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„Stern“-Journalist über Nazifunktionär„Meinem Vater gönne ich den Strang“

Sein Vater war der „Schlächter von Polen“, und Niklas Frank rechnete erst mit ihm und dann mit seiner Mutter ab. Jetzt erschien das dritte Buch – über den Bruder.

Hans Frank (rechts unten) beim Nürnberger Kriegsverbrecherprozess. Bild: dpa
Cigdem Akyol
Interview von Cigdem Akyol

taz: Herr Frank, tragen Sie eigentlich immer noch ein Foto des Leichnams Ihres Vaters Hans Frank mit sich?

Niklas Frank: Ja, in der Jacke, zusammen mit den Fotos meiner Lieben. Das Bild ist eine Mahnung für mich, dass man nicht feige sein darf. Denn mein Vater war feige, er hat von allem gewusst, hätte zehntausend Chancen gehabt, sich für einen anderen Lebensweg zu entscheiden. Er hätte einfach sagen müssen: „Mein Herz ist so krank, mein Führer, ich kann nicht mehr.“ Hitler hätte ihn schon nicht erschossen. Wir als Deutsche müssen wissen, wohin Feigheit führt, weil wir das Ende erlebt haben, das wir selbst gestaltet haben. Feigheit baut Gaskammern.

Warum das Bild des Leichnams? Es gibt reichlich andere Bilder von Ihrem Vater, auf denen er unsympathisch wirkt.

Ich freue mich bei jedem Anblick des Fotos, dass er tot ist. Manchmal stelle ich mir das Knacken seines Genicks vor. Ich schaue es mir ja nicht ständig an, es reicht zu wissen, dass ich es dabeihabe. Hätte er überlebt, dann hätte er mit seinem Gewäsch mein Gehirn vergiftet. Er war ein brillanter Typ und hätte mich nach rechts gezogen.

Hat er Ihr Hirn nicht auch so vergiftet? Immerhin arbeiten Sie sich an Ihrer Vergangenheit seit Jahrzehnten ab.

Das stimmt nicht. Als das erste Buch, „Der Vater“, 1987 herauskam, war ich kurz vor dem 50. Lebensjahr. Ich habe die Bücher nebenbei geschrieben. Natürlich denke ich jeden Tag an die Opfer der Nazis, aber nicht an meinen Vater. Ich habe im Leben Glück gehabt, hatte nie einen Plan und habe mir ein eigenes Leben aufgebaut. Ich habe gesehen, dass andere Söhne und Töchter von NS-Kriegsverbrechern kein glückliches Leben hatten, und ich kann sagen: Ich bin glücklich.

Im Interview: Niklas Frank

73, arbeitete als Journalist u. a. für den „Stern“ und schrieb drei Bücher über seine Familie. Sein Vater war Generalgouverneur des deutsch besetzten Teils Polens, der nicht direkt ins Reich eingegliedert wurde.

Nach der Abrechnung mit Ihrem Vater 1987 und der Mutter 2005 jetzt die eher zärtliche Abrechnung mit Ihrem großen Bruder Norman. Sie schreiben, Ihr Bruder sei der größte Verdränger gewesen, dem sie je begegnet sind. Inwiefern?

Je belastender die Fakten wurden, die unseren Vater als Verbrecher entlarvten, desto stärker verteidigte Norman diesen und umarmte ihn schützend. Der Vater war seine Heimat.

Seinen Tod 2009 kommentierten Sie mit „Jetzt bist du all die Liebesqualen durch deinen Vater los.“ Sie sehen sein Ende als Befreiung?

Ja, er hat gelitten, er wollte nicht mehr leben, für ihn war seine Zeit nur noch eine Strafe.

Warum war er so lebensmüde?

Er war nie lebenstüchtig. Seine Wunden bluteten ein Leben lang. Wenn wir so über ihn reden, dann kommt er mir wieder besonders nah. Der verbale Wort-und Mordmist unseres Vaters schlauchte seine Seele.

Wurde er deswegen alkoholabhängig?

Es gab Zeiten, da hat er keinen Tropfen angerührt. Er ist nie von unserem Vater losgekommen, hatte bis zum Schluss ein großes Gemälde von ihm in seiner Wohnung hängen. Er war ein Eisblock, an den niemand herangekommen ist. „Man hat mir meinen Vater genommen, was soll da noch kommen?“, sagte er immer. Der Alkohol war ein Anker für ihn, hat ihn benebelt, ihm dabei geholfen, kurzzeitig zu vergessen.

