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Streit um Finanzausgleich"Vertrauensbruch unter den Ländern"

Bayern, Baden-Württemberg und Hessen beraten heute über eine Klage zum Finanzausgleich. Thüringens Ministerpräsidentin Lieberknecht warnt vor dem Ende der Ländersolidarität.

Warnt vor der geplanten Klage: Christine Lieberknecht. Bild: dapd

BERLIN dpa/afp | Ungeachtet der geplanten Klage gegen den Länderfinanzausgleich hofft Bayern noch auf eine Reform des Systems auf dem Verhandlungsweg. Die Klage spiele zwar eine wesentliche Rolle, sagte der bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) am Montag im ZDF-Morgenmagazin. "Wir wollen aber die Klage nicht unbedingt bis nach Karlsruhe treiben, sondern wir sind daran interessiert, dass wir auch mit den anderen Ländern in die Debatte um ein besseres, um ein zukunftsgerechteres System einsteigen."

In Stuttgart treffen sich am Montag die schwarz-gelben Landesregierungen der drei Geberländer Bayern, Baden-Württemberg und Hessen zu einer gemeinsamen Kabinettssitzung. Dabei wollen sie über eine Klage gegen den Länderfinanzausgleich beraten, den sie als ungerecht und verfassungswidrig ansehen.

Die finanziell besser dastehenden Länder wollen sich laut Fahrenschon nicht aus der Verantwortung stehlen. "Solidarität ist wichtig, aber richtig verstandene Solidarität ist Hilfe zur Selbsthilfe." In den vergangenen 60 Jahren habe sich ein einziges Bundesland, nämlich Bayern, vom Nehmer- zum Geberland entwickelt.

Bayern habe früher selbst rund 9 Milliarden Euro erhalten und inzwischen etwa 35 Milliarden Euro in den Finanzausgleich eingezahlt. "Aus dieser Solidarität wollen wir uns nicht zurückziehen, aber wir verlangen, dass die anderen Länder ähnlich intensiv an einer besseren Position arbeiten." Einem System, das ein Land wir Berlin bestrafe, wenn es sich wirtschaftlich besser entwickelt, "kann die Zukunft nicht gehören", sagte der CSU-Politiker. "Mein Hauptargument ist, dass das bestehende System keine guten Ergebnisse produziert."

Derweilen hat Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) vor einer Verfassungsklage gegen den Länderfinanzausgleich gewarnt. Eine Klage, die derzeit von Bayern, Baden-Württemberg und Hessen geplant wird, wäre ein "Vertrauensbruch unter den Ländern", sagte Lieberknecht dem MDR Thüringen. Wer einzelne Steine aus dem deutschen Finanzsystem herausziehe, riskiere den Einsturz der Brücken zwischen den Ländern. Den drei Ländern warf Lieberknecht vor, keine "wahrhaftige Diskussion" über den Finanzausgleich zu führen.

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10 Kommentare

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  • S
    sag

    Zensur pur! Diktatur lässt grüßen! Unter Demokratie versteht man unter anderem auch, dass Meinungen die keine Gefahr für Land und Leute bedeuten, veröffentlichen darf. Davon sind wir anscheinend sehr weit entfernt.Kritiken ob positiv oder negativ, sollten stets akzeptiert werden.

  • S
    sag

    Ja, ja die drei reichen Geberländer, da meckern sie mal wieder rum. Warum verändern wir nicht einfach die Grenzführung etwas, klinken wir die drei "Besten" aus der deutschen Gemeinschaft aus.Ohne die werden wir auch nicht verhungern, irgendwie würde es schon weitergehen. Die haben dort unten nunmal die besseren Grundlagen. Gut mit Industrie bestückt und dann noch "etwas" Tourismus, im Sommer und auch Winter möglich. Das Volk schleppt das Geld dorthin. Der reiche, geizige Süden. Unsere lieben meckernden Bayern sollten nur nicht vergessen, dass sie auch einmal unterstützt wurden. Leider wurde dies wohl schon vergessen.

  • S
    Snuggles

    Bin selber Bayer, aber nicht alle Bayern wählen CSU.

     

    Da haben wohl einige Landesfürsten in der CSU und CDU vergessen, wieviel Milliarden Sie mit Ihren Landesbanken versenkt haben, BayernLB z.B. 3,7. Auch die CSU war dabei für das Steuergeschenk an die Hoteliers und das sind nur zwei Beispiele. Nun wollen Sie wieder mal ablenken und spalten wieder, was das Zeug hält. Versprechen ständig Steuergeschenke und kommen dadurch Ihren grundggesetzlichen Verpflichtungen nicht nach, mal wieder. Da sind mir Rot/Grün alle mal lieber, die ja angeblich nicht mit Geld umgehen können, als die dementen Spezlwirtschaftler von der anderen Fraktion.

     

    @Marc: Belege für Ihre Behauptung, da es sich ja um Altschulden der CDU handelt sollte, für die WestLB allein 500 Millionen im Jahre 2009, da war ja noch Rüttgers am Ruder, oder?

  • M
    Murmelchen

    Es ist doch egal, wo letztlich die Milliarden der Industrie in den Rachen geworfen werden, beim Bürger kommt sowieso nichts davon an.

