Streit mit Schalke 04: Magath will mehr einkaufen
Felix Magath ist zwar Trainer und Manager, aber auch das genügt ihm nicht. Nun attackiert er öffentlich den Aufsichtsrat, weil der ihm nicht genügend Geld für Spieler-Transfers genehmige.
GELSENKIRCHEN dpa | Trainer und Manager Felix Magath fühlt sich beim FC Schalke 04 in seinem Handlungsspielraum stark eingeschränkt und greift seinen Verein öffentlich an. Um die sportlichen Ziele beim Vizemeister nicht zu gefährden, müsse er kräftig in die Mannschaft investieren können.
"Ich sage: Wir brauchen etwa 30 Millionen Euro für die Verstärkung des aktuellen Kaders – um eine Mannschaft zu haben, die wieder einen Spitzenplatz belegen und in der Champions League die Gruppenphase überstehen soll", sagte der 56-Jährige, der im Interview mit dem kicker auf Konfrontationskurs mit dem Aufsichtsrat des Fußball-Bundesligisten geht.
Angesichts der finanziell angespannten Lage kann Magath auch im zweiten Jahr nicht so auf Einkaufstour gehen wie er es seinerzeit beim VfL Wolfsburg gewohnt war. Auf die Vorgabe des Aufsichtsrates um den Vorsitzenden Clemens Tönnies, erst Transfererlöse zu erzielen, bevor in Verstärkungen investiert werden kann, reagierte Magath nun "verwundert".
"Schließlich bin ich nicht nur Trainer und Manager, sondern auch Vorstand bei Schalke 04", erklärt Magath. "Und Entscheidungen, wann ein Club wie viel Geld wofür ausgibt, obliegen nach meiner Auffassung auch dem Vorstand." Entscheide allein der Aufsichtsrat, müsste er auch mehr in die Verantwortung genommen werden als in der Vergangenheit.
Erstmals beklagte Magath öffentlich, er habe bei seinem Amtsantritt einen "finanziell schlechtere Ausgangsposition vorgefunden" als ihm gesagt worden sei: "Unter diesen Bedingungen habe ich hochmotiviert gearbeitet. Aber es hat mich sehr viel Kraft gekostet", sagte Magath, der den Revierclub in der Liga auf Platz zwei und direkt in die "Königsklasse" führte. Er verwies auf die garantierten Mehreinnahmen von mindestens 20 Millionen Euro.
Nun Leistungsträger zu verkaufen, wäre laut Magath die "falsche Strategie". Mit dem Aufsichtsrat habe er über die 30 Millionen Euro noch nicht gesprochen, aber: "Das gab es noch nie, dass ein Verein sich für die Champions League qualifiziert und dann erstmal Spieler verkauft werden sollen." Er verwies darauf, dass man schon im Vorjahr fast nur Nachwuchsleute und ablösefreie Spieler holen konnte.
Unter anderem musste Magath nun Kevin Kuranyi nach Moskau ziehen lassen, weil Schalke mit dem Angebot der Russen nicht konkurrieren konnte. "Ich frage mich, wer die Verantwortung von Spielerverkäufen übernähme. Ich nicht. Es sei denn man nimmt bewusst in Kauf, dass die Mannschaft einen Mittelfeldplatz belegt und in der Champions League kein Spiel gewinnt."
Hintergrund von Magaths Verärgerung ist, dass er sich weiter jede Ausgabe über 300.000 Euro genehmigen lassen muss. Sein Vorhaben, über einen Millionen-Etat eigenständig entscheiden zu können, war in der Jahreshauptversammlung am 10. Mai gescheitert. "Mit Tönnies war klar besprochen, dass ich freie Hand habe. Das war für mich eine wesentliche Voraussetzung für meine Arbeit auf Schalke."
Doch was keiner glaubte, trat ein: Die Mitglieder stimmten einer entsprechenden Satzungsänderung nicht zu. "Für mich besteht jetzt die Ungewissheit, ob ich meine Arbeit so weitermachen kann wie bisher. Schließlich stehe ich auch als Vorstandsmitglied in der Haftung."
Die Frage, ob er die Grundlage seiner Arbeit auf Schalke so sehr gefährdet sehe, dass er einen Rücktritt erwäge, beantwortete Magath zunächst ausweichend, und sagte dann: "Klar ist, meine Arbeit wird erschwert. Wir werden sehen, wer dafür die Verantwortung übernimmt. Ich übernehme Verantwortung gerne, wenn ich auch verantwortlich entscheiden kann."
Angesichts der ihm angelegten Fesseln sieht Magath sein Ziel, bis 2013 die Meistschale nach Gelsenkirchen zu holen, nicht mehr als realistisch an. "Das Versprechen, hätte ich mit dem aktuellen Wissensstand so nicht gegeben. Grundlage war die Annahme, dass ein niedriger zweistelliger Millionen-Betrag fehlt und mir volle Entscheidungsfreiheit zugesagt war."
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