Warum gelang es Norman nie, sich vom Vater zu distanzieren?

Er hat unseren Vater sehr geliebt. Unterschätzen Sie auch nicht die Stärke der Tabus: Mein Vater war nicht böse. Norman hat versucht, eine kleine Lücke in der endlosen Schuld zu finden, hat gar das Schicksal der Juden für den Tod des Vaters verantwortlich gemacht. Er wollte nicht über dessen Verbrechen reden, war ein Reinfresser, hat nie gebrüllt.

Sie bohren immerzu in den Wunden Ihres Bruders. Hatten Sie nie ein schlechtes Gewissen?

Als 1987 das erste Buch erschien, die Geschichte im Stern veröffentlicht wurde, da hat er mir schon leidgetan. Er hat damals beim Bayerischen Rundfunk gearbeitet, plötzlich wusste jeder Bescheid, das hat ihn mitgenommen. Ja, ich habe mich oft als Aufkratzer seiner Wunden gefühlt.

Warum haben Sie ihm dann so wehgetan?

Darauf konnte ich keine Rücksicht nehmen, ich habe meinen anderen Geschwistern auch wehgetan. Ich musste gegen das Schweigen und die Verherrlichung meines Vaters anschreiben – das würde ich immer wieder so machen.

Ist Normans Umgangsweise nicht auch menschlich nachvollziehbar? Martin Bormann hat über seinen gleichnamigen Vater gesagt, dieser sei einerseits der liebende, reizendeVater gewesen, andererseits ein Schreibtischtäter.

Ich verachte meine Eltern, ganz besonders meinen Vater. Wir waren eine üble Täterfamilie. Jeder, der Abkömmling einer großen Nazifamilie ist und sich den Tatsachen stellt, muss zu demselben Ergebnis kommen wie ich. Ich bin sehr gegen die Todesstrafe, aber meinem Vater gönne ich den Tod durch den Strang.

Norman sagt, er sei Sohn und nicht Richter, ihm war das Vaterverhältnis wichtiger als das Verbrechen …

Er hat nie kapiert und nie gesagt, was ich wollte, nämlich: „Niki, meine Liebe zu unserem Vater ist gestorben. Vati war ein Dreckskerl“.

Sind Sie eher Richter als Sohn?

Ich bin kein Richter, ich habe mich mit der Vergangenheit beschäftigt und anerkenne die Tatsachen. Wir haben doch alle die Bilder von den Leichenhaufen im Kopf. Mich haben diese Bilder von den toten Kindern nie verlassen.

Edda Göring, Tochter von Hermann Göring, weigerte sich, mit Ihnen zu reden. Martin Bormann wirft Ihnen vor, Sie hätten sich für den „Weg des Hasses“ entschieden.

Die eigene Sippe zu schützen hat bei denen oberste Priorität, und Bormann redet Schmarrn. Als ob ein liebevolles Streicheln über Kinderlocken die Leichenberge verschwinden ließe. Dass die alle nicht die Bilder der Opfer im Kopf haben, das macht mich fassungslos. Durch diese blöde Liebe zum Vater werden die Verbrechen immer wieder relativiert .

Werden Sie jemals aufhören, Ihre Familie anzuklagen?

Ja, jetzt. Meine Eltern und vier Geschwister sind alle verstorben. Ich habe unsere Familie vor der Öffentlichkeit nackt ausgezogen. Das war absolut nötig, denn wir haben Millionen andere Familien sich ausziehen lassen, bevor wir sie vergast haben.

Sie sprachen von Relativierungen. Gehört das Zentrum „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ für Sie in diese Kategorie?

Ich würde dieses Projekt sofort stoppen, es kann nur mit den Polen und Tschechen gemacht werden, die ja ausgestiegen sind. Wenn das nicht geht, dann muss so lange umgeplant werden, bis die auch mitmachen wollen. Jetzt wird wieder verhandelt, was die jüdischen Zwangsarbeiter an Geld bekommen sollen. Bei der Flut wird ganz rasch geholfen, weil es Deutsche sind. Solche Sachen regen mich wirklich sehr auf. Der schleichende Antisemitismus ist wieder mitten in unserer Gesellschaft. Wo sind unsere Intellektuellen?

Günter Grass schreibt Gedichte über Israel und den Iran.

So ein Dreck, diese wehleidgen Gedichte von Günter Grass. Wir sind ein Volk, das auch nichts kapiert hat. Die Säle, in denen Grass seine beleidigten Leberwurstgedichte vorgelesen hat, waren überfüllt, die Menschen jubelten. Da sind wir wieder die alte Herrennation.

