piwik no script img

Streit der WocheDGB für Siesta in Deutschland

Wer mittags schläft, macht weniger Fehler, sagt ein Schlafforscher. Deshalb wäre auch Annelie Buntenbach vom DGB für die Einführung eines Pausennickerchens.

Macht der Herr gerade einen Mittagsschlaf? Oder ist er sowieso im Urlaub? Bild: ap

BERLIN taz | DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach spricht sich im aktuellen sonntaz-Steit für die Einführung einer Siesta in Deutschland aus. "Auch wenn die Siesta in vielen südeuropäischen Staaten nicht mehr selbstverständlich ist, weil auch dort in klimatisierten Räumen gearbeitet wird, ist sie auf jeden Fall gesund", schreibt die Gewerkschafterin.

"Ein kurzer Mittagsschlaf senkt zum Beispiel das Herzinfarktrisiko und sorgt für neue Energie", stellt Buntenbach fest. Unternehmen wie BASF und Hornbach würden bereits jetzt Räume für Schlafpausen zur Verfügung stellen und von ausgeruhten Mitarbeitern profitieren.

Jürgen Zulley, Professor für Biologische Psychologie an der Universität Regensburg, stimmt Buntenbach zu: "Eine Mittagsruhe überbrückt eine leistungsarme Zeit mit einem erhöhten Risiko für Fehler und wir reagieren anschließend schneller, sind aufmerksamer, unser Gedächtnis ist besser und wir sind auch noch besserer Laune."

Bild: taz

Den kompletten Streit der Woche und weitere interessante Artikel lesen Sie in der sonntaz vom 16./17. Juli 2011 – ab Sonnabend zusammen mit der taz an ihrem Kiosk oder am eKiosk auf taz.de. Die sonntaz kommt auch zu Ihnen nach Hause: per Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz

Die Siesta sei in Deutschland noch bis zur Industrialisierung die geeignete Gegenmaßnahme gewesen, um das biologische Mittagstief zu überwinden. Laut dem Schlafforscher sollte die Mittagsruhe allerdings nicht länger als 30 Minuten dauern. "Schläft man länger, kehrt sich alles ins Gegenteil um, und den Rest des Tages kann man so ziemlich vergessen."

Widerspruch gibt es dagegen vom Präsidenten des Vereins zur Verzögerung der Zeit, Erwin Heller. "Es würde ein Patchwork-Tag entstehen, der die Rhythmen und das Zusammensein der Familien endgültig zerstört. Papi arbeitet spät – da muss Mami wohl wieder die Kinder ins Bett bringen", schreibt der Rechtsanwalt in der sonntaz. Die Siesta in Spanien sei ohnehin längst zu einer Zeit verkommen, in der die Menschen Fernsehen schauten, anstatt zu ruhen.

Außerdem debattieren im Streit der Woche in der sonntaz: Maria Wonisch von der Steiermärkischen Sparkasse, wo der Mittagsschlaf der Arbeitnehmer aktiv gefördert wird, der Fünfjährige Juri, der findet, dass Mittagsschlaf etwas für Weicheier ist, und taz-Leserin Marion Terasa, die den Streit der Woche auf taz.de kommentierte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • A
    Annelies

    P. S.

     

    Hektik ist noch lange nicht Dynamik!

    Und Geist läßt sich nicht am Fließband produzieren!

     

    Diese beiden Erkenntnisse stammen von mir und der Beobachtung meiner Vorgesetzten, die stets auf Tempo bei sich selbst und bei anderen, ihren Angestellten gedrückt haben.

  • A
    Annelies

    Ich verachte freie, demokratische und völlig unabhängige Gewerkschaften nicht! Wirklich freie, demokratische und völlig unabhängige Gewerkschaften sind sehr wohl ganz wichtige Partner bei der im Grundgesetz garantierten Tariffreiheit und Tarifhoheit, Arbeitsplatzgestaltung und den auszuhandelnden Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten, ob gewerkschaftlich organisiert oder nicht. Und Gewerkschaften haben mit dafür gesorgt, daß wir in Deutschland ein Streikrecht, ein Demonstrationsrecht und Versammlungsrecht haben. Kapiert? Sie sind ohne Zweifel ein Gegengewicht zur Macht und zum Diktat des Kapitals bzw. mächtiger Unternehmens- und Betriebsstrukturen, auch wenn diese Macht in den letzten 30 Jahren durch neoliberale Kräfte sehr beschnitten und verunglimpft wurde.

     

    Schaut mal in andere osteuropäische und außereuropäische Länder, in denen die Bildung von Betriebsräten, von Gewerkschaften strikt verboten sind! In denen engagierte Gewerkschafter gejagt, verfolgt, gefoltert und getötet werden.

     

    Zurück zu Deutschland. Gewerkschaften sind wie alle anderen Interessenverbände wesentliche Teile der Zivilgesellschaft wie Anti-Atom-Bewegung, Verbraucherschutz, Umweltschutz usw.

     

    Selbstverständlich bleiben Gewerkschafter von Korruptionsgelüsten, Mißbrauch ihrer Macht und von schlimmen privaten und öffentlichen Skandalen nicht verschont und stehen deshalb in großer Kritik.

