Streik: Für die Taxis ist schon wieder Weihnachten
Die Taxifahrer machen wegen des Streiks bis zu 70 Prozent mehr Umsatz - stehen aber häufig selbst im Stau
Die Taxifahrer gehören zu den Gewinnern des Streiks bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG). "Alles, was gelb ist, fährt", sagt Uwe Gawehn von der Taxiinnung Berlin. Er schätzt, dass die Unternehmen 30 Prozent mehr Aufträge haben als in normalen Zeiten. "In Spitzenzeiten hatten wir sogar 70 Prozent mehr Aufträge als sonst." Vor allem die Touristikmesse ITB habe den Fahrern vergangene Woche zusätzliche Umsätze beschert. Das größte Plus machen sie laut Gawehn morgens sowie in den späten Nachmittagsstunden, also in den Stoßzeiten des Nahverkehrs.
Laut Gawehn sind von den 6.800 in Berlin zugelassenen Taxen rund 5.000 unterwegs. Damit seien rund 1.000 Fahrer mehr auf den Straßen als in Zeiten ohne Streik. Und das könne gerne noch eine Weile so weitergehen. "Wir können den Streik wochenlang durchhalten", ist sich Gawehn sicher. Fahrermangel bestehe nicht. In Berlin haben etwa 14.000 Personen den sogenannten P-Schein, der zum Taxifahren berechtigt.
Auch der Taxiverband Berlin-Brandenburg ist mit dem Streik zufrieden. "Die Stimmung unter den Fahrern ist sehr gut", sagt der Vorsitzende Detlev Freutel. Er rechnet mit einem Mehrumsatz von 50 bis 70 Prozent seit Streikbeginn. Nach seiner Schätzung sind sogar ungefähr 6.500 Taxen unterwegs - genaue Zahlen gibt es nicht, da niemand überschauen könne, ob die vielen Ein-Mann-Taxiunternehmen im Einsatz seien. Freutel ist sich aber sicher: "Wenn es läuft, sind alle draußen." Und derzeit sei die Auslastung mit Weihnachten oder Silvester vergleichbar.
Die Fahrgäste seien ebenfalls guter Stimmung. "Die meisten sind sehr entspannt", sagt Freutel. "Sie wissen, dass der Streik nicht unsere Schuld ist." Dabei müssen die Kunden mit längeren Wartezeiten rechnen. Sogar die Taxiinnung gibt zeitweilige Wartezeiten von bis zu 20 Minuten zu. Schuld sei vor allem die Überlastung der Telefonzentralen. Vorbestellungen sind derzeit nur bis zu einem bestimmten Kontingent möglich. Außerdem sei es schwierig, eine freie Leitung zu bekommen. Eine Alternative seien jedoch die 300 Halteplätze für Taxen in Berlin. "Davon haben 145 eine Rufsäule. Darüber können Kunden direkt Kontakt zu den Fahrern aufnehmen", sagt Freutel.
Nicht nur die Wartezeit, auch die Fahrdauer verlängert sich durch den Streik. "Die Taxen haben durch den dichten Verkehr längere Umlaufzeiten", so Gawehn. Vor allem an Verkehrsknotenpunkten wie Flughäfen oder dem Hauptbahnhof seien die Straßen verstopft. "Aber auch, wer etwa morgens aus Neukölln über den Hermannplatz will, hat Pech gehabt", sagt Freutel. Für die längere Fahrzeit müssen die Kunden laut Freutel in der Regel jedoch nicht zahlen. Die Taxen arbeiten mit einer "Wartezeit-Unterbrechung". Sobald das Auto hält, steht das Taxameter eine Minute lang still. Nach Ablauf der Minute wird der Fahrpreis weiter berechnet. Es komme aber selten vor, dass ein Taxi länger als eine Minute am Stück halte, so Freutel. LISA THORMÄHLEN
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