Streit um Aquarium: Schwimmende Fettnäpfchen
Dem Bremerhavener Oberbürgermeister fallen die Fische auf die Füße: Ein geplanter Aquariums-Neubau sorgt für heftigen Ärger in der Stadtregierung.
Für Tiere ist in Bremerhaven die Städtische Wohnungsgesellschaft (Stäwog) zuständig. Ihr gehören zu 50 Prozent der Zoo am Meer GmbH, das schöne Grundstück direkt am Deich der Außenweser sowieso, auch konzeptionell mischt sie kräftig mit. Ihr aktuelles Projekt: Der Zoo am Meer soll für 1,5 Millionen Euro ein Aquarium bekommen. Das allerdings ist in Bremerhaven derzeit sehr umstritten.
Für Oberbürgermeister Melf Grantz (SPD), der seit 2011 eine rotgrüne Stadtregierung führt, ist die Causa Aquarium das erste größere Fett- beziehungsweise Fischnäpfchen. Die Pressekonferenz, zu der er Anfang der Woche zwecks Verkündigung des Neubaus geladen hatte, musste auf Druck der Regierungsfraktionen kurzfristig abgesagt werden. „Wir sind kein Abnickverein“, polterte SPD-Faktionschef Sönke Allers. In Bezug auf das Aquarium bestehe noch „enormer Beratungsbedarf“ – etwa über die Übernahme der Betriebskosten. In zwei Wochen sollte die Bremer Wirtschaftsdeputation die Kofinanzierung durch das Land beschließen. Doch das ist nun ebenso vertagt wie die Entscheidung in der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung.
Hinter der Frage der Betriebskosten steckt eine viel grundsätzlichere: Wie viel Fisch braucht die Stadt? Für ein Gemeinwesen mit dem Nickname „Fishtown“ kann es davon möglicherweise gar nicht genug geben, allerdings schwimmen wenige Meter vom Zoo am Meer entfernt bereits ziemlich viele im Klimahaus. Die dortigen Becken haben ein Volumen von einer Million Liter. Und das „Atlanticum“ im Schaufenster Fischereihafen beherbergt ebenfalls ein aufwändig gebautes Seewasser-Becken, in dem man Katzenhai & Co sogar von unten bestaunen kann.
Stäwog-Chef Christian Bruns begründet seine Aquariums-Initiative mit den Wünschen der Bremerhavener: Denen sei die Wiederkehr der Fische in den Zoo am Meer „eine Herzensangelegenheit“, quasi ein historisches Bedürfnis. Back to the roots heißt hier tatsächlich back to the fish: Keimzelle des Zoos sind etliche Fischtanks, die 1912 im Keller der benachbarten Strandhalle aufgestellt wurden. Die Betriebskosten von 70.000 Euro für das neue Aquarium will Bruns mit einer Preissteigerung von einem Euro pro Karte refinanzieren. Er sei „felsenfest überzeugt“, sagt Bruns, dass ein Zoo-Aquarium kein Überangebot an Fisch produziere, zumal das Klimahaus auf Südsee-, das „Atlanticum“ auf Speisefische spezialisiert sei. Im Übrigen gelte: „Richtige Aquarianer schauen sich auch drei Aquarien an.“
Arne Dunker, Geschäftsführer des Klimahauses, ist skeptischer. Auf Nachfrage verweist er darauf, dass die Stadt bei der Planung des 2009 eröffneten Klimahauses darauf bestanden habe, dort Aquarien einzubauen. 4,5 Millionen Euro wurden in die Wasserbecken investiert. „Ich halte es für diskussionswürdig“, sagt Dunker, „wenn drei Jahre später nebenan ein weiteres Aquarium gebaut werden soll.“ Ein Nordseebecken hat das Klimahaus übrigens auch.
Alle Fische zurück auf Start? Im Zoo und in der städtischen Pressestelle herrschen seit der Absage der Pressekonferenz Schweigen. Aber auch das passt ja zum Thema.
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