     

    Jetzt zur "Siesta" von Annelie Buntenbach vom DGB. Die Frau ist in Ordnung. Mit "Siesta" ist nicht Schlaf, Tiefstschlaf oder vollkommenes "Wegtreten" gemeint, sondern Erholung, mal kurzes Abschalten vom hektischen Trott am Arbeitsplatz. Es bedarf auch nur eines Ruhepäuschens, eines kurzen Spaziergangs draußen ums Karree und/oder vor allem einer guten halben Stunde für das Mittagessen in Ruhe und nicht in aller Schnelle mit Fastfood. Dieses hastige und schnelle Hineinschaufeln von Nahrungsmitteln ist nicht gerade gesund und nicht konzentrationsfördernd. Die Franzosen machen es da viel richtiger, die nehmen sich Zeit zum Mittagessen und nutzen diese nicht unbedingt für Arbeitsgespräche! Bei den Franzosen und Italienern ist Essen, gehört das Speisen noch immer eine K u l t u r !!! Nicht so bei den Deutschen, Engländern, Schweden und sonstigen Nordlichtern.

     

    Das ist mit "Siesta" gemeint bzw. habe ich so verstanden. Dann dauert der Arbeitstag eben eine halbe Stunde länger. Na, und? Sie bringen Ihren Kindern ja auch frühmorgens oder mittags oder abends bei, das Essen langsam und in Ruhe zu kauen und nicht in 5 Minuten hinunterzuschlingen! Das verursacht übrigens Magengeschwüre, Nervosität und mangelnde Konzentration auch in der Schule, während des Schulunterrichts oder in den Mensen der Universitäten etc. etc. etc.

  • A
    Alexander

    Die Idee an sich ist erstmal gut, aber es sollte von vornherein geklärt werden, wie sich das auf die Gesamtarbeitszeit im Sinne von "Anwesenheit im Unternehmen" auswirkt.

    Die Bezahlung von Pausen ist schließlich unüblich bis nichtexistent. Wer also einen 8h-Arbeitstag hat ist aufgrund der halbstündigen Mittagspause bereits jetzt de facto 8,5 h anwesend (vom Arbeitsweg selbstverständlich erst gar nicht zu reden...)

     

    Wenn man jetzt noch eine halbe Stunde Schlafpause macht, also insgesamt eine Stunde Pause (denn man wird das Mittagessen vor dem Mittagsschlaf ja nicht ausfallen lassen), darf man das dann auch nochmal schön hinten anhängen und ist damit bereits zu 9 h Arbeitszeit verknack?

    Oder wird zwar der Raum zur Verfügung gestellt, Pause hat man aber trotzdem nur eine halbe Stunde und kann sich dann individuell zwischen Essen und Schlafen entscheiden?

     

    Klingt in meinen Ohren alles ziemlich beschissen. Wenn schon Mittagsschlaf, dann muss er auch bezahlt sein.

  • TE
    ThoMas Eder

    Diese Vollpfosten der Gewerkschaft sollten sich lieber darum kümmern,

    dass wir nicht alle noch malochen dürfen wenn wir längst schon

    Unsere Brötchen durch die Schnabeltasse lutschen.

    Aber da ist ja wieder mal Funkstille

    ....."Kopfschüttel"

  • M
    Mike

    Auch wenn ich Gewerkschaften zutiefst verachte, da sie sowohl gegen die Unternehmen wie auch gegen die Arbeitnehmer kämpfen und nur ihre eigenen Funktionärs-Interessen vertreten (Herr Sommer verdient ja z.B. ca. drei Mal so viel wie die Bundeskanzlerin), so muss ich doch sagen, dass der DGB hier recht hat.

     

    Jetzt erst mal schlafen gehen.

  • UM
    Uli Moll

    was denn noch?

     

    Regelungswut bei Gewerkschafterin - verordnete Mittagsruhe, 50ger Jahre - hätte die Dame etwas mehr geschlafen, hätte sie nicht so gepennt beim Pressetermin.

    Schnarchkatze ...

  • DA
    Der Analogist

    BASF ist schlau und finanzstark. "Lass sie schlafen, damit sie danach noch leistungswilliger sind." Und das ganze hat eine menschliche Note. Da kommen Kapitalismus und Humanismus ausnahmsweise einmal zusammen. Voilà!!

  • A
    aurorua

    ...mehr DEMOKRATIE wagen, hätte Willy gesagt...

     

    Das diese Politiker die nur noch am Volk vorbei in die Taschen der Reichen und Superreichen regieren, gerade bei jungen Menschen, oft auch systembedingt chancenlosen Menschen, Radikalisierungstendenzen schüren ist doch nur normal.

  • A
    aurorua

    Die deutschen Gewerkschaften lassen seit fast dreißig Jahren immer mal wieder einen "gutgemeinten Spruch" ab, passieren tut nichts. Seit über 10 Jahren Reallohnverlust, Dumpinglöhne, Zeitarbeitsversklavung, ein Euro Harzer ohne wirkliche Arbeitnehmerrechte, Armutsrenten sukzessiver Abbau von Arbeitnehmerrechten unter dem Stichwort Flexibilität (für die Bosse), tolle gewerkschaftliche Errungenschaften.

    Wo ist die 35 Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich, wo ist gleicher Lohn für gleiche Arbeit, wo ist die Begrenzung der Überstundenzahlen, wo ist der gesetzliche Mindestlohn, und was noch alles wollten diese Gewerkschaften in den letzten dreißig Jahren erreichen. Alles nur fromme Wünsche und taube Sprüche. Viel gegen stetige Ausbeutung und Sozialabbau geredet, faktisch jedoch nichts getan, außer die eigenen Besitzstände gewahrt in Eintracht mit den immer dreister werdenden Unternehmern.

    Als wenn es nicht längst an der Zeit wäre die permanente Umverteilung von UNTEN nach OBEN nicht nur zu stoppen sondern auch umzukehren.

    Aber diesem verschlafenen Haufen von Gewerkschaften fällt nichts besseres ein als der Wunsch nach einem Mittagsschläfchen. GENERALSTREIK in Verbindung mit einschneidenden Forderungen ist angesagt und nicht Mittagsschläfchen!