Streit um Finanzausgleich: "Vertrauensbruch unter den Ländern"
Bayern, Baden-Württemberg und Hessen beraten heute über eine Klage zum Finanzausgleich. Thüringens Ministerpräsidentin Lieberknecht warnt vor dem Ende der Ländersolidarität.
BERLIN dpa/afp | Ungeachtet der geplanten Klage gegen den Länderfinanzausgleich hofft Bayern noch auf eine Reform des Systems auf dem Verhandlungsweg. Die Klage spiele zwar eine wesentliche Rolle, sagte der bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) am Montag im ZDF-Morgenmagazin. "Wir wollen aber die Klage nicht unbedingt bis nach Karlsruhe treiben, sondern wir sind daran interessiert, dass wir auch mit den anderen Ländern in die Debatte um ein besseres, um ein zukunftsgerechteres System einsteigen."
In Stuttgart treffen sich am Montag die schwarz-gelben Landesregierungen der drei Geberländer Bayern, Baden-Württemberg und Hessen zu einer gemeinsamen Kabinettssitzung. Dabei wollen sie über eine Klage gegen den Länderfinanzausgleich beraten, den sie als ungerecht und verfassungswidrig ansehen.
Die finanziell besser dastehenden Länder wollen sich laut Fahrenschon nicht aus der Verantwortung stehlen. "Solidarität ist wichtig, aber richtig verstandene Solidarität ist Hilfe zur Selbsthilfe." In den vergangenen 60 Jahren habe sich ein einziges Bundesland, nämlich Bayern, vom Nehmer- zum Geberland entwickelt.
Bayern habe früher selbst rund 9 Milliarden Euro erhalten und inzwischen etwa 35 Milliarden Euro in den Finanzausgleich eingezahlt. "Aus dieser Solidarität wollen wir uns nicht zurückziehen, aber wir verlangen, dass die anderen Länder ähnlich intensiv an einer besseren Position arbeiten." Einem System, das ein Land wir Berlin bestrafe, wenn es sich wirtschaftlich besser entwickelt, "kann die Zukunft nicht gehören", sagte der CSU-Politiker. "Mein Hauptargument ist, dass das bestehende System keine guten Ergebnisse produziert."
Derweilen hat Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) vor einer Verfassungsklage gegen den Länderfinanzausgleich gewarnt. Eine Klage, die derzeit von Bayern, Baden-Württemberg und Hessen geplant wird, wäre ein "Vertrauensbruch unter den Ländern", sagte Lieberknecht dem MDR Thüringen. Wer einzelne Steine aus dem deutschen Finanzsystem herausziehe, riskiere den Einsturz der Brücken zwischen den Ländern. Den drei Ländern warf Lieberknecht vor, keine "wahrhaftige Diskussion" über den Finanzausgleich zu führen.
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