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Studie über sparsame DeutscheKlimaschutz? Bitte kostenlos!

Nur 4 Prozent der Deutschen sind laut einer Studie bereit, für ein Öko-Produkt mehr zu zahlen. Spanier, Franzosen und US-Bürger sind großzügiger.

Mehr Geld für ein Produkt mit CO2-Label? Nicht in Deutschland. Bild: dpa

Die meisten Deutschen halten Klimaschutz für eine wichtige Aufgabe - aber mehr bezahlen oder auf irgendetwas verzichten wollen sie nicht. Das ist das Ergebnis einer Studie, die die Initiative "2 Grad - Deutsche Unternehmer für Klimaschutz" jetzt vorgestellt hat.

Nur 4,2 Prozent der Befragten sind demnach bereit, mehr Geld für ein Produkt mit CO2-Label auszugeben. In Spanien haben auf diese Frage 6,3 Prozent mit ja geantwortet, in Frankreich zwölf Prozent und in Großbritannien und den USA sogar rund 20 Prozent. Hintergrund für diesen Trend sei das "ausgeprägte Anspruchsdenken" der Deutschen, sagt Uwe Franke, Vorstandsvorsitzender der Deutschen BP AG. Der Verbraucher sei der Meinung, er habe ein Recht auf möglichst umweltfreundliche Produkte und sehe nicht, warum er mehr dafür bezahlen solle. Thomas Pleines, Vorstandsvorsitzender der Allianz Versicherungs-AG sieht kulturelle und historische Gründe. So sei die Steuerquote in Deutschland im Vergleich zu Ländern wie den USA vergleichsweise hoch, was die Ansprüche gegenüber dem Staat ebenfalls erhöhe. Verbraucher verlangten von ihm, das Notwendige zu tun. Positiv sei allerdings, dass die Bürger grundsätzlich mitmachen würden, wenn ihnen weder finanzielle noch andere Nachteile entstünden. Sie seien auch dabei, wenn ihnen zusätzlicher Nutzen winke, etwa ein geringerer Energieverbrauch. "Wir müssen ihnen eben Produkte anbieten, die genau das erfüllen." Doch das dürfte schwierig werden.

Bislang sind die Produkte, die mit einer Klimaschutzkomponente, kaum ohne Geld zu haben haben. So bietet zum Beispiel die Deutsche BP den Kunden ihrer Tochter Aral an, über Kompensationsprojekte die mit dem Auto gefahrenen Kilometer CO2-neutral zu machen. Einen durchschnittlichen Autofahrer kostet das 30 Euro im Jahr, die dann in Windparks in Indien oderAbsauganlagen für Biogas in brasilianischen Schweineställen gesteckt werden. Der Erfolg? 800 Autos wurden beim seit letzten Mai laufenden Projekt angemeldet, 720 davon sind BP-Dienstwagen. Ähnliche Erfahrungen machte die Allianz mit ihrem Angebot "Ecomotion". Wer sein Auto bei dem Konzern versichert, kann CO2-Minderungszertifikate kaufen, das Geld fließt auch in Klimaschutzprojekte. Von rund ein ner Million Kunden, die eine neue KFZ-Hafttpflicht abgeschlossen haben, zahlten 265 in das gemeinsam mit der Umweltschutzorganisation WWF entwickelte Projekt ein. Bei der Hälfte davon ging es um den Allianz-eigenen Fahrzeugpark.

Aufgeben wollen beide Unternehmen ihre Angebote nicht. Ihre Erkenntnis aber: Der Klimaschutz habe dort eine kaufentscheidende Wirkung, wo vertraute und einfache Kennzeichen zum Einsatz kämen, wie Energieeffizienzklassen bei den Kühlschränken oder das Umweltzeichen Blauer Engel, dem vor allen die Generation "50+" ihr Vertrauen schenke. Daher müssten diese Label weiterentwickelt werden.

Zudem setzt BP-Chef Franke auf die Verbesserung des Emissionshandels. Wenn CO2 weltweit einen Preis bekäme und damit in Kalkulationen einflösse, würden klimaschädliche Produkte teurer und unattraktiver. Dass dies irgendwann auch seine eigene Branche treffen wird, löst bei ihm keine Begeisterung aus. "Aber ich befürchte, wir werden darum nicht herumkommen."

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15 Kommentare

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  • M
    Mario

    Die Verbraucher werden es an Ende ohnehin bezahlen müssen. Wenn die Industrie und die Verbraucher nicht freiwillig ihren CO2-Abdruck verringern oder bei Initiativen wie www.co2aktion.com mitmachen, dann werden die Klimaziele insb. vor dem Hintergrund des Atomausstiegs nicht erreicht werden. Ergo: Die Politik wird den Klimaschutz erzwingen müssen, mit Steuern, Abgaben und anderen Zwängen, um die Ziele, auf die man sich bereits international verpflichtet hat. Ich persönlich würde mich da lieber freiwillig engangieren.