Und der ZDF-Dreiteiler „Unsere Mütter, unsere Mütter“ zeigte den Holocaust aus der Sicht teilweise sympathischer Täter …

Auf raffinierte Weise ist es schon wieder eine Relativierung der Geschichte und soll zeigen: „Wir Deutschen waren ja nicht immer böse. Es war irgendwer.“ Wir sind noch keinen Millimeter von Auschwitz weggekommen und suchen händeringend nach einem Weg, um davonzukommen. Natürlich soll man auch über die deutschen Opfer sprechen. Aber die Deutschen haben ja nicht gemütlich im Café in Dresden gesessen, als plötzlich die Alliierten kamen. Wir sind für alle Verbrechen verantwortlich.

Auch die heutige Generation?

Nein, die ist total unschuldig. Aber wir sind nun mal Deutsche und sind für immer mit unserer Geschichte verbunden.

Niklas Frank: „Bruder Norman! ’Mein Vater war ein Naziverbrecher, aber ich liebe ihn.‘ “ J. H. W. Dietz, 316 Seiten, 22 Euro

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36 Kommentare

 / 
  • F
    Frank,N

    Nach all dem hat sich das kälteste der kalten Ungeheuer leider wieder davongeschlichen.

     

    Der Leviathan ist immer noch bereit zu nehmen, wer sich ihm bietet und seien es die Radikalen in Zeiten der Schwäche.

     

    So gibt es auch von den Nationalen Sozialisten nicht mehr zu lernen, als was Susanne unten schon schrieb:

    Sie waren innerlich wüst und so wollen sie auch ihre Umwelt sehen: zerstört.

     

    Und doch wissen es ja eigentlich alle immer, dass die Trennlinie zwischen Gut und Böse im Herzen eines jeden Einzelnen verläuft.

     

    Der Blick auf Personen wie meinen Großvater allein ist zu eng.

    Aber er entlastet.

  • E
    eva

    Endlich jemand, der ehrlich ist.

     

    Kein Heuchler, der das Bild des mordenden Vaters schönredte, oder sagt "er hatte ja auc gute Seiten, war ein liebevoller Papi ...."

     

    Wie wohltuend das ist, nach all den Heuchlern, die nicht besser sind als ihre mordenden Väter, die unter den gleich Umständen wohl zu den gleichen Mördern geworden werden.

     

    Andere haben es eben nicht geschafft zu erkennen, dass sie ein eigener Mensch sind, der für den Vater und seine Untaten nicht verantwortlich ist und ihn darum auch nicht zu glorifizieren oder reinzuwaschen braucht. Aber es ist leicht zu sagen, ja, mein Vater hatte ja auch gute Seiten, und war so liebevoll und wir hatten eine so schöne Kindheit etc... , und es ist schwer zu sagen, ja, mein Vater war ein Mörder, und ich selbst will keiner werden und distanziere mich von ihm. Ab dann ist man nämlich selbst veratwortlich für den sein Leben und gilt dem braunen Bodensatz in Deutschland, der auch und gerade in den guten Kreisen immer noch ein nahrhafter Boden ist, am Ende auch noch als Netzbeschmutzer oder Hassprediger. Es gibt viele, die die Nazimörder noch vergöttern. Nicht nur ihre Kinder, aber vor allem die. Mit Menschen wir ihnen bleibt Auschwitz lebendig - und zwar als jederzeit wiederholbare Option.

     

    Nur die absolute, gnadenlose Distanzierung von den Mördern, die unser Väter und Großväter waren, kann bewirken, dass Deutschland seine dunkle Vergangenheit überwindet. Nicht deren Glorifizierung.

     

    Ich gratuliere dem Autor zu seiner Aufrichtigkeit und bewundere seinen Mut. Vielen Dank dafür.

  • AR
    Alexander Rafalski

    >> 04.07.2013 20:42 UHR

    von Cometh:

    "Darauf konnte ich keine Rücksicht nehmen... Ich musste gegen das Schweigen und die Verherrlichung meines Vaters anschreiben"

     

    Ganz der Vater. Keine Rücksichtnahme im Interesse einer guten Sache. Der Mann hätte es mit dieser Einstellung im 3. Reich oder im SED-Reich ganz weit gebracht.

