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Streit um Wasserbüffel in SpandauKein Herz für Rinder

Laubenbesitzer wehren sich gegen asiatische Wasserbüffel auf den Tiefwerder Wiesen. Sie fürchten Zerstörung der Landschaft, Touristen - und das Bauamt.

Bald auch ein beliebter Volkssport hierzulande? Wasserbüffelrennen in Thailand Bild: dpa

Nebel steigt auf aus den hügeligen Wiesen von Tiefwerder. Auf den schmalen Altarmen der Havel, die die Auenlandschaft durchziehen, schaukeln kleine Boote. Vögeln zwitschern, in der Ferne bellt ein Hund - eine perfekte Idylle, wäre da nicht diese Baumaschine, die sich dröhnend in Bewegung setzt. Mit einem riesigen Bohrwerkzeug fräst sie Löcher in die Erde, in die Arbeiter anschließend schwere Holzpfähle rammen. Mitten im malerischen Landschaftsschutzgebiet errichten sie einen Zaun, doch ein wenig Sicherheit muss sein, bevor die neuen Bewohner kommen: eine Herde asiatischer Wasserbüffel.

Helmuth Klatt ist empört. Der Vorsitzende des Interessenverbands der Freunde Klein-Venedigs, wie Tiefwerder gerne genannt wird, stapft mit festem Schuhwerk durch die feuchten Wiesen und regt sich auf. "Ich dachte, die Zeiten, in denen in Berlin Zäune errichtet wurden, seien vorbei." Bislang habe man sich auf den Tiefwerder Wiesen frei bewegen können, im Winter seien die Kinder auf dem See im demnächst eingezäunten Gebiet Schlittschuh gelaufen. "Hier grenzt das Bezirksamt uns Bürger mal wieder aus. Zugunsten von Wasserbüffeln."

Seit Mitte der 80er Jahre hat Klatt eine Gartenlaube in Klein-Venedig. Hier kommt er her, wenn er sich nach Natur und Ruhe sehnt. Letztere sieht er nun durch die Büffel bedroht. Sicher würden die fremdländischen Tiere zu einer Touristenattraktion, dabei sei Tiefwerder nicht auf einen Menschenansturm vorbereitet, meint Klatt. "Toiletten und Mülleimer fehlen." Zudem würden die Tiere im Landschaftsschutzgebiet wüten und die Flussläufe verändern. "Wasserbüffel gehören nach Asien, nicht nach Spandau."

Beim Bezirksamt kann man Klatts Aufregung nicht nachvollziehen. "Jemand muss das Gras der Tiefwerder Wiesen mähen", sagt Henning Molz vom Spandauer Grünflächenamt. Bislang würden dafür Maschinen eingesetzt, was einerseits teuer, andererseits nicht im Sinne der lärmempfindlichen Tierwelt sei. Da europäische Rinder in der dauerfeuchten Flussaue anfällig für Huferkrankungen würden, habe man sich für eine Herde Wasserbüffel entschieden. "Das ist natürlich, kostenneutral und in Berlin auf der Pfaueninsel schon erprobt. Im Frühjahr sollen die Tiere angesiedelt werden."

Damit die Büffel nicht auf die angrenzende Heerstraße liefen, sei der Zaun von Nöten. "Abgegrenzt wird eine Fläche von zehn Hektar, die man bislang ohne Anglerhose eh nicht betreten konnte", meint Molz. Auch Touristenströme befürchte er nicht. "Sechs Wasserbüffel sind in einer Stadt wie Berlin wahrlich keine Attraktion." Vielmehr seien die Mitglieder des Vereins als Wassersportler und Laubenbesitzer selbst Besucher des Landschaftsschutzgebiets.

Der Streit zwischen den Erholungssuchenden, die östlich der Havel ihre Gartenlaube haben oder regelmäßig zum Spaziergang herkommen, und dem Bezirksamt hat Tradition. Bereits vor fünf Jahren kam es zum ersten Zusammenstoß, als auf einen Schlag 67 auf Bezirkseigentum gelegene Lauben verschwanden. "Der Bezirk hat die alten Leute damals mit dem Versprechen überlistet, ihre Laube für 500 statt der ansonsten üblichen 15.000 Euro abzuräumen", meint Verbandsvorsitzender Klatt. Vorwand für die Räumung seien Renaturierungsmaßnahmen gewesen, die bis heute nicht abgeschlossen seien. "Man versucht, die Menschen aus Tiefwerder wegzumobben."

