Streit der Woche: Brauchen wir die Pille noch?

Sie brachte die sexuelle Revolution: Die Antibabypille, zugelassen vor 50 Jahren. Millionen Frauen verhüten mit ihr, nehmen Verantwortung auf sich - und Risiken. Aber brauchen wir sie noch?

In Deutschland ist die Pille das Verhütungsmittel Nummer eins. Bild: dpa

Im Mai gibt es die Pille schon fünfzig Jahre. Denn am 9. Mai 1960 erteilte die US-Gesundheitsbehörde der ersten Antibabypille „Evonid“ die Zulassung. Wenige Monate später kam sie auf den Markt und im Juni 1961 begann Schering in Deutschland mit dem Verkauf der Pille „Anovlar“, die in den ersten Jahren nur verheiratete Frauen als Mittel gegen Menstruationsstörungen erhielten. Seit 1965 konnten ostdeutsche Frauen die so genannte Wunschkindpille einnehmen.

„Die Pille ist ein Meilenstein in der Geschichte der Emanzipation“, sagt Frauenrechtlerin Alice Schwarzer in einem dpa-Interview. Sie gehöre zu der Frauengeneration, die die ersten Jahre noch ohne Pille erlebt habe: voller Angst vor einer ungewollten Schwangerschaft, beschreibt Schwarzer.

Die Pille befreite die Frauen von dieser Angst, sie koppelte die Sexualität von der Fortpflanzung ab - die sexuelle Revolution. Frauen können selbst entscheiden, ob und wann sie Kinder bekommen wollen. Als „Pillenknick“ wird der Geburtenrückgang in den Industriestaaten zu Beginn der Siebzigerjahre bezeichnet.

In Deutschland ist die Pille das Verhütungsmittel Nummer eins. Sie gilt statistisch als sicherstes Verhütungsmittel: Von 100 Frauen, die die Pille ein Jahr lang nehmen, werden laut pro familia 0,1 bis 0,9 Frauen schwanger. 55 Prozent der verhütenden Frauen in Deutschland vertrauen laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) darauf und schlucken täglich ein Antikonzeptivum. So bleibt die Verhütung meist Frauensache. Die Männer drücken sich vor der Verantwortung, die Frauen nehmen dagegen gesundheitliche Risiken auf sich.

Im Sommer 2009 sorgte der Tod einer sechzehnjährigen Schweizerin für Schlagzeilen, die an einer Lungenembolie verstarb – zehn Monate zuvor hatte sie angefangen, die Antibabypille „Yaz“ von Bayer-Schering zu nehmen. Thrombosen und Lungenembolien sind laut Bayer seltene, aber bekannte Komplikationen in Verbindung mit weiblichen Sexualhormonen. Das individuelle Thrombose-Risiko einer Frau werde durch ihre persönlichen Risikofaktoren bestimmt.

Zu den harmloseren Nebenwirkungen zählen Stimmungsschwankungen, Gewichtszunahme oder Migräne. Zudem kann die Pille etwas nicht, was das Kondom leistet: Den Schutz vor dem HI-Virus, der erst in den Achtzigerjahren entdeckt wurde.

Nach fünfzig Jahren wird über Nutzen und Risiken der Pille neu nachgedacht. Was meinen Sie – brauchen wir die Pille noch?

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.