Streit um Einfluss aufs ZDF: Landesfürsten draußen bleiben!
Minister, Abgeordnete, Landesfürsten – wer darf rein in die ZDF-Gremien? Darüber wird in der Rundfunk-Kommission verhandelt. Dabei wäre die Antwort ganz einfach.
BERLIN taz | Dass die Politik, vor allem die Regierungspolitik, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als ihr Eigentum begreift, hat niemand in den letzten Monaten so schön dargelegt wie der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU). Die SPD hält es – trotz aller entrüstet-gegenteiligen Beteuerungen am offenem Grab der ZDF-Chefredaktion – allerdings recht ähnlich. Daran lassen die Vorschläge, mit denen der Rheinland-Pfälzer Kurt Beck (SPD) nun in die Schlacht um die Reform des ZDF-Staatsvertrages zieht, keinen Zweifel.
Becks Chef der Staatskanzlei soll an diesem Mittwoch bei der Sitzung der Rundfunkkommission der Bundesländer einen Kompromiss zur künftigen Zusammensetzung des ZDF-Gremien verhandeln. Becks Vorschlag opfert zwar ein paar Politiker – und zwar so, dass vor allem die kleinen Parteien wie Grüne und Linke rausfliegen würden.
Auch der Bund, bislang mit drei Mitgliedern im ZDF-Fernsehrat plus dem Medienstaatsminister im Verwaltungsrat vertreten, soll weitestgehend verschwinden. Sogar die Ministerpräsidenten sollen sich fortan ein bisschen Einfluss versagen – allerdings nur bei der Benennung der Vertreter der sogenannten gesellschaftlichen Gruppen, bei der sie ebenfalls indirekt ihre Finger im Spiel hatten. Sich selbst ganz zurückzuziehen, steht nicht zur Debatte. Darauf aber käme es an.
Fazit: Selbst wenn Becks Vorschläge eins zu eins durchgehen – womit natürlich nicht zu rechnen ist –, bleibt der übergroße Einfluss der Landesregierungen in den ZDF-Gremien. Und im Verwaltungsrat sitzen weiter fünf Ministerpräsidenten.
Positiv ist immerhin, dass überhaupt diskutiert wird – aus Angst. Der Angst davor, dass die von Grünen und Linken eingetütete Überprüfung der Staatsferne beim ZDF durch das Bundesverfassungsgericht zu einer heftigen Korrektur aus Karlsruhe führt, an deren Ende die Landesfürsten vielleicht ganz draußen wären.
Dass derzeit für eine solche Klage noch ganze zwölf Stimmen aus dem Bundestag fehlen, macht die Sache aus Ländersicht nicht besser. Denn dass sich hier genügend Abweichler bei den Sozialdemokraten, der FDP oder gar im Unionslager selbst finden, die für den Gang nach Karlsruhe stimmen, gilt als sicher.
Doch damit wirklich etwas herauskommt, der Fall Koch/Brender nicht nur als schwere Beschädigung des öffentlich-rechtlichen Systems in die Rundfunkgeschichte eingeht, muss mehr passieren: Die Politik muss sich zu einem guten Stück selbst entmachten. Zumindest dies hat die SPD eingesehen und setzt sich mit ihrem hausgemachten ZDF-Doppelbeschluss selbst unter Druck: Scheitert der Becksche Vorstoß, zieht man auch ganz offiziell und geschlossen nach Karlsruhe.
Dabei haben die Sozialdemokraten sogar schon einmal die simpelste Lösung des Dilemmas praktiziert: Denn nichts spricht gegen Vertreter der Parteien in den Gremien von ARD und ZDF. (Es dürfen natürlich gerne weniger sein.) Aber Ministerpräsidenten, ihre Landesminister und Staatskanzlisten haben darin nichts zu suchen, so sieht es auch die Mehrheit der deutschen Rundfunkrechtler.
Schon einmal haben zwei SPD-LandesfürstInnen - darunter Heide Simonis (damals Schleswig-Holstein) auf ihren Sitz im ZDF-Verwaltungsrat verzichtet. Simonis schickte stattdessen den ehemaligen Verfassungsrichter Dieter Grimm als unabhängigen Experten. Das Beispiel sollte wieder Schule machen - und im reformierten ZDF-Gesetz zur Pflicht werden. Es müssen ja nicht immer Verfassungsrichter sein. Die kriegt man schließlich ja ohnehin schon per Klage in Karlsruhe.
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