Für das Grünflächenamt stellt sich die Situation ganz anders dar: Seit über dreißig Jahren würden leerstehende Gartenhäuschen in diesem Bereich nicht neu vermietet, sondern abgebaut, erklärt Molz. 2005 habe der Bezirk dann das einmalige Angebot gemacht, die Lauben für einen Spottpreis zu beseitigen. "Wir waren selbst schockiert, wie viele Menschen davon Gebrauch gemacht haben." Die Renaturierung erfolge, sobald die nötigen Landesmittel zur Verfügung stünden.

Die Fronten sind verhärtet, und auch ein runder Tisch, an dem sich die Beteiligten seit zwei Jahren regelmäßig treffen, konnte die Situation nicht verbessern - obwohl das Interesse am Erhalt der malerischen Auenlandschaft eigentlich alle eint. Der Verband wirft dem Bezirk Planlosigkeit und fehlendes Demokratieverständnis vor. Im Gegenzug glaubt man beim Grünflächenamt, die Laubenpieper beanspruchten das Naherholungsgebiet für sich.

Und liegt damit gar nicht so falsch, glaubt Christoph Sonnenberg-Westeson von der Fraktion der grünen Alternativen Liste in der BVV Spandau. "Seit den 1960er Jahren sind die Tiefwerder Wiesen im Flächennutzungsplan als Grünfläche ausgewiesen", erklärt er. Seitdem würden in dem Gebiet keine Baugenehmigungen mehr ausgesprochen. "Aber sehen Sie sich da mal um - viele der Gartenhäuser sind wesentlich neuer und demnach ohne Genehmigung errichtet." Hier liege der eigentliche Kern des Streits.

Denn die Laubenpieper und Bootsbesitzer sähen das öffentliche Gebiet als ihr Eigentum und setzten sich über bestehende Gesetze - ob Bauvorgaben oder das Verbot des Anbaus fremder Pflanzenarten - hinweg, meint Sonnenberg-Westeson. "Das Amt stört sie in ihrer selbstangelegten Idylle; die Wasserbüffel sind da nur ein weiterer Aspekt im Kampf um die Gestaltungshoheit über die Tiefwerder Wiesen."

Obwohl der Zaun das weite Auenland nicht gerade verschönert - von den Büffeln selbst gehe keine Gefahr aus, weder für die Landschaft noch für die Tierwelt, sagt Ulrich Stöcker von der Deutschen Umwelthilfe. "Die Wasserbüffel sind dem einst heimischen Auerochsen sehr verwandt und seit den Römern auch in Europa beheimatet." Aus ökologischer Sicht gebe es keinerlei Bedenken.

Auch von der Pfaueninsel, wo eine Herde Büffel seit dem Sommer weidet, weiß man nur Gutes zu berichten. "Natürlich wühlen und suhlen sich die Tiere", erzählt Elvira Kühn, Sprecherin der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG). Die Natur zerstörten die Tiere aber nicht. "Für den Touristenandrang in diesem Jahr ist hoffentlich die Kunstausstellung auf der Insel verantwortlich und nicht die Büffel."

Ab dem kommenden Frühjahr soll die Büffelherde auf den Tiefwerder Wiesen weiden. Ob die Ökologie der Havelauen von den asiatischen Importtieren beeinflusst wird, lässt sich erst dann mit Sicherheit sagen. Zumindest Lauben ohne Baugenehmigung werden sie wohl nicht errichten.

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5 Kommentare

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  • E
    EinAnwohnerInMarzahn

    Mittlerweile wurde so ein Projekt ausgeweitet... In Berlin - Marzahn - Gollinerstrasse wurde ebenfalls ein schönes Naturgebiet eingezäunt und seit heute (16.06.2011) mit Hochlandrindern bestückt... Prinzipiell ein nettes Projekt... nur schade das man hier die Anwohner in keinsterweise mit einbezogen hat...

     

    - der Zaun geht exakt bis zur Strasse...

    - der Zaun hat viel zu große Maschen... (unsere Mischlingshunde passen locker durch)

    - das gesamte Gebiet wurde eingezäunt und damit jede Möglichkeit genommen Hunde noch frei laufen zu lassen...

     

    als Hundebesitzer muss ich einfach sagen ungünstig gelöst... hätte man hier die Anwohner mit einbezogen hätte man dies sicherlich auch mit Kompromissen lösen können...

