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Streit um die Metall-Tarifverträge

■ BRD-Arbeitgeber empört / Lohnpauschalen und Beschäftigungsgarantien jetzt auch für Thüringer Metaller

Berlin (ap) - Nach den Tarifabschlüssen in Ost-Berlin und Brandenburg haben sich auch die Tarifpartner der thüringischen Metall- und Elektroindustrie auf monatliche Pauschalen bis 300 Mark und auf Weiterbeschäftigung bis Ende 1991 geeinigt. Die Arbeitgeber kritisierten die in der Nacht zum Dienstag in Ruhla ausgehandelte Vereinbarung für die rund 300.000 Beschäftigten als „wirtschaftlich nicht vertretbar“. Der bundesdeutsche Arbeitgeberpräsident Klaus Murmann warnte mit Blick auf die schlechte Wirtschaftslage in der DDR vor ruinösen Tarifabschlüssen und daraus resultierender Massenarbeitslosigkeit.

Die Einigung bei den Metallern in Thüringen basiert im wesentlichen auf den Eckpunkten der Tarifabschlüsse in Ost -Berlin und Brandenburg. Erreicht wurde laut IG Metall eine Monatspauschale von 250 Mark, die von Oktober an auf 300 Mark erhöht werden soll, sowie eine Beschäftigungssicherung für strukturgefährdete Arbeitsplätze durch Qualifizierung und Umschulung mit betrieblichem Nettolohnausgleich zum gesetzlichen Kurzarbeitergeld von 22 Prozent. Spätestens bis Oktober soll in Thüringen die 40-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich eingeführt werden. Außerdem setzte die IG Metall ihre Forderung nach 20 Tagen Grundurlaub durch.

Die IG Metall wertete den Abschluß als Garantie dafür, daß die Unfähigkeit der Regierung, den Übergang zur Marktwirtschaft sozial verträglich zu gestalten, nicht im vollen Umfang auf die Arbeitnehmer abgewälzt würden. Den Verhandlungen waren in Thüringen ausgedehnte Arbeitskämpfe vorausgegangen, an denen sich mehrere zehntausend Beschäftigte beteiligt hatten.

Einen Tag vor Beginn der Tarifverhandlungen für die rund 650.000 Beschäftigen im DDR-Einzelhandel im thüringischen Suhl forderte inzwischen auch die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) am Dienstag Einkommensverbesserungen um durchschnittlich 50 Prozent. Schrittweise sollen die Arbeits-und Einkommensbedingungen an das Niveau der BRD herangeführt werden. Ein erster Tarifvertrag in der DDR-Druckindustrie über Lohnerhöhungen, die 40-Stunden-Woche und Rationalisierungsschutz steht gleichfalls kurz vor dem Abschluß.

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