piwik no script img

Archiv-Artikel

Streik gegen Gebühren

Um das Bezahlstudium noch aufzuhalten, beschließt Uni-Vollversammlung zweitägigen Warnstreik. Gemeinsame Demo mit Lehrergewerkschaft

„Wir lassen unseren friedlichen Protest nicht kriminalisieren“

Von Eva Weikert

Gegen die Studiengebührenpläne des Senat wollen Studenten der Universität nächste Woche in den Warnstreik treten. Das hat gestern die Uni-Vollversammlung beschlossen. Zuvor hatten mehrere Vertreter von hochschulpolitischen Gruppen auf die Folgen des Bezahlstudiums verwiesen. Dieses verstärke die soziale Auslese im deutschen Bildungssystem zu Ungunsten ärmerer Menschen drastisch, so der Konsens unter den Rednern. In Erwartung, dass die Studenten ihre Forderung nach gebührenfreier Bildung spontan auf die Straße tragen, hatte die Innenbehörde rund 200 Polizeibeamte um den Campus postiert.

Der Antrag des AStA auf einen Warnstreik wurde von der großen Mehrheit der rund 500 Studenten im Audimax angenommen. Für die Streiktage – nächsten Donnerstag und Freitag – plant die Studentenvertretung Seminare und Informationsveranstaltungen über Auswirkungen von Studiengebühren.

Gleichzeitig seien „Aktionen in der Stadt“ geplant, „damit jeder mitbekommt, dass wir mit den Senatsplänen nicht einverstanden sind“, so AStA-Referentin Janine Wagener. Die Wut der Studierenden sei groß, weil die Bedingungen an der Uni, etwa durch Professurenabbau und die „Entdemokratisierung“ der universitären Gremien, schon ohne Gebühren „immer unerträglicher“ würden. Wie ein Kommilitone ergänzte, stammten bereits heute nur elf Prozent aller Hochschüler in der Republik aus bildungsfernen Schichten. Mit Gebühren werde ihre Zahl weiter schrumpfen „und Deutschland in dieser Hinsicht das asozialste Land in Europa bleiben“, warnte er und erntete lauten Beifall.

Das Streik-Programm sollen Arbeitsgruppen in den Fakultäten entwickeln, kündigte AStA-Vorstand Janna Schumacher an und rief ihre Kommilitonen zur Mitarbeit auf. Zugleich warb sie für die Teilnahme an einer weiteren Demonstration gegen das Bezahlstudium, die gemeinsam mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft am Samstag, den 17. Dezember, initiiert werde.

Die Vollversammlung stand unter Beobachtung der Polizei. Die Innenbehörde hatte zwei Hundertschaften zum Campus geschickt – in Erwartung eines spontanen Zugs der Studenten vor das Rathaus, wo gestern die Bürgerschaft tagte, so ein Polizeisprecher. Eine solche Aktion aber blieb aus. Der AStA gab an, zwei Beamte aus dem Audimax verwiesen zu haben und protestierte „gegen die Kriminalisierung unserer friedlichen Proteste“. Für das gestrige Polizeiaufgebot gebe es keine Grundlage. Erst vorige Woche war die Polizei bei einer Studentendemonstration in der Innenstadt brutal mit Schlagstöcken und Pfefferspray gegen Teilnehmer vorgegangen.

Unterdessen hat sich die Landeshochschulkonferenz (LHK) dafür ausgesprochen, die Einführung von Studiengebühren zu verschieben. Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) will die Lehrstellen verpflichten, schon ab Wintersemester 2006 alle Erstsemester und ein halbes Jahr später alle übrigen Immatrikulierten zur Kasse zu bitten.

Um den Verwaltungsaufwand zu mindern und den Hochschulen mehr Zeit für die Vorbereitung zu geben, so die Uni-Pressestelle, habe die LHK jetzt einstimmig gegen die gesplittete Gebühreneinführung votiert und einen allgemeinen Start für das Sommersemester 2007 gefordert. Das Votum hat indes für Dräger keine bindende Wirkung.