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Streit um Steinbrücks NebeneinkünfteRot-Grün keilt zurück

Im Streit um Peer Steinbrücks Nebeneinkünfte werfen SPD und Grüne den Regierungsparteien Wahlkampfrhetorik vor. Steinbrück selbst will alle Daten offenlegen.

Wieviel er wohl für diesen Fernsehtermin bekommen hat? Peer Steinbrück am Sonntagabend bei Günther Jauch. Bild: dapd

BERLIN dapd/dpa | SPD und Grüne halten die Kritik aus den Regierungsparteien an den Nebeneinkünften von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück für reine Wahlkampfrhetorik. Die Äußerungen seien von „Aggressionen“ und „Zerstörungsinteressen“getragen, sagte die Fraktionschefin der Grünen, Renate Künast, am Montag im „Morgenmagazin“ der ARD. „So ist es, wenn man einen guten Kandidaten seitens der SPD als Gegenkandidaten hat“, sagte sie. Der baden-württembergische SPD-Vorsitzende Nils Schmid sagte, in der Kritik von Schwarz-Gelb zeige sich „Sorge vor dem Machtverlust“.

Am Wochenende hatte sich die Debatte über Steinbrücks Honorartätigkeiten verschärft. Vertreter aus dem Regierungslager verlangten absolute Transparenz über die Nebeneinkünfte des Kanzlerkandidaten. Steinbrück sagte am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Günther Jauch“, er habe sich immer an Recht und Gesetz gehalten. Er habe unabhängige Wirtschaftsprüfer gebeten, die Fakten zusammenstellen. Gleichzeitig zeigte er sich aufgeschlossen, die Regeln zur Offenlegung von Nebeneinnahmen zu verschärfen.

Es müsse jetzt darum gehen, diese Regelungen grundsätzlich zu überarbeiten, verlangte auch Künast. Dies forderten die Grünen schon seit langem. Sie sei gespannt, wie sich Union und FDP nach der Kritik an Steinbrücks Nebeneinkünften nun dazu verhielten, sagte die Grünen-Fraktionschefin. Die SPD-Fraktion hatte in der vergangenen Woche erneut einen Gesetzesentwurf dazu eingebracht.

Der baden-württembergische Finanzminister Schmid sagte der Welt, die CDU müsse „mächtig Angst vor Peer Steinbrück haben, wenn sie ihn nun angreift“. Sie wisse schließlich, wie beliebt Steinbrück ist. „Egal, ob Steinbrück vor einem SPD-Ortsverein oder vor den Vorständen der Deutschen Bank redet, argumentiert er identisch“, sagte Schmid und fügte an: „Hier von Käuflichkeit zu reden, ist lächerlich.“

Peer Steinbrück selbst hat die heftige Debatte über seinen Vortragshonorare von mindestens 560.000 Euro nach eigenen Worten überrascht. „Ich habe mich nach Gesetz und Recht verhalten und habe es nicht für möglich gehalten, dass darüber Misstrauen entstehen kann“, sagte Steinbrück bei Günther Jauch.

Steinbrück: „Absurd und dämlich“

Jetzt lerne er, dass Misstrauen vorhanden sei. Deshalb habe er einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer engagiert. „Ich lege gerne alle Daten offen. Ich werde auch gerne angeben, welches Durchschnittshonorar ich über ein Jahr bekommen habe.“ Den Vorwurf einer Nähe zur Bankenlobby nannte Steinbrück „absurd und dämlich“.

Am Wochenende hatte er vorgeschlagen, alle Abgeordneten zur Veröffentlichung ihrer Zusatzeinkünfte „bis auf den letzten Cent“ zu verpflichten. Damit ging er deutlich über die bisherigen Forderungen seiner Partei nach schärferen Transparenzregeln hinaus. Union und FDP blieben bei ihrer Kritik an dem Herausforderer von Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Wahl 2013 und zweifelten an seiner Glaubwürdigkeit.

„Dass ausgerechnet Herr Steinbrück sich jetzt zum Transparenz-Helden aufschwingen möchte, hat schon eine besondere Komik“, sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Grünen-Europapolitiker Sven Giegold warf Steinbrück eine zu große Nähe zum Kapital vor. Gegen einzelne Vorträge habe er nichts, sagte Giegold der Berliner Zeitung vom Montag. „Mir macht aber Angst, dass Steinbrück blind für die Demokratiegefahr dahinter ist". Durch die Einladungen finanzstarker Institutionen werde "ein Diskussionsraum zwischen Politik und Wirtschaft geschaffen“, gegen den es kein Gegengewicht gebe. Giegold warf Steinbrück vor, er sei vielleicht kein Knecht" des Kapitals, aber als Finanzminister der großen Koalition habe er ihm „gut gedient“.

