: Streit um Transnuklear–Ausschuß
■ Die Koalition will den Auftrag des Bonner Untersuchungsausschusses zur Aufklärung des Atommüll–Skandals einschränken / SPD: Man will die Aufklärung des Skandals verhindern / Ausschußarbeit beginnt heute
Bonn (ap) - Einen Tag vor der ersten Arbeitssitzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Aufklärung des Atommüll–Skandals um die Firma Transnuklear ist zwischen Koalition und Opposition in Bonn ein juristischer Streit um den Arbeitsauftrag des Gremiums entbrannt. CDU/CSU und FDP legten am Mittwoch einen Antrag vor, ein Gutachten über die Verfassungsmäßigkeit des von der SPD formulierten Untersuchungsauftrages einzuholen. Die SPD bestritt der Koalition das Recht dazu und sprach von einem Versuch, die Aufklärung des eigentlichen Atomskandals zu verhindern. Den jetzt beanstandeten Auf trag hatte die Koalition im Plenum durch Stimmenthaltung passieren lassen, ebenso wie die Opposition den von CDU/CSU und FDP formulierten Untersuchungsauftrag passieren ließ. Während die SPD unter dem Titel „Atomskandal– Untersuchungsausschuß“ das gesamte Konzept der nuklearen Entsorgung überprüfen und beispielsweise auch die Alternative „Wiederaufarbeitung oder direkte Endlagerung“ klären will, besteht die Koalition auf einem „Transnuklear–Untersuchungsausschuß“, der sich auf die Aufklärung des konkreten Skandals beschränkt. Die FDP–Politiker Ulrich Irmer und Jürgen Timm begründeten die Notwendigkeit eines Gut achtens mit zu vagen Formulierungen im Untersuchungsauftrag der SPD. So werde ohne weitere Erläuterung von den „Vorkommnissen“ in Hanau und von „den in Hanau ansässigen Nuklearbetrieben“ gesprochen. Aufträge an Untersuchungsausschüsse aber müßten sehr präzis gefaßt sein, da sie möglicherweise Konsequenzen wie Akten–Beschlagnahme oder Beugehaft für nicht aussagewillige Zeugen hätten, gegen die jeweils ordentliche Gerichte angerufen werden könnten. Der SPD–Abgeordnete Schäfer bezeichnete die verfassungsrechtliche Überprüfung als unzulässig. Nach einem Urteil des hessischen Staatsgerichtshofes von 1966 „kommt es dem Untersuchungsausschuß seinem Wesen entsprechend grundsätzlich nicht zu, eine vom Parlament zugelassene Untersuchungsfrage in ihrer verfassungsrechtlichen Zulässigkeit zu bezweifeln“. Eine solche Kontrolle stehe nur dem Plenum zu. Schäfer äußerte den Verdacht, daß es der Koalition darum gehe, die Aufklärung des Skandals zu verhindern. Sie wolle vertuschen, daß eine der Ursachen für die Bestechungen in der generellen Entsorgungsproblematik liege könnte. Er habe den Eindruck, daß Zeugen ein Hinweis darauf gegeben werden solle, wie man einem Beweis–Begehren des Ausschusses nicht entsprechen müsse.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen