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■ In Brandenburg blickt keiner mehr durch. Doch die Regierung in Potsdam bleibt weiter stabilStolpe ampelt weiter

Die Ampelkoalition ist tot, es lebe die Ampelregierung. Deutet man die Rauchzeichen aus Potsdam richtig, wird das Kabinett von Ministerpräsident Manfred Stolpe unverändert weiteramtieren, obwohl ihm im Streit um dessen Stasi-Vergangenheit gerade eine der drei Koalitionsfraktionen abhanden gekommen ist. Genauer betrachtet: Die beiden Regierungsmitglieder Mathias Platzeck und Roland Resch haben die Fraktion verlassen, relativ zumindest, denn beide waren formell ohnehin keine Fraktionsmitglieder, hatten vielmehr einen Sonderstatus, sprich Stimmrecht in der Versammlung der vier „Bündnis“-Abgeordneten. Künftig werden Minister Platzek (parteilos) und Minister Resch (Bündnis 90/Die Grünen) ihren Amtsgeschäften also nachgehen, ohne sich mit der Fraktion zu beraten.

Warum auch nicht? Gemeinsame Parteizugehörigkeit verbindet weder die Minister untereinander noch diese mit ihren ehemaligen, informellen Fraktionskollegen. Denn die Fraktion unter dem Namen „Bündnis“ ist eine Formation sui generis, weder zu verwechseln mit der Partei Bündnis 90/Die Grünen noch mit dem Brandenburger Bürgerbündnis, der Abspaltung des Bündnis 90, die die Vereinigung mit den Grünen nicht mitvollziehen wollte. Egal. Die Minister bleiben, Stolpe muß sich nicht weiter mit Günter Nooke als Chef einer seiner Koalitionsfraktion herumschlagen, und Nookes Vorwürfe in Sachen Stasi-Vergangenheit beeinträchtigen nicht länger die Regierungsgeschäfte.

Oder ist alles doch ganz anders? Haben sich die beiden Minister von der Fraktion losgesagt, damit Manfred Stolpe behaupten kann, er regiere fortan mit zwei unabhängigen Experten, während sich Günter Nooke weiter als Fraktionschef der – jetzt informellen – Koalitionsfraktion „Bündnis“ fühlen darf? Wird er Stolpe die notwendigen Stimmen verschaffen, die dieser zum Weiterregieren benötigt, eine Unterstützung also, die der Ministerpräsident nicht länger von Leuten in Anspruch nehmen wollte, die seine Integrität in Zweifel ziehen? Wir wissen es (noch) nicht. Manfred Stolpe setzt neuerlich Maßstäbe beim Handling kompliziert durcheinandergehender Interessenlagen. Eins jedenfalls zeichnet sich ab: Ampeln sind – ganz entgegen ihrem Ruf der Unberechenbarkeit – doch recht verläßliche, zumindest zählebige Veranstaltungen. Matthias Geis

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