     

    Denn wie es in der Posener Rede heißt, die immer noch das beste Dokument über diesen Charaktertyp abgibt: Man war ja anständig, aber konnte keine Rücksicht nehmen, musste hart sein, dabei aber anständig und gönnte anderen, die es verdienten, den Strang. Auch der Hang zur Nekrophilie ist gleich, nur dass die Originale lieber Leichenteile mit sich trugen und nicht nur Photos.

  • KH
    Karl Heinz

    Und sowas nennt sich dann tolerante Person...das ist einseitiges Hassdenken, mehr nicht.

  • M
    michael

    Auf solch einen Bruder würde ich liebend gern verzichten.

    Er ist keinen Deut besser als sein Vater.

    Ich bedaure nur seine Mutter und seinen Bruder, die für mich mehr menschliche Züge besitzen.

  • J
    Jojek

    Ein verdammt gutes Interview mit einem anständigen Deutschen.

  • KL
    K.E. Löwenstein

    Niklas sagt in all seiner gefühlsmässigen Unreife etwas Richtiges: "Wir sind noch keinen Millimeter von Auschwitz weggekommen und suchen händeringend nach einem Weg, um davonzukommen."

     

    Auschwitz, seine barbarische Konkurrenz- und Vernichtungslogik, ist, trotz aller intellektuellen politischen Diskurse in der Vergangenheit, noch immer unverstanden, sowohl in den Täter- als auch in den Mitläuferfamilien, weil die Ehrlichkeit zur Auseinandersetzung mit der seinerzeit reichlich vorhandenen inneren Bereitschaft zum Massenmord fehlt. Die erstickende Heuchelei und Rationalisierung siegen immer wieder über die Ehrlichkeit. Nicht so bei Niklas, der in radikaler Weise diese Ehrlichkeit einfordert.

    Eine gesellschaftliche Auseinandersetzung, die soweit in die Tiefe geht, dass die essentiellen moralischen Fragen des Unmenschseins beantwortet werden müssen, kann die nötige Ehrlichkeit fördern und dabei helfen, Heuchelei und Verdrängung zu überwinden.

    Wir können nicht von einer Bewältigung ausgehen, ohne die psychologischen Voraussetzungen für Auschwitz in ihrer ganzen Ungeheuerlichkeit verstanden zu haben. Ohne dieses Verständnis können wir keine normalen Menschen, keine Nazikinder und Kindeskinder sein, schon gar keine Demokraten und Antifaschisten.

     

    Die gesellschaftliche Auseinandersetzung kann Menschen wie Niklas Frank, den es scheinbar fast zerrissen hätte an der Auseinandersetzung mit seinem Vater, helfen, die Dinge unter mehreren Blickwinkeln zu sehen und dabei an geistiger Reife zu gewinnen. Radikalität in der moralischen Bewertung ist ein erstes natürliches Ergebnis bei der Auseinandersetzung in den Täterfamilien, doch bleibt man meist dabei nicht stehen, wenn man nach weiteren Ursachenzusammenhängen forscht. Und das ist gut so. Bitte dranbleiben, ehrlich.

  • L
    lowandorder

    mailmotten? lost in translation? 2.0

     

    Gerade noch die Nachklänge der Suade der

    etwa mit Niklas Frank gleichaltrigen Professorin Keil im Ohr,

    lese ich dieses Interview mit einem gewissen Bauchgrimmen.

     

    Diese Generation - auch meines sechs Jahre älteren Bruders war

    offensichtlich bis zum Ende der Nazi-Herrschaft nur bedingt

    durch diese Lebensumstände vergiftet.

    Andererseits hat sie dieses Ende - gern auch " Zusammenbruch " genannt,

    und demgegenüber die Zeit danach in noch naiver Kindlichkeit

    doch als elementaren Bruch erlebt/ erinnert.

     

    Frau Keil, als uneheliches Kind in ein Nazi-Kinderheim

    abgeschoben, wurde von der Mutter in Polen dort

    " weggeholt"; weil es sicherer war " mit einem Kind " zu fliehen.

    ( gängige Ansicht).

    Mein Bruder (SBZ) befand 1948, bei bäuerlichen

    Verwandten im Westen zu Besuch:

    " die leben hier ja wie im Krieg!"

     

    Dieser genaue Blick auch in der Erinnerung

    gründete auch in der realen Erfahrung

    der meisten - von gleißenden "Weihnachtsbäume"

    bei Bombardierungen und

    den anschließenden Zerstörungen der Städte.

     

    Auch waren sie, anders als die Generation 1944/45 plus,

    nach dem Krieg weit weniger unverbesserlichen

    Nazi-Lehrern ausgesetzt.

