piwik no script img

Streit der LinksparteiBerliner Linke wollen mitreden

Landeschef Lederer fordert offene Debatte nach Wahlniederlagen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Richtungskampf in Brandenburg.

Da hilft nur beten: Die Linkspartei-Bundesvorsitzenden Lötzsch und Ernst. Bild: DAPD

Aus dem Linken-Konflikt zwischen den ostdeutschen Reformern und den Bundesvorsitzenden Gesine Lötzsch und Klaus Ernst hat sich der Berliner Landesverband zuletzt herausgehalten. Nun aber fordert auch Landeschef Klaus Lederer mehr Offenheit in der Parteidebatte.

In einem Brief, den der 37-Jährige zusammen mit seinen Kollegen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern unterzeichnet hat, heißt es: "Die Wahlen in Baden-Württemberg haben vor Augen geführt, wie schnell eine Partei mit noch so klaren Positionierungen unter die Räder kommen kann, wenn sie in den Augen der Bürgerinnen und Bürger für reale Politik(veränderung) nicht gebraucht wird."

Die Forderung der Reformer lautet daher: Weg von der Fixierung auf das Thema soziale Gerechtigkeit. Dieses Anliegen teilen auch 50 Kreischefs, die in einem Brief an Lötzsch und Ernst forderten, nach den jüngsten Wahlniederlagen nicht einfach zur Tagesordnung überzugehen. Nachdem sich die Parteispitze zunächst weigerte, mit der Basis zu diskutieren, wird es nun am 25. Juni zu einer Konferenz mit den Kreisvorsitzenden kommen. Die Wahlniederlagen am 27. März hatte Lötzsch einseitig auf die Ereignisse in Japan zurückgeführt.

Auch in Brandenburg formiert sich Kritik. Gerrit Große, Landtagsvizepräsidentin und Kreischefin der Linken in Oranienburg, sagte der Märkischen Allgemeinen: "Ich teile die Unzufriedenheit mit der bisherigen Auswertung der Wahlergebnisse." Große kritisiert auch den eigenen Wirtschaftsminister Ralf Christoffers für dessen Haltung zur Energiepolitik. "In Brandenburg sind wir da nicht ganz glaubwürdig." Im Gegensatz zur Parteibasis hat die Linke im Koalitionsvertrag mit der SPD dem Aufschluss weiterer Tagebaugebiete zugestimmt - wenn die CCS-Technologie zur unterirdischen Verklappung von CO2 erfolgreich ist.

Im Berliner Landesverband der Linken herrscht derweil Unverständnis über die Andeutung des Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Gregor Gysi, Oskar Lafontaine könnte an die Parteispitze zurückkehren. "Das wäre bestimmt die schlechteste Lösung", sagte ein führendes Parteimitglied am Rande der Landesvertreterversammlung am Samstag. Eine weitere Demontage der bisherigen Parteispitze wollen die Genossen vermeiden. Der Grund: Würde Gesine Lötzsch sogar aus dem eigenen Landesverband in Frage gestellt, könnte auch in Berlin der Flügelkampf zwischen Realos und Fundis wieder ausbrechen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

2 Kommentare

 / 
  • S
    Schneider

    Lederer kommt mir vor wie die junge Garde bei der FDP.

    Immer geht es um Machtansprüche aber weniger um Inhalte.

    Lederer sollte sich um die Probleme in den Berliner Stadtbezirken kümmern!

  • W
    Weinberg

    Ich erinnere den Berliner Chef-Linken Klaus Lederer daran, dass seine Partei demnächst André Brie, einen Stasi-Spitzel der übelsten Sorte, als Abgeordneten in den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern entsenden will. Dieser „Reformer“ war (ganz im Sinne von Oskar Lafontaine) nicht mehr für das Europaparlament nominiert worden. Jetzt haben sich offenbar alte SED-Kader bemüßigt gefühlt, Brie „Wiedergutmachung“ in der Form zukommen zu lassen, dass sie in auf Platz 8 der Landesliste gehievt haben.

     

    Wenn Lederer die Seilschaften um André Brie als „Reformer“ bezeichnet, dann ist dies seine Sache. Im Westen der Republik wird ihm dies garantiert für seine Reputation nicht dienlich sein.

     

    Im Übrigen ist anzumerken, dass die frühere PDS im Westen überhaupt keine Rolle spielte. In Baden-Württemberg trat die PDS bei den Landtagswahlen 2001 und 2006 überhaupt nicht an, während die damals erst gegründete WASG 2006 einen Stimmenanteil von 3,07 Prozent verbuchen konnte. Bei Landtagswahl 2011 erreichte die Linkspartei immerhin noch 2,8 Prozent.

     

    In Rheinland-Pfalz erreichte die PDS bei der Landtagswahl 2001 nur kümmerliche 0,04 Prozent. Im Jahr 2006 schaffte die WASG aus dem Stand 2,6 Prozent und 2011 entfielen auf die Linkspartei 3,0 Prozent.

     

    Die Gründe für das vergleichsweise schlechte Abschneiden bei den beiden Landtagswahlen waren zum Teil hausgemacht (insbesondere durch parteiinterne Streitereien in Rheinland-Pfalz), andererseits profitierten die Grünen von dem Super-GAU in Japan.

     

    Mit Blick auf die früheren Wahlergebnisse der PDS im Ländele und der Pfalz sollte der liebe Herr Lederer tunlichst ganz kleine Brötchen backen. Insbesondere sollte er sich die Frage stellen, warum die PDS in den beiden Ländern früher faktisch eine NULL-Prozent-Partei war.