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12 Kommentare

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  • GF
    Gerda F.

    Für wen wollen Sie denn hier Stimmung machen, Lara Croft? Von wem werden Sie, Lara Croft, für Ihre Rot-Grün-Angriffe denn bezahlt?

     

    Natürlich werden Sie das nicht "transparent" machen, doch Ihre Rhetorik wird Sie früher oder später entlarven. Das ist so bei verbissenen Ideologen.

     

    (Übrigens, auch ein interessantes Thema, wie verbissene Ideologen sich durch unvermeidliche Äußerungen oder Sprüche als solche verraten.)

  • V
    viccy

    "Egal, ob Steinbrück vor einem SPD-Ortsverein oder vor den Vorständen der Deutschen Bank redet, argumentiert er identisch“, sagte Schmid und fügte an: „Hier von Käuflichkeit zu reden, ist lächerlich.“

     

    Aaaaber warum sollte die Deutsche Bank ihm 20.000 Euro für einen Vortrag geben , den Steinbrück in gleicher Weise vor dem SPD-Ortsverein gehalten hat?

     

    Was Schmid hier sagt, spricht ungewollt gerade dafür, dass Steinbrück das Geld gerade NICHT für die Vorträge selbst bekommt. Wofür wohl dann? "Kontaktpflege"? ...

  • V
    verkommen

    Es ist einfach nur dumm, einem CDU und FDP Nähe vorzu- werfen, wenn man Transparenz verlangt.

     

    Letztendlich ist es egal, wen man wählt.

    Alles verkommen.

  • R
    reblek

    "So ist es, wenn man einen guten Kandidaten seitens der SPD als Gegenkandidaten hat." (Künast) - Na bitte, der wird schon Hartz XI bis IVX auf die Reihe kriegen und den Sozialstaat noch mehr runieren. Und wie wäre es mal wieder mit einem schönen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg? Die Olivgrünen stehen bei Fuß.

  • LC
    Lara Croft

    Die Wahlkampfrhetorik der Regierungsparteien hat leider einen wahren Kern: Nicht nur Herr Steinbrück, sondern die Parteien SPD und B90/Die Grünen sind mehrheitlich Knechte und Mägde der Bankenlobby.

     

    Wer die Politik von Rot-grün seit 1998 bis heute verfolgt hat, weiß das. Rot-Grün hat die Finanzmärkte zugunsten von Banken Hedgefonds und Versicherungen dereguliert. Rot-Grün hat die zerstörerischen Hedgefonds in Deutschland erst zugelassen (!)

     

    SPD und Grüne haben fast alle den verheerenden ESM und Fiskalpakt- Gestzen im Bundestag zugestimmt. Diese unkündbaren Gesetze nutzen den Banken, denn sie schustern den Banken unendlich viele hundert Milliarden Euro Steuergelder der BürgerInnen Deutschlands zu. Eine ernsthafte Regulierung der Banken wurde von Rot-Grün nicht mal zur Bedingung gemacht. Die Banken spekulieren weiter und die Banken-Vorstände, die den Staat in Geiselhaft genommen haben zahlen sich weiter millionenschweren Belohnungs-Boni aus.

     

    Rot-grün hat total verssagt. An der Regierung hatte Rot-Grün 1998-2005 den Spitzensteuersatz zugunsten der Besserverdienenden massiv gesenkt. Außerdem hatte Rot-Grün jede Menge Steuerschlupflöcher für Reiche geschaffen. Dazu kommt die rot-grüne Kriegspolitik (Kosovo, Afghanistan). SPD und Grüne haben dafür gesorgt, das erstmals nach 1945 wieder deutsche Soldaten in den Krieg geschickt wurden!

     

    Steinbrück hat mit dem Finanzmarktstabilisierungsgestz massiv der bankenlobby gedient. Seitdem wird er dafür mit üppigen Vortragshonoraren bezahlt. Dass Frau Künast sich an Steinbrück anschleimt, zeigt wie verkommen die Grünen heute immernoch sind. SOwohl bei der SPD, als auch bei den Grünen sind heute immernoch die neoliberalen Agenda 2010 und Hartz-IV- GesetzesmacherInnen an der Macht.

     

    Das macht beide Parteien 2013 unwählbar! Ebenso wie die schwarz-gelben Lobby-Knechte und Lobby-Mägde.

     

    Übrigens sollten nicht nur endlich sämtlich Nebeneinnahmen von Abgeordneten veröfffentlicht werden. Auch die Bestechung von Abgeordneten solte endlich auch in Deutschland per Gesetz verboten werden.