    (Die Folgen des " Huckepacksystems"

    ( 1 Unbelasteter zog - schließlich bis zu 4 Belastete wieder

    in den Staatsdienst!) mußten eher die jüngeren ausbaden.)

     

    Die - auch von mir früh gesehenen Filme (FWU) mit Leichenbergen

    ( Befreiung Auschwitz und drgl.) taten ein übriges;

    ließen an Klarheit nichts zu wünschen übrig.

    Gerade bürgerliche Eltern aber - förderten deren Kenntnisnahme nicht gerade.

     

    Zu dieser Folie kommt hier aber ein Besonderes:

    Kinder wie Niklas Frank aus der zweiten und dritten Kinder-Reihe

    genossen ohnehin einen zu nutzenden Freiraum;

    anders als die älteren Erstgeborenen.

     

    Diese wurden früh, zu früh als " unser(e) Große®",

    als erwachsen einvernommen,;

    die Eltern, die einzelstehenden, männerlosen Mütter,

    kämpften ums Überleben;

    die Ältesten zudem also als " Erziehungsberechtigte" mißbraucht.

     

    Kurz - die Zweiten und Dritten ließen sich,

    so auch hier und auch später -

    nur schwer " ein X für ein U" vormachen;

    "einen vom Pferd" erzählen.

     

    Daß solch Pragmatismus hier

    - für mich in unerbittliche Rigorismus bei

    Niklas Frank ausgewachsen ist,

    ist sicherlich auch der Schwere der Schuld

    des Vaters ( wie wohl aus seiner Sicht auch der Mutter);

    vor allem aber auch der familiären " Gruppendynamik"

    geschuldet.

     

    Als hier apostrophierter - allein akzeptabler Weg,

    ist er mir jedoch nur schwer verdaulich.

     

    Gewiß gehen mir manche Versuche, die Eltern in einen

    "tragbaren" lebbaren Wertungsrahmen " zu packen",

    auch schwer gegen den Strich.

    So der neuerliche Versuch der Tochter von Heisenberg,

    im Chor mit dem Weizäcker-Clan, diesen von seinen

    Nazi-Verstrickungen zu salvieren.

    ( ob er als " Klingsor" - nach Volpi - Hitlers wiss.Berater war,

    wird wohl ungeklärt bleiben; aber die unverfrorene Ummünzung

    seiner Niels-Bohr-Atombombenbau-Avance ist ein kläglich gescheiterter

    Versuch geblieben).

     

    Gewiß. Etwas zur Eigenversicherung und Abnabelung

    klar beim Namen zu benennen ist sicher zwingend notwendig!

     

    Aber - " ich bin glücklich"

    - also über die Brücke mag ich - mit Verlaub - nicht zu gehen;

    dieses Ansinnen steht so " schräg", so unverbunden

    dem Wunsch in ein und derselben Person gegenüber,

    den Vater gehängt sehen zu wollen;

    aber gleichzeitig gegen die Todesstrafe zu sein/zu wollen.

     

    Bei allem Respekt, aber das paßt erkennbar nicht zusammen.

  • SG
    Schmidt Georg

    Typ des ausser Rand und Band geratenen Menschen, dem niemand Grenzen aufzeigt, auch in Russland/Ukraine trieben sich solche Typen rum, aber genauso schlimm find ich die Masse der Befehlsempfänger, denen Karriere und Erfolg wichtiger ware, schimmer find ich diese Anpasser, die sich täglich, neu diesen Leuten andienten und, nehmen wir nur Herrn V Weizäcker, sorry, ein Familie, die eng mit der Führung des 3.Reiches verbunden war, man muss nur die Kommentare des Vaters lesen, der massgeblich Aussenpolitik mitgetragen hat, manche Leute sind unter einem Schutzschirm, dass der Richard zur Zeit des Warschauer Aufstands in Polen war, niemand hat ihn dazu befragt- im Nürnberger Prozess hat er seinen Vater verteidigt usw usw, man schlägt eben den Esel und meint den Herren!

  • N
    Nazienkel

    Ständig ein Bild des hingerichteten Vaters mit sich führen, wie krank ist das denn?

    Da erübrigt sich die Frage, ob Frank sich anmaßen kann, dem wesentlich älteren Burder vorzuschreiben, wie er den Vater zu sehen hat.

    Ob jemand der so voller Hass ist noch glücklich sein kann bezweifle ich, auch wenn er es von sich behauptet.

