Steuer für Entwicklungshilfe: Kommt jetzt Tobin?
Der französische Außenminister setzt sich für eine Steuer auf Devisentransaktionen ein.
BERLIN taz | Während gerade allerorten Steuersenkungen zur Konjunkturankurbelung gefordert werden, macht sich Frankreich für die Einführung einer neuen Steuer stark: Eine Devisentransaktionssteuer - auch als Tobin-Steuer bekannt - sei gerade in der Krise nötig, um dringend benötigte Finanzmittel für die Entwicklungshilfe zu beschaffen, argumentiert der französische Außenminister Bernard Kouchner.
"Die Entwicklungsländer sind von der Finanzkrise besonders stark betroffen, sind aber auch Teil ihrer Lösung", sagte Kochner auf einem Treffen der Pilotgruppe für innovative Entwicklungsfinanzierung, einem 2006 gegründeten Forum von 55 Staaten. Denn gerade im Süden, so der Minister, seien die künftigen Wachstumsmotoren. Die Gruppe beschloss nun die Einberufung einer Taskforce, um die Machbarkeit einer Tobin-Steuer zu prüfen.
Gerade hat die UN-Expertenkommission zur Reform des Finanzsystems unter Leitung des US-Ökonomen Joseph Stiglitz Schätzungen veröffentlicht, wonach eine Devisensteuer im Jahr zwischen 15 und 35 Milliarden US-Dollar an Einnahmen bringen könnte. Der Bericht hält allerdings auch fest, dass dazu "starker Widerstand von einer Reihe von Akteuren überwunden" werden müsste. Dazu gehört offenbar sogar die französische Finanzministerin Christine Lagarde, die sich folglich über die Vorschläge ihres Kabinettskollegen Kouchner auch verwundert zeigte.
Philippe Douste-Blazy, Sonderberater des UN-Generalsekretärs für Entwicklungsfinanzierung, regte an, dass mächtige Staatengruppen wie etwa die G 8 oder die G 20 die Einführung einer Tobin-Steuer beschließen sollten. So kann nach Ansicht von Douste-Blazy verhindert werden, dass sich einzelne Staaten Wettbewerbsvorteile verschaffen, indem sie keine Steuer erheben.
Eine Umsetzung der Steuer erscheint nicht völlig aussichtslos. Norwegen, Spanien, Brasilien und Chile haben bereits ihr Interesse an einer Teilnahme an der Taskforce signalisiert. Das belgische Parlament hat schon 2004 eine leicht abgewandelte Tobin-Steuer beschlossen, deren tatsächliche Einführung allerdings an die Teilnahme weiterer Staaten geknüpft ist. Und Frankreich hat als erstes Land 2006 eine vergleichbare internationale Steuer umgesetzt: eine Flugticketabgabe, deren Erträge in die Krankheitsbekämpfung im Süden fließen. Die deutsche Bundesregierung dagegen hatte sich ursprünglich zwar offen für internationale Steuern gezeigt, die Initiative jedoch anderen überlassen.
Silke Ötsch vom wissenschaftlichen Beirat des internationalen Netzwerks Attac begrüßt zwar, dass die Pilotgruppe nun einen neuen Anlauf für die Tobin-Steuer unternimmt. "Aber mit dem geplanten Satz von 0,005 Prozent hat die Steuer keine Lenkungswirkung, und die umverteilende Wirkung ist viel zu gering", sagte Ötsch. Immerhin stelle eine Devisensteuer mehr Transparenz an den Finanzmärkten her, weil außerbörsliche Geschäfte dafür registriert werden müssen. Die globalisierungskritische Organisation Attac war einst mit dem Ziel der Einführung einer Devisentransaktionssteuer gegründet worden.
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