: Stolpe vor endgültiger Entlastung?
■ Der Berichtsentwurf des Untersuchungsausschusses sieht keine Anhaltspunkte für Stasi-konforme Stasi-Zusammenarbeit
Potsdam (dpa) –Der brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) wird im Entwurf für den Abschlußbericht des Stolpe-Untersuchungsausschusses weitgehend von dem Vorwurf der Stasi-Mitarbeit entlastet. In dem 220-seitigen Entwurf heißt es, Stolpe habe zwar als Kirchenjurist von Mitte der 60er Jahre bis einschließlich 1989 „bewußt und gewollt“ Kontakte zum Staatssicherheitsdienst unterhalten und sich „auf konspirativem Wege“ mit Stasi-Mitarbeitern getroffen; unbestritten sei jedoch, daß Stolpe nach dem Verständnis des MfS die konspirativen „Spielregeln“ verletzt und bewußt das Gegenteil provoziert habe.
In dem vom Auschußvorsitzenden Lothar Bisky (PDS) vorgelegten Entwurf, gilt als erwiesen, daß Stolpe als Inoffizieller Mitarbeiter „Sekretär“ bei der Staatssicherheit registriert war. Nicht nachgewiesen worden sei, daß Stolpe von Registrierung und Decknamen wußte. Auch eine schriftliche oder anderweitige Erklärung Stolpes zur ausdrücklichen Stasi-Mitarbeit wurde nicht nachgewiesen.
Nicht zu verifizieren sei außerdem der Vorwurf, Stolpe sei auf Vorschlag der Stasi mit einer DDR-Verdienstmedaille ausgezeichnet worden. Als weiteres Ergebnis der Beweisaufnahme stellt der Bericht fest, daß Stolpe Inhalte von Gesprächen mit bundesdeutschen Politikern nicht unbefugt an staatliche Stellen und die SED weitergab. Zudem gebe es keine Anhaltspunkte dafür, daß Stolpe der Stasi Psychogramme westdeutscher Politiker lieferte.
Stolpe habe, so der Bericht, keine kirchenfremden oder der Kirche schadenden Verhandlungspositionen vertreten. Demgegenüber wirft der ostdeutsche Theologe Erhart Neubert, Berater der Bündnis-Fraktion im Untersuchungsausschuß, Stolpe Verrat an der Kirche vor. In einem Gegengutachten, das zeitgleich mit dem Abschlußbericht des Ausschusses vorgelegt werden soll, bestreitet Neubert den von Stolpe immer wieder behaupteten kirchlichen Auftrag: Eine Generalvollmacht der DDR-Bischöfe für Stolpes Stasi-Kontakte habe es nicht gegeben.
Die brandenburgische FDP, Koalitionspartner im Potsdamer Ampelbündnis, wertete den Berichtsentwurf gestern als „eindeutige Entlastung“ des Regierungschefs. Es sei nicht nachgewiesen worden, daß Stolpe jemandem durch seine Stasi-Kontakte geschadet habe. Die CDU kündigte dagegen an, weitere Beweisanträge zu stellen.
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