  • C
    Cometh

    "Darauf konnte ich keine Rücksicht nehmen... Ich musste gegen das Schweigen und die Verherrlichung meines Vaters anschreiben"

     

    Ganz der Vater. Keine Rücksichtnahme im Interesse einer guten Sache. Der Mann hätte es mit dieser Einstellung im 3. Reich oder im SED-Reich ganz weit gebracht.

     

    Denn wie es in der Posener Rede heißt, die immer noch das beste Dokument über diesen Charaktertyp abgibt: Man war ja anständig, aber konnte keine Rücksicht nehmen, musste hart sein, dabei aber anständig und gönnte anderen, die es verdienten, den Strang. Auch der Hang zur Nekrophilie ist gleich, nur dass die Originale lieber Leichenteile mit sich trugen und nicht nur Photos.

  • I
    icke

    [...]Martin Bormann wirft Ihnen vor, Sie hätten sich für den „Weg des Hasses“ entschieden[...]

     

    Dem kann ich nur zustimmen, nachdem ich dieses Interview gelesen habe...

  • D
    DerDemokrator

    Ich kann den Hass des Niklas Frank nachvollziehen, frage mich aber ob er in seiner Radikalität nicht wieder Ausdruck seines Egoismus ist.

    Für die Nachfahren der Nazibestien ist ein Leben in Freiheit und großer Lebensfreude sicherlich nicht leicht,falls überhaupt möglich, aber Hass erscheint mir der schlechteste Ratgeber.

    Wie egoistisch Hass und Furcht vor Rache sein kann, läßt sich am Mord der Göbbelskinder erkennen.

    Nach der Logik des Nikals Frank kann dies die einzige Möglichkeit sein, die Naziverbrechen zu sühnen-klingt irgendwie nicht christlich.

  • A
    aujau

    Kann das Buch ueber die Mutter noch einmal aufgelegt werden?

  • NV
    Nils vdh.

    Starkes Interview! Beeindruckende Antworten. So sollten Interviews sein.

  • I
    I.Q

    Ist es so hart, sich einzugestehen, dass auch sein Vater nicht nur Akteur, sondern auch das Opfer von Sozialisation und Umständen gewesen ist?

     

    Dann mein Beileid!

     

    Aber wie will man einer Wiederholung vorbeugen, wenn man neben dem, was aus einem Menschen gemacht werden kann nicht auch darauf schaut, wie das geschieht?

  • N
    neubau

    Kaum ein anderer Naziabkömmling hat diese schonungslose Offenlegung der Familienbande vorgenommen - dass das in manchen Kreisen gar nicht gut ankommt, ist verständlich.

     

    Dem eigenen Vater den Tod durch den Strang zu gönnen - das tut man eigentlich nicht. Und doch zeigt es in diesem Fall vor allem, welches Ausmaß die Verbrechen des Vaters hatten.

     

    Ich danke für dieses Interview, dessen letzter Satz mich allerdings dann doch stört: wir sind Deutsche und mit unserer Geschichte verbunden. Aber wir könnten das "für immer" ersetzen, wenn wir über Nationalismen hinausgehen würden. Das wäre ein klar zu formulierendes Ziel zur Überwindung der alten Denkstrukturen. Ich wünsche Niklas Frank, dass er nach der Auseinandersetzung mit der eigenen Familie einen Blick nach vorne finden kann.

  • G
    Georg

    Der Mann ist schlicht ein Profilneuriker. Ist bei dem Arbeitgeber wohl karriereförderlich

  • T
    tommy

    Niklas Frank ist für mich ein ziemlich wehleidiger Typ. Außerdem: Natürlich haben im Dritten Reich Millionen Deutsche Schuld auf sich geladen. Aber nur verhältnismäßig wenige hatten soviel Macht und waren solch üble Typen wie Hans Frank. Sorry, Niklas, aber Deine Familiengeschichte ist schon ein bißchen außergewöhnlich und Du kannst nicht erwarten, dass der Rest der Deutschen sich von Dir belehren lässt oder ein ähnlich verkorkstes Lebensgefühl entwickelt.

  • RB
    Rainer B.

    Die Wut und der Hass Niklas Frank's sind allzu verständlich. Dennoch löst es bei mir dasselbe Befremden aus, wie es schon die Verdrängung des Geschehenen durch die Tätergeneration getan hat.

     

    Man kann sich seine Väter nicht aussuchen. Man muss sich nicht vor sie stellen, sie rechtfertigen, verteidigen oder gar lieben, aber man muss sie auch nicht hassen.

