Steuerreform-Pläne der CDU: Reiche belasten und Arme entlasten
Der Haushaltsexperte der Union im Bundestag schlägt höhere Steuern für Spitzenverdiener vor. Konkret wird er nicht. Die SPD freut es trotzdem, die Linkspartei ist skeptisch.
BERLIN taz | Der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Norbert Barthle, will den Spitzensteuersatz verändern und erhöhen. Derzeit wird ab einem Jahreseinkommen von 53.000 Euro ein Steuersatz von 42 Prozent fällig, ab 250.0000 Euro gilt der Spitzensteuersatz von 45 Prozent. Barthle hält es für sinnvoll, dass man "eine weitere Stufe einführt, um damit mehr Steuereinnahmen zu erzielen", so der CDU-Politiker in einem Interview mit der Südwest Presse.
Konkrete Veränderung laut Barthle: Wer mehr als 100.000 Euro verdient, müsse mehr Steuern zahlen, wer zwischen 53.000 und 75.000 jährlich verdient, weniger. Allerdings ist nicht durchgerechnet, ob und wie viel Steuermehreinnahmen damit verbunden wären. Hintergrund der Debatte ist, dass Schwarz-Gelb für 2013 eine Steuerreform angekündigt hat. Ziel ist es, den sogenannten Mittelstandsbauchs zu reduzieren. Das heißt, dass der Steuersatz nicht von 14 bis 42 Prozent linear, sondern bei 24 Prozent abrupt ansteigt.
Eine Abschaffung des Mittelstandsbauchs, die von CSU bis zur Linkspartei im Prinzip alle Parteien fordern, würde indes zu Steuerausfällen von knapp 28 Milliarden Euro führen. CDU-Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat eine kleine Steuerreform zugunsten niedriger Einkommen vorgeschlagen, die den Staat nur 8 Milliarden Euro kosten würde. Allerdings ist auch hier unklar, wie diese Reform finanziert werden soll.
SPD: "Vernünftiger Vorschlag"
Die Opposition reagierte auf Barthels Idee eher positiv. Carsten Schneider, haushaltspolitischer Sprecher der SPD, sagte der taz dies sei ein "vernünftiger Vorschlag". Wer keine "Steuersenkung auf Pump will, müsse die oberen Einkommen belasten". Das SPD-Modell sehe etwas Ähnliches vor. Die SPD will den Spitzensteuersatz von 49 Prozent ab einem Einkommen von 100.000 Euro erheben. Schneider wertete Barthels Vorstoß als Versuch zu testen, wie sich Schwarz-Gelb mit der SPD bei einer Steuerreform einigen kann. Die Reform muss voraussichtlich vom Bundesrat durchgewunken werden.
Skeptisch beurteilt indes Barbara Höll, Haushaltsexpertin der Linkspartei, den Vorschlag. Die Idee sei "unausgegoren", so Höll zur taz. Denn Bahrtle schwebt vor, dass der Steuersatz von 42 Prozent erst bei 75.000 Euro statt bei 53.000 Euro anfällt. Da flache sich die gesamte Steuerkurve ab, so Höll. "Das bedeutet also erhebliche Steuermindereinahmen" - und keine Mehreinnahmen, wie Barthle glaubt. "Mehr Steuergerechtigkeit wird so kaum geschaffen". Höll verwies auf das Steuerkonzept der Linkspartei, nach dem alle Einkommen unter 72.000 Euro entlastet würden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles