Probleme haben, einen Konflikt zu lösen" - und erhalten dann ja meist auch Hilfe.

Würde man als Mann versuchen, Tränen einzusetzen, um sich durchzusetzen, dann wäre das gesellschaftlich zum Scheitern verurteilt: Die Empfänger der nassen Botschaft wären überfordert, gleich ob Mann oder Frau. Eine Möglichkeit, Männer und Frauen auf gleiche Tränenfüllhöhe zu bekommen, wäre also, Männern zu erlauben, sich mit Hilfe eines kraftvollen Drucks auf die Tränendrüse durchzusetzen. Die andere, Frauen diese Taktik zu untersagen - in letzterem Fall bliebe dann das Männern und Frauen gemeinsame Reservoir jener Tränen, die man einsam für sich selbst weint. Im stillen Kämmerlein.

Akklamation statt strenger Ansage: "Du bist ja jetzt schon ein ganz großer Junge und tapfer"

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12 Kommentare

 / 
  • DB
    Dipl. biol. Dagmar Neubronner

    Das Weinen aus Schmerz, beim Zwiebelschneiden oder als taktische Waffe ist nicht sonderlich interessant. Aber die Forschung weiß Wichtiges zur Funktion dieses befreienden Sich-Ausweinens, nach dem wir uns "leergeweint", aber irgendwie besser fühlen: Das tun wir nämlich, wenn wir etwas Schmerzliches akzeptiert haben (von "Kein Keks mehr" bis "Oma ist tot"). Der Körper schaltet dabei von Kampf auf Akzeptanz um, und all die "Kampf-Botenstoffe" werden über die Tränen ausgeschieden. Dieses Weinen ist extrem wichtig für Reifeentwicklung, und es ist fatal, wenn Jungs damit aufhören. Kein Zufall, dass alle schweren Verhaltensstörungen "Dry-Eyes"-Syndrome sind. Mehr darüber z.B. bei Gordon Neufeld "Unsere Kinder brauchen uns!"

  • F
    fix

    eben habe ich mit meinen 5 Mitbewohnern (2 Männer 3 Frauen) eine Doku über den Mauerfall angeschaut. Und wir sind ALLE in Tränen ausgebrochen :)

  • S
    Skeptiker

    männliche Menschen brauchen nicht weinen, die setzen sich sowieso von kleinauf besser durch - nicht nur *Stimm_gewaltig*!*

  • A
    alcibiades

    @schulz: Sei froh, dass Du aus Berlin weg bist. Grade noch mal so geschafft, was? Und der Stadt auch keine Träne nachgeweint, gell?

  • V
    vic

    Manchmal weine ich bei guten emotionalen Filmszenen, manchmal sogar beim lesen von Büchern. Und zwar immer alleine.

    Nebenbei, ich bin "ein großer Junge".

    Eigentlich.

  • L
    lutzindasky

    Also ich bin ein Mann und ich weine immer mal wieder. Ich finde es sehr befreiend. Letztens habe ich regelrecht geflennt, als ich mir den Film "Ghandi" (oder Gandhi? fukk!) angeschaut habe. Dieser Pathos hat mich einfach fertig gemacht. Allerdings war ich durch das Sorgenkind auch etwas derangiert. Aber es war schön. Den Film hatte ich vorher schon gesehen und er hat mich nie so berührt wie in dem Zustand. Aufgrund dieser Erfahrung muss ich sagen, dass weinen, heulen, flennen eine feine Sache sein kann. Man lässt los und ist im Flow. Man ist bei sich selbst, ohne die Kapsel, die man um sich hat (Eleanor Rigby). Man(n) muss es einfach zulassen. Vielleicht versteht man(n) dann auch die Frauen besser ;) Keine Ahnung, ob das zutrifft. Aber was ich weiß, ist, dass männliches Flennen (sic) ne gute Sache ist, Machismo zu relativieren. Egal wozu das Weinen evolutionär entwicklungsbedürftig war und ist. Kommunikation scheint mir sinnvoll, weil es dem Gegenüber den eigenen Gemütszustand offenbart. Für den Menschen allein bringt es vielleicht eine physische Erfahrung des Abflusses von Leid. Körperlichkeit und so. Weinen zu können ist wahrscheinlich eine gute Sache für die Psyche, wurde ja auch schon gepostet, die Vewrmutung. Im freudschen Sinne von Triebabfuhr. Heulsusen aller Länder, vereinigt euch!!