     

    Die Geschichte lehrt uns doch eindringlich, wozu 'normale', harmlos erscheinende Menschen fähig sind, wenn sie durch ein verbrecherisches System manipuliert werden. Ausnahmslos jeder von uns trägt dieses entsetzliche Potential in sich. Vergesst das bitte nie!

  • I
    Inko

    Abartig

  • J
    jadd

    Buchwerbung für einen 'Schicksalsbericht', schleimig und betroffenheitssülzig wie alle, zu durchschaubar auf den Verkauf aus, um irgendwie zu berühren.

  • T
    Theo

    So nachvollziehbar Franks Wunsch ist, sich von seinem Vater zu distanzieren bleibt beim Lesen des Interviews leider das Gefühl zurück, dass ihn seine persönliche Geschichte überfordert und ihn seelisch krank gemacht hat.

  • W
    wolf

    Im Hier und Jetzt hat die Vergangenheit Anno 1945 und früher für die junge Generation keine seinswesentliche Bedeutung mehr.

    Ein Glück - unsere Kinder und auch schon die meisten meiner Generation müssen nicht permanent den Taten unserer Großeltern hinterher hecheln, uns schuldig fühlen oder unsere Ahnen rechtfertigen.

     

    Herr Frank, als auch Günther Grass, die beide eine exzellente Schreibe haben, können sich anscheinend nicht aus dem Sog ihrer Vergangenheit befreien, so wie beispielsweise ich nicht vollständig dem Sog meiner Familie, in der sich vier nahe Menschen das Leben nahmen, enteilen kann.

     

    Die Frage ist, ob ich meinen speziellen Sog erkenne, woraus große Teile mein Befindens resultieren, was wiederum maßgeblich auf mein Denken wirkt.

     

    Es ist z.B. aus der Zeit gefallen Juden für gut oder schlecht zu befinden, ebenso wie das Judentum auf Israel zu begrenzen, bzw. Juden mit irgendeinem festen Bild von Sein gleich zusetzten.

    Ähnliches gilt für das Böse oder Schlechte im Menschen weil....

     

    Die junge Generation ist wahrlich differenzierter in ihrer Wahrnehmung als vor 30, 50, oder gar 70 Jahren. Ein Glück, dass sich meine Kinder mit so einem Scheiß nicht mehr rumplagen müssen.

     

    Nennen Sie es apolitisch, für mich ist es Sein im Hier und Jetzt - und das ziehe ich mancher gequirlter Politscheiße egal ob von rechts, links, neoliberal, etc. jederzeit vor.

  • R
    reblek

    "Die Säle, in denen Grass seine beleidigten Leberwurstgedichte vorgelesen hat..." - Falsch zitiert, vermute ich, denn nicht die Gedichte waren bzw. sind beleidigt. Es handelt sich um "Beleidigte-Leberwurst-Gedichte", weil Grass selbst die beleidigte Leberwurst ist.

  • DG
    Don Geraldo

    Mein Gott, was für ein selbstgerechter Widerling.

     

    So wie der sich hier darstellt wäre er eher als sein Bruder so gestrickt daß er im Fall der Fälle auch Täter geworden wäre.

  • SG
    Schmidt Georg

    wir sind alle......??!! aha hat man die Sippenhaft wieder eingeführt ??

  • IN
    Ihr NameGPS

    Herr Frank, ich danke Ihnen. Ich hoffe, Ihr Buch wird auch bald in Polen erscheinen. Es nimmt uns dieses hässliche Wut-Ohnmacht-Gefühl, daß Polen angesichts mancher deutscher Kultur und Medienereignissen überfällt. Es gibt keine Kollektivschuld, kollektive Erziehung aber sehr wohl.

    Und eine kollektive Verantwortung für solche.

  • S
    Susanna

    Danke dafür.

    Ich komme auch aus einer Täterfamilie und wundere mich immer, wie wenige Leute das von sich sagen. Ich habe soviele psychisch kranke Freunde, deren Großeltern Nazis waren und deren Eltern Opfer dieser hasserfüllten Kultur und das ist es, was ich gelernt habe: Man kann die Nazis in der Familie soviel lieben, wie man will, am Ende des Tages lernt und ändert man nur wirklich was, wenn man versteht, wieviel Hass in jedem überzeugten Nazi steckt, wieviel Degeneration, Lebensangst und Selbstablehnung und wie verseucht wir alle davon sind.

    Wer sich selbst retten und nachfolgenden Generationen etwas gutes tun will, wer lebendig sein will, muss aufhören, das zu relativieren.