  • OC
    Olaf Clemens

    Guten Tag,

     

    über den hier geschriebenen Artikel bin ich sehr erstaunt.

     

    Das Thema kann ja nicht auf ein paar Laubenpiper runter gebrochen werden.

     

    Klar ist, dass hier von der Stadt Lauben abgerissen wurden ohne ein neues Konzept zu haben. Die Rede war von "Renaturierung", es scheitert jedoch bereits am Geld zum Mähen der Wiesen.

     

    Als Alternative werden Wasserbüffel in ein Gehege gesteckt. Ist der Baustandrat Herr Röding wirklich der Meinung, dass die Wasserbüffel nun das ganze Gebiet pflegen und so keine Kosten mehr entstehen?

     

    Wer bezahlt den Zaun, den Tierarzt und die Haltung im Winter? Und das Grünflächenamt wird weiterhin die Wege und angrenzenden nicht beweideten Wiesen pflegen müssen.

     

    Tourismus ist schön und von den Anwohner gewollt, es fehlt jedoch an der minimalsten Infrastruktur. In ein Naturschutzgebiet gehören doch wenigstens Mülleimer.

    Schade dass für die Natur und die Naherholungsgebiete von Berlin so wenig Verständnis vorhanden ist.

  • KG
    Klaus Grüner

    Leider hat die Verfasserin offenbar keine Ahnung, worüber sie schreibt. Wasserbüffel sind keine Rinder, sondern, wenn schon, dann viel näher mit den Ziegen verwandt als mit Rindern.

  • PB
    Peter Biel

    Sehr geehrte Frau Wiedemeier,

     

    im Grunde genommen möchte ich Ihnen zu Ihrem sachlichen Bericht "Kein Herz für Rinder" gratulieren.

     

    Daß es Kritiker gibt, wenn man etwas Neues oder Außergewöhnliches macht - ist nicht neu, erst recht, wenn man sich in vermeintlichen Rechten oder Gewohnheiten beschnitten sieht, wie die so von Ihnen bezeichneten "Laubenpieper".

     

    Wasserbüffel sind ganz hervorragende Landschaftspfleger - und als solche sollte man sie auch herausstellen. In den von Ihnen beschriebenen Flächen sind sie als einzige große Pflanzenfresser in der Lage, dieses Gebiet zu pflegen und vor eventueller Verbuschung oder Verschilfung zu bewahren.

     

    Wir züchten seit jetzt über 12 Jahren Wasserbüffel, die übrigens keine Rinder und mit ihnen auch nicht verwandt sind, und haben das Konzept der Landschaftspflege seit 1998 entwickelt und an zahlreichen unterschiedlichen Standorten in Deutschland erfolgreich erprobt (siehe unsere Homepage www.bueffel-farm.de). In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Uni Cottbus haben wir jetzt einen Tagungsband unserer beiden ersten Workshops veröffentlicht, in dem die eindeutigen Vorzüge des Einsatzes von Wasserbüffeln - die auch nicht aus Asien kommen sondern der Europäischen Mittelmeerrasse angehören - beschrieben werden.

    Was den Tourismus angeht, so hält sich das absolut in Grenzen. 6, 10 oder 20 Wasserbüffel werden sich in diesem Gebiet sehr unauffällig verhalten. Wenn sie nicht gerade weiden, werden sie sich ins Wasser legen, wiederkäuen und kaum gesehen werden.

     

    Wasserbüffel sind ein Gewinn für die Landschaft- und Biotoppflege und jeder sollte sich glücklich schätzen, diese robusten Allesfresser in der Nähe zu haben.

     

    Völlig unpassend zum Bericht finde ich aber das Foto eines Büffelrennens im fernen Asien. Wenn es gewünscht wird, stelle ich der Redaktion gerne passende Aufnahmen des Einsatzes der Wasserbüffel in Deutschland zur Verfügung.

     

    Mit freundlichen Grüßen

     

    Peter Biel

    Präsident IFWL

  • E
    EnzoAduro

    Sie fürchten Touristen. lol.

     

    Pech gehabt, wer Touristen fürchtet lebt wohl in der falschen Stadt.

    Das ist ja wie wenn man in Stuttgart Autofabriken fürchten würde.

    Oder in Hamburg Schiffe.

     

    Nenene, diese "Far-West-Berlin"-Spießigkeit, die im Gegensatz zu Mitte, Prenzelberg, Kreuzberg & Co erst jetzt merken das die Mauer gefallen ist.