     

    abgeordnetenwatch macht dazu gerade eine Petition.

    http://mailing.abgeordnetenwatch.de:8080/r.html?uid=1.3z.23ci.2l6.zeunp0c3aa

  • A
    André

    Es gibt bestimmt das Ziel, Steinbrück von vornherein zu diskreditieren und ihn als Wirtschaftsmann zu outen. Aber er war schon immer ein Mann der Wirtschaft und der Vorstände. Es ist nichts Neues. Er meiner Meinung nach aber ehrlicher agieren müssen. Steinbrück hat aber auch nicht mitbekommen, dass die Agenda-Politik, die Wirtschatsnähe und die Härte gegen Arbeitslose (Hartz) bei seiner Partei ziemliche Dellen hinterlassen hat. Nicht jeder freut sich über diese Politik wie er. Und das gilt noch mehr für mögliche Wähler der SPD - wenn er weiter so unsensibel agiert, könnte seine Kandidatur bei den anivisierten Rot-Grün-Wählern durchfallen.

  • MB
    max bach

    er solte lieber mal offenlegen was er auf der bilderberger konference gemacht hat und warum alle kanzler immer vor ihrer wahl da waren ausnamlos!

  • HA
    Hallo, Aufwachen..

    Steinbrück muss noch viel mehr erklären.. vornehmlich sein dümmlich nervöses Grinsen unter den viel viel viel Mächtigeren, letzes Jahr in St. Moritz..

     

    http://youtu.be/ec6c6C2YGek

  • ES
    Erich Schlapphut

    Nachdem wie G. Schröder und der ehem. Arbeitsminister W. Clement regiert haben und deren Helfer heute noch im Parteiamt sind, gehe ich nicht über diese SPD- Steinbrück/e.

  • GF
    Gerda F.

    Es ist politisch allgemein bekannt, daß bekannte Politiker und ebenso Politikerinnen für ihre Vorträge in bestimmten Kreisen ein hohes Honarar erhalten. Auch Fernsehauftritte werden gut bezahlt!

     

    Das ist aber nicht wichtig. Wichtig ist doch, über welche Themen referiert wird, ob mit anschließender Diskussion oder nicht, welche Fragen und Antworten die Zuhörenden austauschen. Das ist doch wichtig!

     

    Über welche Themen hat denn nun Peer Steinbrück in den vergangenen Jahren gesprochen und um welche Politikrichtung hat er dabei geworben und wie diese begründet? Das ist doch wichtig!

     

    Dann erst kann ich mir eine Meinung bilden, der Politikrichtung zustimmen oder diese ablehnen. Dann erst erfahre ich etwas über Plan und Charakter eines Menschen, der Politik machen will und umsetzen will.

     

    Beispiel Mitt Romney: Er hat "offen" gesagt, daß er sich um 47 % der Bevölkerung nicht kümmern will und daß deren Bedürfnisse und Erwartungen für ihn und seine Politik nicht wichig sind.

     

    Also: Welche Themen und vor welchem erlauchtem Publikum hat Peer Steinbrück seine politischen Ambitionen vorgestellt und vor allem begründet?

    Das möchte die interessierte Öffentlichkeit natürlich auch von allen anderen, den gegnerischen Politikern und Politikerinnen wissen, die sich jetzt so vehement nur auf die Höhe der Honorare stürzen!

  • N
    neubau

    "mindestens 560.000 Euro" - "nicht käuflich".

     

    4488 Euro pro Jahr sind der Hartz IV-Regelsatz. Wo kommen die 560.000 Euro denn her, die Herr Steinbrück kassiert? Wem wurde dieses Geld weggenommen?

     

    Die Offenlegung der Nebeneinkünfte bringt gar nichts. Verbieten müsste man diese.

  • V
    vjr

    Der, hoffentlich nicht nur wahltaktisch bedingte, abrupte Kurswechsel Steinbrücks, seine Ankündigung überfälliger genauer Offenlegung aller Einkünfte, kann man nur begrüssen.

    Aber nur, sollen entsprechende Taten und vor allem auch Einsatz für die Sache folgen – wirklich alles, wirklich 1:1 (also auch keine Vernebelung mit "Kategorien"), mit Sanktionen, und für alle.

    Im weiteren siehe:

    – transparency.de

    Übrigens brauchen wir auch ein Bundes-Transparenzgesetz, nachdem die engagierten Leute in den Ländern angefangen haben, das Eis zu brechen, siehe:

    – HH: transparenzgesetz.de

    – B: http://www.google.de/search?q=transparenzgesetz+berlin

    – ... (Fortsetzung folgt, bald)