    Nazis sind kranke Menschen und sie haben dieser Welt sehr wenig zu geben. Ihre Kinder sind mit einem extremen Mangel aufgewachsen und sind die Eltern von vielen von uns. Wer das relativiert oder immer nur woanders hinschaut, wird selber krank.

  • FV
    Frank <- Vorname

    Wow! Wie kann ein Mensch so reflektiert sein und ohne jeden schützenden Filter auf sich, seine Familie und sein Land schauen?

    Und altersmilde ist Herr Frank mit den Jahren seinbar auch nicht geworden, so wie ich es würde.

    Ein tolles Interview - Danke.

  • SG
    Schmidt Georg

    der Mann gehört in die Obhut eines Psychathers, und wer zahlt 22€ für son Buch !?

  • VS
    Verwüstungen, seelische

    Sind Sie mehr Richter als Sohn, fragt Frau Akyol. Da bleibt mir die Spucke weg. Gibt es eine Verpflichtung zur Sohn-Rolle? Können wir uns unsere Eltern aussuchen? Sind Eltern unantastbar? Ich weiß nicht, wie Frau Akyol in ihrer unkritischen Tochterrolle gefangen ist, aber zum Glück muss ein Kind in hiesiger Gesellschaftsordnung nicht mehr seiner Eltern (heimlicher) Untertan sein. Jedenfalls nicht als Erwachsener.

     

    Niklas Frank hat meinen vollen Respekt, sein Vater-Buch hat mich seinerzeit sehr aufgewühlt - und mich klarer sehen lassen. Wer daraus nur eine Abrechnung lesen kann, hat wohl wenig Interesse an historischer Aufarbeitung.

  • H
    Hupe

    Nein, sie sind nicht tot. Es ist auch nicht vorbei.

    Mörder bleiben Mörder, auch als Väter.

     

    Es war kein Zufall, dass das dritte Reich in D entstehen konnte.

     

    Und jetzt haben wir das vierte Reich, weltumfassend.

    Exportweltmeister.

     

    Andere haben die Demokratie exportiert und sind wieder dabei. Ich wünsche ihnen viel Glück, auch der Wahrheit.

     

    Und was tatsächlich verraten wird, ist etwas ganz anderes.

  • BG
    Bernd G.

    "Aber wir sind nun mal Deutsche und sind für immer mit unserer Geschichte verbunden."

    Ich darf das mal an der Stelle übersetzen: Da unsere (Ur-)Großelterngeneration einer Ideologie von Blut und Rasse auf den Leim gegangen ist sind wir schuldig. Der Grund: Wir haben dasselbe Blut wie diese Generation! Geniale Logik. Wirklich.

     

    Mit der Lebenswirklichkeit haben die Vater-Komplexe von Herrn Frank heute nicht mehr wirklich etwas zu tun. Schön, dass er die Taten seines Vaters ablehnt, dazu gehört nicht wirklich viel Intelligenz. Weniger schön, dass er meint daraus irgendeine moralisch überlegene Position zu gewinnen um andere Leute über eine angebliche Verpflichtung zur Unterwürfigkeit gegenüber anderen Volksgruppen / Nationen zu belehren.

  • I
    ilmtalkelly

    Wer einem Schlächter den Galgen wünscht, ist selbst ein Schlächter. Herr Frank hätte öffentlich für seinen Vater um Vergebung (nicht um Verständnis) bitten können. Sein Geist ist der eines Rächers und mehr im alten Deutschland beheimatet, als ihm wohl lieb ist.

    Es ist bedauerlich, aber der Hass wird nie ein Ende nehmen, wenn die Rächer sich den Sündern moralisch überlegen fühlen. N.Frank kann nicht glücklich sein.

  • OS
    Olaf Schuster

    Die jüngeren Generationen, zu der ich mich zähle, können sich natürlich nicht in die Lage des Autors versetzen. Ich verstehe den Hass auf seinen Vater auch irgendwie, aber die Tatsache, dass er stets ein Leichenbild von seinem Vater bei sich trägt, er sich wohl des öfteren das Geräusch seines Genickbruchs vorstellt und gegen seine unschuldige Mutter und den Bruter so wettert, lässt mich an der Geistesklarheit des Autors doch etwas zweifeln. Er sagt auch sein Bruder sei damit ein Leben lang nicht zurecht gekommen, das mag sein, aber der Autor wohl auch nicht.

    Aber es liegt auch in der Natur des Menschen, dass die eigene Meinung stets die Richtige ist...