Streit um Ufer: Potsdamer befreien Uferweg
Erster Erfolg für die Demonstranten am Groß Glienicker See: Die Stadt entfernt zwei Blockaden der Anwohner. Doch auch am Südufer ist freies Spazieren nicht möglich.
Mit Schildern, Lautsprechern und Trommeln in den Händen machen sich die Bewohner aus der Nähe des Groß Glienicker Sees in Potsdam auf den Weg von der Seepromenade zum Fußweg am Ufer. Am Abend protestieren und für einen freien Zugang am Ufer des Sees zu kämpfen ist seit einigen Wochen zum Alltagsprogramm geworden. Denn vom Spaziergang oder Radeln direkt am Ufer ist in letzter Zeit nicht sehr viel übrig geblieben: Anwohner mit Seegrundstück hatten den Weg mit Hecken und Zäunen gesperrt, Überwachungskameras, Securityleute mit Schäferhunden sollten dafür sorgen, dass niemand ihre Grundstücke durchquert.
"Wir sind hier und wir sind laut, weil ihr uns das Ufer klaut!", heißt es auf den Plakaten der knapp 200 Demonstranten, die sich am Montagabend versammeln. Drei Mal haben sie in den letzten Wochen gegen die Absperrungen protestiert - mit Erfolg. Am Montagvormittag rollten die Bagger an und entfernten die Hecken und Zäune auf zwei Grundstücken. Das Grünflächenamt der Stadt habe "rechtswidrige Sperren" am Westufer entfernt, teilte Stadtsprecher Stefan Schulz mit.
"Das mit den Blockaden war genauso wie in alten Mauerzeiten", erinnert sich Michael Limburg. Zusammen mit seiner Frau kann er jetzt wieder auf dem Westufer spazieren. Nichts steht ihnen noch im Weg, wenn sie bei der Seepromenade 39 oder 65 vorbeigehen. Die Securityleute überwachen alles aus der Ferne. Zufriedenstellend ist das längst nicht. Denn weitere Sperrungen blockieren den Zugang zum Ufer auf der Südseite des Sees.
Laut Stadtsprecher Schulz wurde auch hier eine Beseitigungsanordnung erlassen und die Eigentümer aufgefordert, die Sperren bis zu einem bestimmten Datum zu beseitigen. Sollten die Anlagen gemäß der Anordnung nicht fristgemäß beseitigt werden, würden sie von der Stadt auf Kosten der Eigentümer entfernt. Laut Schulz ist allerdings die Frist für die Blockierer der Südseite noch nicht abgelaufen. Die spazierfreudigen Bürger haben allerdings keine Geduld mehr. "Die Erholungsquelle" der Bürger soll für alle frei zugänglich werden, fordern sie seit Monaten - so lange schon währt der Konflikt um den öffentlichen Zugang zum See.
Damals gründete sich eine Bürgerinitiative, um eine Verhandlungslösung für einen freien Zugang zum Uferweg zu unterstützen. Es gehe darum, den Bebauungsplan sowie das Landschaftsschutzgesetz und die Landschaftsschutzverordnung umzusetzen, sagt Andreas Menzel, Sprecher der BI.
Die Forderung der Bürger nach einem freien Zugang zum See beeindruckt die Anrainer allerdings nicht. "Die Stadt hat mit der Gewaltaktion doch nichts erreicht. Man geht weiter vors Gericht", sagte Anwohner-Anwalt Christoph Partsch der taz. Das Privateigentum müsse weiter geschützt werden. Bislang hätten es die Eigentümer der Seegrundstücke geduldet, dass Bürger über den Weg auf ihren Flächen spazieren, so Partsch.
Pressesprecher Schulz ist anderer Meinung: Es handele sich um einen öffentlichen Uferweg, der so im Bebauungsplan von 1999 vorgesehen sei. Den Plan habe das Oberverwaltungsgericht 2001 anerkannt. Allerdings sei der Weg bislang nicht öffentlich gewidmet worden. Darum wolle die Stadt die Grundstücke mit dem Uferweg den Eigentümern abkaufen. Seit September 2009 liefen bereits Verhandlungen mit den rund 40 Anrainern. Mit zweien hätte die Stadt bereits einen Vertrag abgeschlossen, so der Stadtsprecher. Er hofft, dass bis Ende der Woche weitere drei Besitzer unterschreiben.
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