  • E
    esel

    'Pandora' (unten) scheint einen anderen artikel gelesen zu haben.

  • T
    Tara

    das Argument, dass es Menschen gibt, die sich nach dem Weinen schlecht fühlen und somit Weinen nur der Kommunikation dient kann ich nicht teilen. Sie fühlen sich schlecht, weil sie einem Anspruch (ihrem eigenen od. einem anderen aüßeren) nicht entsprechen, vermute ich.

    Bei einem heilen Menschen ist situationsbedingtes Weinen ganz natürlich, bei einem unheilen/kranken Menschen und das denke ich trifft auf den Großteil der Menschheit zu, ist das auch ganz natürlich, nur schämt sich dieser, zu weinen/krank zu sein/Schwäche zu zeigen.

  • T
    tara

    Mal so richtig weinen kann sehr befreiend sein. Nach dem Weinen ist die Last, Furcht, Angst, was auch immer, wie nach einem reinigenden Gewitter, wie weggespühlt. Ich komm zur Ruhe, kann zb. gut schlafen od. fühl mich wieder stark und voller neuer Kraft.

    Ich möchte die Möglichkeit weinen zu können, nicht missen.

  • D
    DerDer

    Naja aus meinen Beobachtung heraus würde ich eher sagen, dass du bei Müttern so abläuft:

    Kind: "Heul, heul"

    Mutter: "Hör auf zu weinen die Leute gucken schon" "Ist dir das nicht peinlich, du bist doch ein grosser Junge"

    Dieser "grosser Junge" Quatsch reicht bei weitem nicht. Es wird dem Kind auch noch eingeredet, dass die Gesellschaft sowas nicht ok findet und man sich dafür schämen muss.

  • P
    Pandora

    Der Artikel unterstellt, daß sich der Tränenfluß jederzeit steuern läßt. Männer können wieder lernen zu weinen und Frauen haben es sowieso drauf. Nämlich zu weinen wenn es Ihnen nutzt.

    Das führt dazu, daß man weinenden Frauen allgmein unertstellt, daß sich Hilfe mit unlauteren Mitteln erschleichen wollen. Und das wiedrum führt zur Absprechung jeglicher Kompentenz und lediglich zum Wunsch diese Heulsuse loszuwerden. Welche Frau sollte sich das wünschen?

    Ein Artikel vom Schlage Altherrenwitz!

  • S
    Schulz

    Habt Ihr einen Vogel?

    Seit ich aus Berlin weg bin,

    schreibt Ihr fast nur noch Mist

    oder Nebensaechliches, unzutreffendes

    in dieser Mischung.

     

    Traenen bringen ein wenig Schmerzlinderung

    durch Veraenderung des biochemischen Gleichgewichtes, allerdings ist es eine Faehigkeit,

    die durch zu viel Militaerdenken zerstoert wird.

     

    Ansonsten haben Deutsche oder aehnliche Menschen nur einmal im Jahr die Moeglichkeit Heilige zu werden, zu sein:

    Allerheiligen stellt alle Menschen auf die gleiche Stufe.

     

    Volkstrauer wozu wofuer wogegen warum ?

     

    Es ist jahreszeitlich unabhaengig.

     

    Maenner, die nicht weinen,

    sollte man / frau nicht akzeptieren muessen.

    Frauen genauso.

     

    Kinder ebenfalls.