: Streit um Wehner: Witwe gegen Witwe
■ Spionagevorwürfe „absurd“ genannt
Bonn (dpa/taz) – Als „absurd“ hat Herbert Wehners Witwe Greta Spionagevorwürfe gegen ihren verstorbenen Mann zurückgewiesen. Mit einem Gemisch aus „Verleumdungen“ solle im Wahlkampf eine Kampagne gegen die SPD gemacht werden, schrieb Frau Wehner in einem gestern veröffentlichten Brief an die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion.
Sie reagierte damit auf Verdächtigungen, die auf Willy Brandts Witwe Brigitte Seebacher-Brandt zurückgehen. Sie hatte Passagen von persönlichen Notizen veröffentlichen lassen, die den Schluß nahelegen sollen, der langjährige SPD-Vorsitzende habe sich durch Wehners Ost-Kontakte hintergangen gefühlt.
Ohne Brandts Witwe namentlich zu nennen, schrieb Frau Wehner, die Behauptung, ihr vor vier Jahren gestorbener Mann habe für die „andere Seite“ gearbeitet, sei abwegig. Zur Rolle Wehners beim Brandt-Rücktritt heißt es: „Herbert hat ihn im Mai 1974 nicht gestürzt. Herbert stand auf dem Standpunkt, daß, wenn Willy bereit gewesen wäre, die Guillaume- Affäre durchzustehen, daß er es dann geschafft hätte. Und Herbert hätte ihm dann beigestanden.“ Als Brandt den Entschluß zum Rücktritt faßte, habe Wehner ihn nicht zurückgehalten.
Nach Angaben seiner Witwe geht aus Wehners Papieren hervor, daß dieser Brandt über alles, was er mit DDR-Staatschef Erich Honecker verhandelt habe, informiert habe. Sie wies den Vorwurf zurück, es seien an Brandt gerichtete Schreiben Honeckers zurückgehalten worden. Auch sonst gebe es nichts zu verbergen: „Diese Kampagne wird Herbert nicht ins Zwielicht bringen.“ Veröffentlichen ließ Frau Wehner insgesamt 14 Seiten von Notizen ihres Mannes aus dem Jahre 1973 über Gespräche mit DDR-Politikern, die er Brandts Nachfolger Helmut Schmidt zukommen ließ. Beigefügt ist weiter ein Brief an Schmidt vom Juni 1974, in dem er detailliert über Kontakte mit Honecker Auskunft gibt.
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