Stephanie Grimm
hört auf den Sound der Stadt
:

Über den November gibt es nicht viel Gutes zu sagen. Außer dass viele vielversprechende Konzerte stattfinden. In der Wahl liegt die Qual, das schreit nach Selbstbeschränkung. Beschäftigen wir uns also diesmal mit den Helden des hiesigen Undergrounds, den stillen und den lauten.

Ein Beispiel für Ersteres ist Mike Korbik.Im Brotberuf Musikarchivar bei Radio Eins, liegen seine Verdienste um die Musikkultur dieser Stadt dennoch woanders: Bei seinem kleinen Label Twang! veröffentlichte Korbik zwischen 1984 und 2007 mit viel Herzblut und wenig Profitinteresse über 70 Tonträger zwischen Flower-Pop, Beat und melodiö­sem Punk (Ältere mögen sich an den Plattenladen Twang!-Tone in Schöneberg erinnern, der einst das Label querfinanzierte). Zum 33. Geburtstag gibt es Freitag eine Tribute-Veranstaltung im Quasimodo (20 Uhr, Kantstr. 12, 12 Euro). Vom Line-up darf man sich überraschen lassen – und im Geiste Westberlins schwelgen.

Am Samstag locken dann die lauten Kadaver in die Columbiahalle (19 Uhr, Columbiadamm 13–21, 27 Euro). Auch die sind, obwohl im Stoner-Rock zu Hause, nicht gerade das klangliche Aushängeschild unserer Stadt, ein authentisches Gewächs derselben. Sänger Christoph „Lupus“ Lindemann stand übrigens, bevor die Rockkarriere Fahrt aufnahm, hinter dem Tresen der 8MM Bar, ein zentraler Ort für alle Fans des Lauten und Dreckigen (s. Text zum 8MM-Bar-Synästhesie-Festival auf S. 2 ).

Seit F.S. Blumm,der Mann mit dem Faible für selbstgebaute Instrumente, in den neunziger Jahren erstmals in der Wohnzimmer-Folk-Szene auftauchte, hat er seinen Schaffensradius unermüdlich erweitert. Er experimentierte mit Dub, Postrock und Minimalismus und kollaborierte mit zahllosen Musikern, von David Grubbs bis Nils Frahm. Als Singer-Songwriter lädt er nun am Sonntag zum Record Release von „Welcome“ in die Kugelbahn (22 Uhr, Grüntaler Str. 51, 10 Euro) und lässt damit Komplexes ganz leicht klingen: Das leicht verschleppte Gitarrenspiel offenbart immer neue Facetten, sein warmer Gesang klingt, als singe einem ein guter Freund ins Ohr.

Ein eigenwillige Mischung von laut und leise bietet der Pianist Lambert am Mittwoch im Funkhaus Berlin (20.30 Uhr, Nalepastraße 18, 32 Euro): leise Musik, genauer gesagt: romantisch-introspektive Klaviermusik mit Minimal-Anleihen. Dazu eine im besten Sinne laute Performance. Lambert tritt immer mit Maske auf, die nach Antilope aussieht, aber der sardischen Folklore entstammt und hat einen ziemlich guten Humor. Den setzt er diesmal auf das Thema Angst an. Wenn das mal nicht Tröstung verspricht.