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Archiv-Artikel

Stille Kontemplation

Maier-Reimers Fotos in der Galerie für Landschaftskunst

Auf den ersten Blick wirken sie fast monochrom: grau-grün, blau-grün – eine düstere Intensität, die nächtliche Kälte verrät. Die tibetischen Landschaften, die Daniel Maier-Reimer fotografiert hat, versprechen ihre Farbigkeit erst bei Tageslicht zu entfalten. Doch das ist ausgeschlossen, denn der Künstler bevorzugt es, seine Aufnahmen in der Dämmerung des Morgens oder Abends zu machen.

Auf den zweiten Blick jedoch verwandeln sich die Bildflächen: Bewaldete Bergflanken treten hervor und turbulente Wasseroberflächen. Je länger man hinsieht, desto mitreißender wird die Strömung. Was fern wirkte, ist plötzlich nah. Sogstrudel blubbern, die Gischt spritzt Kränze und Linien. Ein Wasserfall am oberen Rand, ein Felskeil im Zentrum. Zarte Kompositionsstrukturen auf den magisch verdichteten Flächen.

Nicht anzusehen ist den in der Galerie für Landschaftskunst gezeigten Fotos, dass sie auf einer Abenteuerreise entstanden, von der zwei chinesische Strafzettel in der Ausstellung zeugen. Zum zweiten Mal seit 1997 reiste Daniel Maier-Reimer letztes Jahr nach Tibet und wanderte einsam entlang des Flusses Yarlung Tsangpo nördlich von Nepal. Sein Ziel: ein heiliges Tal der Tibeter. Eine Landkarte verdeutlicht die Wanderung in dem abgeschiedenen Gebiet. Als Maier-Reimer von der Polizei wegen „unbefugten Aufenthalts im Sperrgebiet“ aufgegriffen wird, muss er seine Kamera abgeben. Eines Abends bittet er einen Mönch um die Rückgabe. Doch in der Dämmerung bleibt ihm nur Zeit für ein paar Schnappschüsse. Unscharf sind die Aufnahmen; manchmal hängt der Horizont schief.

Gerade diese technischen, zufälligen Makel interessieren Maier-Reimer. Für die Ausstellung löst er sich erstmals von seinem Konzept, nur ein einziges Bild pro Reise zu präsentieren, und zeigt eine Auswahl von sieben Fotos. Im wechselnden Zoom von nah zu fern, von Erkennen zu Verschwimmen, von Tibet (im Kopf) zum unsignifikanten Ort erzeugen die Fotografien von Daniel Maier-Reimer eine anrührende Kontemplation.

Christian T. Schön

Mi–Fr 15–18, Sa 12–14 Uhr, Galerie für Landschaftskunst, Admiralitätsstr. 71; bis 18. 6.