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Stromgiganten in der Volkskammer

■ Mauscheleien im Berliner Parlament / Streit um Übernahme der DDR-Stromwirtschaft durch Westkonzerne

Berlin (taz) - Eine schwere Bauchlandung drohte gestern Nachmittag DDR-Umweltminister Karl-Hermann Steinberg (CDU) und den bundesdeutschen Stromkonzernen Preussen Elektra, Rheinisch Westfälische Elektrizitätswerke und Bayernwerke in der Berliner Volkskammer. Der Versuch der Regierung, die gesamte Stromversorgung der DDR im Handstreich an die bundesdeutschen Energieriesen zu übergeben, stieß auch im Regierungslager auf heftige Kritik. SPD und Liberale sprachen sich gegen den Vertragsentwurf aus, den der Abgeordnete Ernst Dörfler (Bündnis 90/Grüne) in der Debatte als „undemokratisch, ungesetzlich und ökologisch unverantwortbar“ bezeichnete hatte. Die Volkskammersitzung wurde unmittelbar vor der Abstimmung über einen gemeinsamen Antrag von Sozialdemokraten, Grünen und Bündnis 90 unterbrochen. Sie verlangten die Überweisung des „Problems der zukünftigen Energieversorgung“ in den Umwelt- und den Wirtschaftsausschuß und sprachen sich gegen eine Unterzeichung des Vertrages zum jetzigen Zeitpunkt aus. Nach der Unterbrechung wurde die Sitzung überraschend mit anderen Tagesordnungspunkten fortgesetzt. Der Sitzungsleiter erklärte, die interfraktionellen Abstimmungen seien „in der Kürze der Zeit“ nicht möglich gewesen. Bei einer geschlossenen Abstimmung der Opposition und der Regierungsparteien SPD und Liberale wären die Übernahmepläne vorerst gescheitert. Ein Ergebnis lag bei Redaktionsschluß noch nicht vor.

Umweltminister Steinberg hatte seine Vorlage mit dem Argument verteidigt, daß eine umweltfreundliche und ökonomisch vertretbare Energiepolitik nur durch das Engagement der Westkonzerne zu sichern sei.

gero

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