■ Stoiber wird Strauß' Nachfolger: Schönhuber, wir kommen!
Da hat die CSU der SPD aber gerade noch einmal gezeigt, was eine Harke ist. Von wegen Mitgliedermitbestimmung, Urnenwahl, Sonderparteitag: dem dynamischen Stoiber gelang innerhalb von zwei Wochen, was in der SPD auch für Schröder nicht möglich war – der komplette Durchmarsch. Damit kommt in der CSU jetzt einer aus der Enkelgeneration an die Macht, der genau dem Zeitgeist entspricht. Stoiber verspricht Orientierung, er tut so, als wüßte er, wo's langgeht, er hat genügend Chuzpe, um in allen Schlammschlachten mitzuschmeißen, und er ist der einzige, der die CSU wieder auf Trab bringen kann. Und dafür ist es wahrhaftig allerhöchste Zeit. Erstmals seit Jahrzehnten droht der Partei nicht nur bundesweit ein erheblicher Bedeutungsverlust, sondern auch der Absturz von den Höhen der absoluten Mehrheit. Mit einem Amigo als Ministerpräsidenten und einem Parteichef, der in Bonn die Kasse durchbringt, steuerten die Schwarzen direkt auf die Katastrophe im Wahljahr 1994 zu.
Mit Stoiber besteht nun erstmals seit dem Tode von F.J.S. die Chance, daß die CSU ihren Niedergang stoppt und wieder die Rolle übernimmt, die ihre bundespolitische Bedeutung ausgemacht hat: dafür zu sorgen, daß es keine demokratisch legitimierte rechtsradikale Partei neben ihr gebe. Zuerst einmal hat die CSU mit Stoiber wieder eine Chance gegen Schönhuber und damit wenigstens eine minimale Option auf den Erhalt der Alleinregierung in Bayern. Wenn man Stoiber reden hört (durchraßte Gesellschaft), mag die Differenz zwischen ihm und den „Republikanern“ marginal sein, doch tatsächlich ist dieser kleine Unterschied entscheidend. Die CSU gehört in die bundesdeutsche Machtbalance, sie ist, im Gegensatz zu einer neuen Rechtspartei, eingebunden und hat deshalb eine insgesamt integrierende Wirkung. Stoiber darf jetzt nur nicht den Fehler machen, sich zu bescheiden. Furchtlos muß der Geist von Kreuth beschworen werden! Dabei steht Waigel nur noch im Weg. Ohne die Belastung durch den Kassenwart in Bonn steigen die Wahlchancen in Bayern, und im Gespann mit Gauweiler könnte Stoiber durchaus zum großen Sprung nach vorn ansetzen.
Wenn CDU und SPD am Ende des kommenden Jahres zur Elefantenhochzeit antreten, ist für die Bayern die gesamtdeutsche Perspektive offen. Warum den Braunen überlassen, was man selbst mitnehmen kann? In Berlin wartet Heinrich Lummer seit langem darauf, daß die Münchner endlich die Parole ausgeben, Bayern ist überall. Und was der Haider in Österreich kann, werden Sie sich, Herr Stoiber, doch wohl auch zutrauen! Jürgen Gottschlich
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