Steinmeier in den USA: Und spioniert wird doch
Das war's wohl mit dem No-Spy-Abkommen zwischen den USA und Deutschland. Außenminister Steinmeier spricht lieber von einem „grundsätzlichen Cyber-Dialog“.
WASHINGTON rtr | In der NSA-Affäre setzt die Bundesregierung offenbar nicht mehr auf ein Anti-Spionage-Abkommen mit den USA, sondern strebt stattdessen einen grundsätzlichen Cyber-Dialog mit dem transatlantischen Partner an.
Beide Länder müssten ernst nehmen, dass sie vielleicht einfach unterschiedliche Bewertungen über das Verhältnis von Sicherheit, Freiheit und Privatsphäre hätten, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier nach einem Treffen mit seinem US-Kollegen John Kerry am Donnerstag in Washington. „Und wenn es diese unterschiedlichen Bewertungen gibt, dann nützt es nichts, jetzt schlicht und einfach in Verhandlungen über ein Abkommen einzutreten“, fügte er hinzu.
Es sei sinnvoller, sich der Unterschiede zunächst einmal bewusst zu werden und Argumente auszutauschen, erklärte der SPD-Politiker. Die Debatte der vergangenen Wochen und Monate habe gezeigt, dass das Thema nicht so einfach zu erledigen sei, dass „John Kerry mir ein unterzeichnetes No-Spy-Abkommen in die Tasche steckt und sagt: 'Gut, dass wir drüber gesprochen haben'“.
Neben den Verhandlungen zwischen der EU und den USA über ein Datenschutzabkommen sowie eine Ergänzung der Safe-Harbor-Vereinbarung müsse es einen ehrlichen Dialog über den Schutz der Privatsphäre im Internet-Zeitalter geben. „Ich freue mich darüber, dass die amerikanische Seite diesem unserem Wunsch Rechnung getragen hat“, sagte Steinmeier. An der Diskussion sollten sich nicht nur die Regierungen beteiligen, sondern auch Wissenschaftler und die Zivilgesellschaft.
Balance zwischen Sicherheit und Privatsphäre
Kerry verwies darauf, dass der Kampf gegen den Terrorismus eine globale Aufgabe sei. Manchmal seien die Sicherheitsbehörden zu weit gegangen, doch deswegen habe US-Präsident Barack Obama auch die Regeln geändert. Es gehe darum, die richtige Balance zwischen Sicherheit und Privatsphäre zu finden.
Deutschland und die USA seien bei dem Thema keine Gegner. „Wir wollen dasselbe – dass die Sicherheit und die Privatsphäre unserer Bürger geschützt sind“, betonte Kerry. Daher sei eine vernünftige Diskussion gut.
In der NSA-Affäre hatte zuletzt ein Medienbericht für Wirbel gesorgt, wonach der US-Geheimdienst zwar Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht mehr direkt belauscht, dafür aber ihre engsten Vertrauten wie Innenminister Thomas de Maiziere. Laut Bild am Sonntag überwacht die NSA derzeit 320 Menschen in Deutschland, darunter vorwiegend hochrangige Politiker, aber auch Wirtschaftsmanager.
Steinmeier hatte sich bereits vor einigen Tagen sehr skeptisch gegenüber einem Anti-Spionage-Abkommen mit den USA gezeigt. „Ich bezweifle, dass ein No-Spy-Abkommen uns viel weiter bringt“, sagte er dem Spiegel. Die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit werde in den USA anders bewertet als in Europa und vor allem in Deutschland.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich