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Studentenführer in China verhaftet

■ Nr.1 der Liste der Gejagten in Peking festgenommen / Exilchinesen wollen in Paris „Demokratische Front“ organisieren / Chinesische Führung will Propaganda nach innen verstärken / Presse vor scharfer Gängelung

Peking (afp/dpa) - Einer der Führer der chinesischen Studentenproteste, der 24jährige Student Wang Dan, ist vor einigen Tagen von der chinesischen Polizei verhaftet worden. Das bestätigten Funktionäre der Kommunistischen Partei an der Beida Universität in Peking am Donnerstag. Auch in der Provinz Henan wurden acht Personen verhaftet, die „Unruhe gestiftet“ haben sollen. In Paris haben chinesische Dissidenten offiziell vorgeschlagen, eine „Demokratische Chinesische Front“ zu bilden. Die Führung Chinas will dagegen die Propagandaarbeit der Partei in allen Gesellschaftsbereichen verstärken.

Die chinesische Regierung wollte zu Berichten über die Festnahme von Wang Dan keine Stellungnahme abgeben. Ein hoher Parteifunktionär sagte nach zuverlässigen Angaben öffentlich: „Ich kann ihnen versichern, daß Wang Dan in den vergangenen Tagen festgenommen wurde.“ Der Name des Studenten der Geschichtswissenschaft stand an der Spitze der Liste von 21 Studenten, nach denen die chinesische Polizei fahndet. Wang Dan, der als Stratege der Protestbewegung galt, ist der achte Student dieser Liste, den die chinesische Polizei faßte. Sollte Wang Dan jemals vor Gericht gestellt werden, wird die Anklage „Schüren einer konterrevolutionären Rebellion“ heißen, verlautete von chinesischen Justizbehörden, was mit dem Tode bestraft werden kann. Auch gibt es Befürchtungen, daß Wang Dan heimlich exekutiert werden könnte.

In Paris erklärten Regimekritiker, darunter die Wortführer der Demokratiebewegung Yan Jiaqi, Wuher Kaxi und Liu Binyan, im Namen einer „vorbereitenden Gruppe“, bei einem Kongreß in diesem Jahr solle eine Oppositionsgruppe aus der Taufe gehoben werden. Zugleich erließen sie einen Appell an die chinesische Führung, den Verhaftungen und Hinrichtungen ein Ende zu machen. In Peking erklärte der neue KP-Chef Jiang Zemin durch die „konterrevolutionäre Rebellion“ sei China eine „Lektion“ erteilt worden. Propaganda-Chef Li Ruihuan betonte, das bei der Bevölkerung in vielen Punkten „durcheinandergeratene“ Meinungsbild über gesellschaftliche Zusammenhänge und Ereignisse der Vergangenheit müsse „geordnet“ werden. Besonders wichtig sei dabei die Presse, die sich strikt an die Parteirichtlinien halten müsse. Li Ruihuan forderte, bei allen Medien „bürgerliche Liberalisierungstendenzen“ aufzudecken und zu bekämpfen.

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