     

    Aber ich kann schon verstehen, warum die CSU klagt. Es geht darum, in Alt-Baiern noch mehr den Spezeln zuzuschanzen ... (Schuldig, ich komme aus Franken)

  • T
    Tobi

    Als Hesse begrüße ich den Schritt meiner Landesregierung.

     

    Länderübergreifende Solidarität ist schön und gut. Aber sie hat ab dann ihre Berechtigung verloren, wo man Nehmer-Ländern ihr Bestreben abnimmt, von diesem Ausgleich unabhängig zu werden und selbst für Landeseinnahmen zu sorgen.

     

    Auch habe ich als Hesse absolut kein Verständnis dafür, dass wir hier Leistungen streichen müssen, die sich dann hochverschuldete Länder wie Berlin als Luxus leisten, bespielsweise Luxus-KiTa-Rund-um-die-Uhr-Betreuung.

     

    Ich bin für mehr Differenzierung bei den angestrebten Lebensverhältnissen. Es gibt nunmal reiche und arme Länder. Eine Angleichung braucht nur bis zu einem gewissen Grad zu erfolgen. Bundes-Einerlei hin zur Egalisierung ist nicht Sinn dieser GG-Regelung.

     

    Hoffentlich macht das Bundesverfassungsgericht diesem ungerechten Treiben bald ein Ende. Dann gibt es Neuverhandlung von einem neuen Start aus. Und dann muss auch über Saarland-Beihilfen und NRW-Kohleförderungszahlungen sowie Ost-Bundesländer-Förderung gesprochen werden, damit diese endlich gestrichen werden.

  • C
    Celsus

    Es gibt doch nur ein Bundesland, das bislang noch nie Hilfen von den anderen Ländern erhalten hat: Das ist Baden-Württemberg. Und das auch unabhängig von der gerade bestehenden Landesregierung. Es sind einfach die dortigen günstigen Strukturen.

     

    Ansonsten kann das Grundgesetz mit seinen Vorgaben für Förderalismus und gleichen Lebensverhältnissen in Deutschland einpacken, wenn jetzt der Finanzausgleich zwischen den Lädnern einem egoistischen Separatismus geopfert werden, der letztendlich zum Schaden der Länder würde, die jetzt noch so gut dastehen.

     

    Den Unmut des CDU-regierten Baden-Württemberg allerdings nicht die Zesche für das Finanzdesaster unter Landowski (CDU) in Berlin aufkommen zu wollen, kann ich zwar gut verstehen. Aber das ist dem blinden Vertrauen der Lemminge in ihre Führungspositionen geschuldet.

     

    Ein Ende der Schäden durch blindes Vertrauen sind noch nicht ersichtlich. Da wurde doch ein wichtiges Papier der CDU zur Wirtschaft noch vor kurzem in Mainz einstimmig durchgewunken. Überprüfungen auf Weisheit und zukunftsweisende Inhalte findet da nicht einmal statt.

  • M
    Marc

    Da kann ich die Bayern und ihre CSU ausnahmsweise mal gut verstehen. Wenn ich sehe wie die SPD und die Grünen hier in NRW das Land binnen weniger Monate vom Geber- zum Nehmerland umfunktioniert haben, dann kann man den Groll über die ungenierte Verschuldungspolitik verstehen. Zumal die Bayern für die Schuldenliesel Hannelore Kraft mit in Haftung genommen werden. Da würde ich auch aufbegehren.

  • JD
    jens daniel

    was die drei geberländer dezent unter den tisch fallen lassen in diesem zusammenhang ist der umstand das sie selbst die nicht eintreibung von steuern bei firmen und frieiberuflern durch quasi inexistente steuerfahndungs und betriebsprüfungskapazitäten der finanzverwaltungen zum weichen standortvorteil ausgebaut haben und so in eine steurliche schmutzkonkurrenz zu den ärmeren bundesländern treten.

  • M
    Martin

    Ja, ja die Bayern! Schreien mal wieder rum. Wenn es ein Bundelsand gibt, das mir gegen den Strich geht, dann ist es dieses selbstverliebte Bayern! Vo 1950 bis 1989 also 39 Jahre, haben sie Geld kassiert. Dann kam die Wende und Bayern hat sich gut entwickelt und nun wird rumgeschrien. Das Verhalten von BW und HE finde ich auch nicht viel besser (ich komme aus BW), aber mein Eindruck ist, dass die Bayern am lautesten jammern, wenn sie in der Pflicht sind.

  • R
    RIESENSEUFZER

    Diese Diskussion kommt auch wie das Murmeltier.

     

    Liebe Bayern,

     

    zahlt Ihr doch bitte erstmal die Milliarden, angemessen verzinst und Inflationsbereinigt zurück, die die BRD in Eure Kuhkäffer gestopft hat, damit Ihr heute von dem hohen Roß tönen könnt.

     

     

     

    Daß die CSU nicht mit Geld umgehen kann, sollte seit der Hyper-Alptraum-Adria/Bayern LB ja nun wirklich jeder Dorschulze kapiert haben.