  • A
    Anne

    @ Doktor Kolossos: Obwohl ich einigen Argumenten zustimme, trotzdem ist eine umweltbewusstere Herstellung und Vermarktung heutzutage - auch ohne böse Absichten eines Unternehmens - fast immer teurer. Natürlich könnte das Unternehmen um den entsprechenden Wert die Gewinnspanne senken, aber das zu erwarten, wäre natürlich absurd. Daher ist bei gleicher Gewinnspanne auch für die Konsumierenden ein 'Ökoprodukt' auch dann heute meist teurer, als ein anderes. Ob freilich um so viel wie wirklich die Herstellung etc. teurer war, ist eine andere Frage. Aber z.B. ein Hemd aus deutscher Wolle, mit Knöpfen aus deutschem Holz, komplett in Deutschland hergestellt, und zwar vom Schafehüten etc. bis zur Endfertigung in Deutschland hergestellt (um Transport-Emissionen, Ressourcen /Energie etc. zu sparen), unter geltenden Arbeitsrechtsbestimmungen, kostet sicher mindestens 200 Euro, sogar ohne große Löhne/Gewinne aller bei Herstellung & Vertrieb beteiligten Personen - nur als Beispiel. Für andere Kleidungsstücke (z.B. Schuhe u.s.w.) oder Lebensmittel gilt im Prinzip Ähnliches.

  • J
    Jengre

    Super. Gestopfte Vorstände im Auftrag renditegeiler Aktionäre erklären, daß die Unternehmen natürlich nur dann einen Beitrag leisten, wenn allein die VerbraucherInnen die Kosten tragen. Der Autor hat in seinem eigenen Kommentar zum Artikel schon Recht; Marketing der Unternehmen ist hier gefragt: Aber nicht nur, um teurere klimafreundliche Produkte "sexy" zu machen, sonder eher, um VerbraucherInnen darauf hinzuweisen, wenn ein Unternehmen klimafreundliche Produkte anbietet, und das vielleicht noch ohne Aufschlag: So sichert man sich nämlich Marktanteile und insgesamt mehr Umsatz und Rendite. Man muß schon Vorstand sein, um das zu übersehen.

  • JS
    Jan Saffe

    Die beste Klimaschutzmöglichkeit ist: hier nicht Autofahren, hier nicht Fliegen hier keinen Kohlestrom kaufen oder Lebensmittel, die von weit her anreisen und unter schädlichen Umständen produziert wurden.Hier das verhalten ändern ist das Wichtigste. All diese vermeintlichen Neutralisierungsangebote halte ich für Ablasshandel mit dem unser Gewissen beruhigt werden soll und wir -ganz im Sinne der Automobilwirtschaft- weiter machen wie bisher.

     

    Beste grüße

    Jan Saffe

  • K
    Klimafreundin

    Bevor ich BP oder der Allianz zusätzliches Geld in den Rachen werfe, spende ich es lieber direkt an den WWF oder andere Organisationen. Den großen Firmen, die auch sonst mit Klimaschutz nichts am Hut haben, würde ich bei solchen Aktionen nicht vertrauen. Das sind billige Image- und Marketingmaßnahmen, die ich als Verbraucherin nicht unterstützen will.

  • F
    Felix

    Ich denke nicht das die Bereitschaft CO2 Kompensationsprodukte zu kaufen was über die Einstellung des Konsumenten gegenüber Klimaschutz aussagt, da macht man es sich wesentlich zu einfach. Die Produkte die im Artikel beschrieben sind, sind nicht an sich umweltfreundlich, sondern man kauft sich frei, indem man einem entsprechenden Projekt spendet. Und wer ist schon bereit sich an eine bestimmte Tankstelle zu binden nur um das zu tun, da kann man das gelt auch einfach direkt spenden. Auch die Einstellung von Spaniern und US-Bürgern gegenüber solchen Produkten kann ich mir nur sehr schwer erklären, vor allen Dingen bei den hohen Anteil an SUVs in den USA mit entsprechendem Benzin-Verbrauch wäre so ein Angebot bestimmt kein Renner...

  • HG
    Heute gratis!

    Das passt leider auch zur Diskrepanz zwischen Wollen und Machen beim Stromverbrauch: Hierzulande findet so ziemlich jeder die Erneuerbaren prima. Doch nur etwa vier Prozent entscheiden sich im eigenen Haushalt für "Ökostrom". Und Strom von reinen Regenerativbetreibern bezieht noch nicht einmal jeder Hundertste - dabei kostet selbst dieser Strom nur ein paar Euro mehr im Monat.

    Wir sollten also nicht allzu überrascht sein falls unsere Kinder und Enkel eines Tages keine Lust mehr haben, ihrer knauserigen Elterngeneration die Rente aufzubessern.

  • S
    Sonntag

    Tja, wenn die Allianz und die BP für diese Produkte auch werben würde, dann würden vielleicht auch andere Leute als nur Mitarbeiter sich dafür interessieren.

     

    Mal ganz davon abgesehen, dass der deutsche Verbraucher sicherlich auch ziemlich misstrauisch ist. Zu oft wurde mit dem Etikett "Umweltfreundlich" nichts weiter als Reichbach gemacht.

  • DK
    Doktor Kolossos

    Die Einstellung der Konzerne, der Endverbraucher müsse die Kosten der Umweltverantwortlichkeit tragen, ist gelinde gesagt dummdreist.

    Seit wann ist denn der Endverbraucher der Hauptverursacher von Kohlendioxidemissionen?

    Die (konzerngestützte) Scharade um die Klimaverantwortbarkeit ist nur dazu da, dem (wohlhabenden) Verbraucher ein schlechtes Gewissen einzureden, welches man dann gewinnbringend ausnutzen kann.

    Der Konsument soll dem Konzern (also dem Verursacher des Übels) über erhöhte Preise direkt Geld überantworten und darauf vertrauen, dass damit kein Schindluder zur Gewinnmaximierung getrieben wird? Die Schizophrenie hat neue Grenzen erreicht!

    Wenn wir Verbraucher einem Bekleidungsunternehmen Geld schenken, damit es CO2 spart, wird es dann wirklich aus China wieder nach Hause kommen, und so CO2 vom Schiffsdiesel sparen? Oder wird es eher irgendwelche pro-forma-Maßnahmen ergreifen und im Großen und Ganzen das Problem unberührt lassen?

     

    Selbstverständlich darf man vom Einkäufer nicht erwarten, dass er mehr Geld für "Öko"-Produkte ausgibt. Es muss darum gehen, wer bei normalen Preisen ökologischer produziert.

    Die Logik, die uns da einzureden versucht wird ist so hirnrissig, dass Jeder, der dran glaubt, selbst schuld ist.

    Ein gutes Öko-Gewissen kann man sich nicht mit Geld erkaufen, man muss wohl oder übel das Hirn einschalten. Und Gemüse der Saison einkaufen, zum Beispiel. Das hilft und kostet nicht mehr.

  • L
    Lars

    Wenn es um diese Ablass-Handel-artigen CO2-Ausgleiche geht, finde ich es total beruhigend, dass nur 4 Prozent darauf reinfallen. Klimafreundlich ist es die Entstehung zu vermeiden (z.b. weniger/kein Auto zufahren, nicht zu fliegen). Kein Geld der Welt kann den Schaden von erfolgten Emissionen wiedergutmachen.

  • WS
    Walther Schmidt

    Wenn gerade die Amerikaner so besonders bereit sein sollen für den Klimaschutz Geld auszugeben, muss folgende Anmerkung erlaubt sein: Vielleicht sind die Deutschen auch einfach nur etwas ehrlicher. Fehlinterpretierte Statistiken gibt es genug.

  • A
    archimedes

    Dass Dummheit oder Egoismus oder beides in Deutschland weit verbreitet sind, war mir ja schon klar, aber dass es so schlimm ist, ist dann doch irgendwie schockierend.

     

    Verstehen könnte ich allerdings wenn jmd. zögern würde, im Bereich von Nahrungsmitteln Bioprodukte zu kaufen, weil dort der Ökosektor derart von abergläubischen "Bewegungen" durchwachsen ist, dass man mit dem Kauf leider gleichzeitig solche Tendenzen unterstützt, die langfristig eher die Menschheit ins Hexenverfolgungszeitalter zurückführen (das, von den Nazis mal abgesehen, die es eigtl. ja auch widereingeführt haben, in Europa bekanntlic bis ins Ende des 18 Jh. gereicht hat - und in der Medizin ist haaresträubender Aberglaube manchmal als Pseudowissenschaft in "Naturheilkunde" mit-verpackt). Aber leider dürfte Rationalitätsliebe nicht gerade zu den Hauptgründen der Anti-Öko-Haltung gehören, obwohl manche "Ökos" sicher den Ruf von umweltbewusster Lebensweise zu ruinieren kräftig beitragen.

  • AR
    A.S. Reyntjes

    Da sind Franzmen, Spanish-Machos und US-Boys großzügiger.

     

    Nur die Deutschen - sie sind schwatzzüngig!

  • Y
    Yadgar

    Umweltschutz in den persönlichen Lebensstil zu integrieren ist bei Licht betrachtet nicht wirklich eine Frage des Geldbeutels - ein guter Teil der ruinösen CO2-Bilanz des Durchschnitts-Mittelschichtlers kommt durch lieb gewordene Konsumgewohnheiten zustande, auf die zu verzichten mehr als genug materielle Mittel für Öko-Produkte freisetzen würde: niemand muss mit dem Flugzeug in den Urlaub reisen, und wer in einer Großstadt lebt und arbeitet, braucht in der Regel auch kein (eigenes) Auto. Gewöhnt man sich dann auch noch das tägliche Stück Fleisch auf dem Teller ab (was erwiesenermaßen auch noch einen Gesundheitsvorteil bringt!), sollten die höheren Preise für CO2-arm produzierte Waren kein Problem mehr sein...

  • O
    Oiskin1969

    tja, traurig...aber leider ist es so das man sich klimaschutz und teure öko-produkte auch ersteinmal leisten können muss....