Streit um Plastekompost: Dämpfer im Tüten-Streit
Die Deutsche Umwelthilfe darf nicht mehr behaupten, bestimmte Tüten seien nicht kompostierbar. Der Hersteller spricht von falschen Behauptungen.
BERLIN taz | Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) darf nicht mehr behaupten, dass von Aldi und Rewe verkaufte Plastiktüten aus Bioplastik nicht biologisch abbaubar seien und nicht kompostiert werden könnten.
Das bestätigte das Landgericht Köln am Freitag. Die Victorgroup als Hersteller der Tüten hatte vor dem Gericht eine einstweilige Verfügung erwirkt.
Das Unternehmen wirft den Umweltschützern vor, falsche Behauptungen aufzustellen. Die DUH hatte in der vergangenen Woche kritisiert, die Supermärkte verkauften Plastiktüten mit dem Label „100 % kompostierbar“, die gar nicht kompostiert würden. Sie bestünden zu 70 Prozent aus Erdöl und zu 30 Prozent aus Polymilchsäure, die aus gentechnisch verändertem Mais gewonnen werde. Weil beide Materialien ganz unterschiedliche Eigenschaften hätten, seien sie praktisch nicht zu recyceln, kritisierte die DUH.
Unterstützung bekamen die Umweltschützer von Herbert Probst, Vorstand im Verband der Humus- und Erdenwirtschaft Region Nord und selbst Betreiber von zwei Kompostanlagen. Hunderte Tüten landeten täglich mit dem Biomüll in seinen Anlagen, berichtete Probst. Im Kompostierungsprozess, der etwa sechs Wochen dauere, würden die Tüten nicht zersetzt, im ungünstigsten Fall blieben Fetzen des Materials im Kompost. Warte man, bis die Tüten zerfallen, dauere das mindestens zwölf Wochen – doppelt so lange wie das Kompostieren in einer Anlage.
Mit Zertfizierung auch kompostierbar
Die Victorgroup verwies nun – wie zuvor schon die betroffenen Supermarktketten – auf die DIN-Zertifizierung der Tüten. Demnach würden sie als vollständig kompostierbar eingestuft. Rewe hatte bereits nach der Kritik der DUH die Tüten vorläufig aus dem Sortiment genommen. Man wolle gemeinsam mit dem Hersteller die Kompostierbarkeit überprüfen, teilte das Unternehmen mit.
Jetzt zog Aldi nach harscher Kritik von Umweltschützern nach. Der Verkauf der umstrittenen Tragetaschen aus Bioplastik wurde gestoppt. Man wolle Kunden nicht irritieren, teilte der Discounter am Freitag mit. Die DUH kann gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch einlegen. Ob es dazu kommt, war am Freitag noch offen – man warte zunächst auf die Zustellung, sagte ein Sprecher.
Leser*innenkommentare
Annette Tillmanns
Gast
Warum wird so wenig thematisiert, dass die sogenannten nachwachsenden Rohstoffe in diesem Fall ein Eintrittstor für genmanipulierte Pflanzen in den Biobereich darstellen? Ebenso bei den kompostierbaren Obst- und Gemüsetüten im Bioladen.Sind doch alles Gelder, die in die falsche Richtung fliessen und Pflanzen die auf ihre Umwelt wirken.
A. Franke
Gast
Im Spiegel gibt es einen Artikel über die Plastikflut besonders in arabischen Ländern. Das führt dazu, dass massenweise Kamele sterben, die diese Plastiktüten fressen. Sie werden, wenn ihre Mägen mit dem verklumpten Plastikdreck voll sind und sie nicht mehr können, an eine Stelle in der Wüste gebracht, wo sie elend eingehen. Dito andere Tiere; der Umstieg auf kompostierbare Tüten, der dann versucht wurde, ändert rein gar nichts. Millionen von Tieren in den Meeren, auf dem Land krepieren an unserem Plastikmist, egal ob kompostierbar oder nicht. Auch unsere gerne in Massen aufgelassenen Luftballons bei irgendwelchen Veranstaltungen bedeuten den qualvollen Tod vieler Tiere.
Die Leute sollen, verdammt noch mal, Stofftaschen mitnehmen und sich nicht ein gutes Gewissen machen mit angeblich umweltfreundlichen Plastiktüten.
Toertjex
Gast
Ja das klingt schon schlau die Bioplastiktüten aus den Märkten zu nehmen und wieder durch Konventionelle zu ersetzen
KlausK
Gast
Egal, ob kompostierbar oder nicht - wer braucht eigentlich Tüten? Körbe, Einkaufstaschen (Shopper!!), Einkaufsnetze halten Jahre, bevor sie entsorgt werden (müssen?).
Tütenpreis anheben!