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■ StörzeilePavillon, ahoi!

Das Geheimnis um Altenwerder ist gelüftet. Weil für die Hafenerweiterung das Geld fehlt und große Containerfrachter ihre dicken Schiffshintern ohnehin dort nicht drehen und wenden können, soll eine neue dörfliche Idylle angesiedelt werden: die Pavillondörfer. Und die Wohnschiffe gleich dazu. Container ist schließlich Container. Dem flüchtigen Betrachter würde ein Unterschied zwischen Wohneinheiten und Bananen-Ladungen kaum auffallen.

Aber auch an den Wachtelkönig haben die städtischen Planer in ihrer Großherzigkeit und Weisheit gedacht. Genug Platz bietet Altenwerder für ganze Scharen, die es sich auf den Spülfeldern gemütlich machen könnten. Falls sie ihr Naturreservat nicht schätzen, müßte dieser Undankbarkeit mit Anketten begegnet werden.

Da diese Vögel klein sind, bliebe auch noch genug Platz für andere Problemgruppen. Beschäftigung für arbeitsscheue Sozialhilfeempfänger ließe sich dort bestimmt finden. Selbst faule SPD-Abgeordnete, Grafitti-Sprayer, Bettler und Junkies könnte man dort sozialverträglich aussetzen. Auch Jugendliche sind numerisch betrachtet eine Minderheit und damit altenwerdertauglich. Mit Vandalismus, Konsum-Irritationen und Parteischädigung wäre Schluß.

Man kann und darf angesichts der vielen drängenden und den Bürgermeister so ungemein belastenden Probleme nicht nur von Geld und Toleranz reden. Natürlich wäre es günstiger, langlebige Steinhäuser zu bauen statt „Pavillons“ zu kaufen. Zweifellos ließe sich manches hinnehmen. Aber – diese Frage muß erlaubt sein – wozu bräuchten wir dann noch Altenwerder?

Silke Mertins

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