Streit um Seegrenze: Gefecht zwischen Nord- und Südkorea
Im Gelben Meer kommt es zu einem Schusswechsel zwischen einem nordkoreanischen Patrouillenboot und der südkoreanischen Marine. Noch immer sind sich die beiden Staaten uneins über die Seegrenze.
SEOUL dpa/afp/ap | An der umstrittenen Seegrenze zwischen Süd- und Nordkorea im Gelben Meer ist es am Dienstag erneut zu einem schweren militärischen Zwischenfall gekommen. Süd- und nordkoranische Marineschiffe hätten sich ein Feuergefecht auf hoher See geliefert, teilte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Seoul mit. Unklar war, ob es Tote gegeben hat.
Die nationale südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap berichtete unter Berufung auf Ministeriumsbeamte, dass dabei ein nordkoreanisches Patrouillenboot schwer beschädigt worden sei. Auf südkoreanischer Seite habe es keine Verletzten gegeben. Die Kampfhandlungen vor der Westküste der geteilten koreanischen Halbinsel hätten nur kurz gedauert.
Zu dem Schusswechsel kam es den Berichten zufolge, nachdem ein Patrouillenboot aus Nordkorea die Grenzlinie verletzt habe – jedenfalls die, die nach Meinung der Südkoreaner die Seegrenze ist. Nordkorea erkennt diese Linie nicht an. Ein südkoreanisches Kriegsschiff habe zunächst Warnschüsse auf das Boot abgegeben. Die Nordkoreaner hätten zurückgeschossen.
Das Schiff habe sich nach dem nachfolgenden Schusswechsel wieder auf die nordkoreanische Seite der Seegrenze zurückgezogen. Von den staatlichen Medien in Nordkorea gab es zu dem Vorfall zunächst keine Berichte.
Das Gefecht begann laut Yonhap um 11:28 Uhr (Ortszeit - 3.28 Uhr hiesiger Zeit) in der Nähe der Insel Daechong. Militärkreise bestätigten den Zwischenfall, nannten aber keine Einzelheiten.
Das Gebiet um die umstrittene Seegrenzlinie war in den vergangenen zehn Jahren zwei Mal Schauplatz von tödlichen Gefechten zwischen Kriegsschiffen beider Länder, und zwar 1999 und 2002. Nordkorea erkennt die sogenannte Nördliche Grenzlinie (NLL) vor der Westküste nicht an. Die Grenzlinie wurde am Ende des Korea-Kriegs (1950-53) einseitig von einem UN-Kommando gezogen.
"Das Gefecht ereignete sich, nachdem die nordkoreanische Seite unsere verbalen Warnungen und Warnschüsse missachtet und direkt unsere Schnellboote angegriffen hat", zitierte Yonhap den südkoreanischen Ministerpräsidenten Chung Un Chan bei einer Sitzung im Parlament in Seoul.
Chung habe das Gefecht als eine "zufällige Kampfhandlung" charakterisiert. "Wir analysieren die Motive für die Grenzverletzung durch das nordkoreanische Boot", zitierte Yonhap einen Regierungsbeamten.
Nach monatelangen teils heftigen Spannungen gab es zuletzt zwischen Süd- und Nordkorea wieder vorsichtige Schritte einer Annäherung. Nordkorea hatte Südkorea jedoch Mitte des vergangenen Monats beschuldigt, Kriegsschiffe in seine Hoheitsgewässer vor der Westküste geschickt zu haben. Das nordkoreanische Marinekommando drohte Militäraktionen für den Fall an, dass sich die angebliche Grenzverletzung wiederhole.
Washington plant erstmals direkte Gespräche
Unterdessen wurde in Washington bekannt, dass sich die US-Regierung nach monatelangen Beratungen zu direkten Gesprächen mit Nordkorea entschlossen hat. Präsident Barack Obama will den Sondergesandten Stephen Bosworth zu Gesprächen über das nordkoreanische Atomprogramm nach Pjöngjang schicken, wie am Montagabend aus Regierungskreisen in Washington verlautete. Ein Termin steht noch nicht fest.
Bereits in Pjöngjang eingetroffen ist eine französische Delegation unter der Leitung des ehemaligen Kulturministers Jack Lang, der von Staatspräsident Nicolas Sarkozy zum Sondergesandten für Nordkorea berufen wurde. Er traf am Dienstag mit dem nordkoreanischen Außenminister Pak Ui Chun zusammen. Im Mittelpunkt des fünftägigen Besuchs stehen Bemühungen um die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen beiden Staaten.
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