Streit um den Ladenschluss : Symbolische Politik
Noch vor kurzem galt der Ladenschluss beinahe als Symbol für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands. Erst die Liberalisierung der Öffnungszeiten, das Ende der überkommenen Regulierung mache Nordrhein-Westfalen international konkurrenzfähig, verkündeten CDU und FDP noch im Landtagswahlkampf des vergangenen Jahres – schließlich konkurriere das Land zunehmend mit Standorten in den Niederlanden oder Großbritannien. Und Optimisten hofften bereits auf ein Jobwunder: Bis zu 50.000 neue Arbeitsplätze könnten durch das Shopping rund um die Uhr entstehen, tönten gerade Wirtschaftsvertreter zu Beginn der Debatte.
KOMMENTAR VONANDREAS WYPUTTA
Geblieben ist davon fast nichts. Neue Jobs wollen die Arbeitgeber trotz verlängerter Öffnungszeiten nicht schaffen – die Geschäfte laufen zu schlecht, die Umsätze würden ohne Fußball-Weltmeisterschaft und Mehrwertsteuererhöhung einbrechen, klagen sie. Verwunderlich ist das nicht: Entscheidend für ein gutes Konsumklima sind nicht die Öffnungszeiten, sondern bleibt die gefühlte Sicherheit der Verbraucher. Doch die sorgen sich auch nach einem Jahr christliberaler Regierung in Düsseldorf, nach einem halben Jahr großer Koalition in Berlin um ihre Arbeitsplätze, um ihre Altersvorsorge, kurz: um die Zukunft.
Die Freigabe der Ladenöffnungszeiten wollen CDU und FDP im Land dennoch möglichst schnell umsetzen – und betreiben so reine Symbolpolitik. Mögen die Effekte der Liberalisierung auf dem Arbeitsmarkt auch nicht zu spüren sein: Als Zeichen der internationalen Konkurrenzfähigkeit sollen Verkäuferinnen und Verkäufer flexibler sein und dann arbeiten, wenn andere ihre Freizeit genießen. Die Landesregierung aber trägt so nur noch weiter zur Verunsicherung bei. Vorerst werden nur die Familien der Beschäftigten wie deren gesellschaftliches Umfeld belastet – doch langfristig scheint nicht einmal der arbeitsfreie Sonntag sicher.