Steffen Grimberg Flimmern und Rauschen: Kekse statt Torte
50 Jahre hat die KEF auf dem Buckel, ganz offiziell war schon im Februar Stichtag. Aber nun erst feiert die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten ihren Geburtstag. Was die Queen konnte, können zahlenverliebte Finanzexpert*innen eben auch und so wird zu schönerer Jahreszeit geschwoft.
Was die Verliebtheit der Anstalten in ihre KEF angeht, ist es wie überall ein Auf und Ab. Bis zum Ausbruch der aktuellen Beitragsmalaise war die Beziehung durchaus angespannt. Schließlich strich die KEF die von den Häusern beantragte Kohle schon mal um die Hälfte zusammen. Oder sie überführte die ein oder andere Anstalt der nicht besonders geschickten Trickserei, was sich dann auch auf der nächsten Rechnung wiederfand. Und sie schrieb in Sonderprüfungen den privaten Produktionstöchtern der Sender ins Stammbuch, viele von ihnen würden nicht marktkonform arbeiten und wären ohne die Anstalten längst pleite. Zusammenstreichen tut die KEF noch immer, doch die Sender haben Martin Detzel gerade schrecklich lieb. Denn der KEF-Direktor erzählt aktuell allen, die es hören wollen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Gegensatz zum Kaffee in Deutschland seit Jahren immer billiger wird. Und wo in der freien Wirtschaft der Keks zum Kaffee zwar wie der Rundfunkbeitrag weiter gleich viel kostet, aber in der Packung halt nur noch 80 statt 100 Gramm drin sind, gibt es im ÖRR auch noch viel mehr Angebot als früher.
Weshalb es mit der Zuneigung diverser Medienpolitiker*innen zur KEF gerade so ’ne Sache ist. Denn die Kommission beharrt auf dem verfassungsrechtlichen Verfahren, nach dem der Beitrag Anfang 2025 ein wenig steigen sollte. Den Landespolitiker*innen aber, allen voran Sachsen-Anhalts Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (CDU), hat ja jemand die Schwachsinnsidee verkauft, mit dem Gejammere über den Rundfunkbeitrag lasse sich die AfD klein halten.
Hat er das etwa aus dem Westfernsehen? Der Beweis des Gegenteils ist längs erbracht, und dieser „Beitragspopulismus“ nicht nur von rechts hat der Legitimation des ÖRR schon etliche Bahnen Teppich unter den Füßen weggezogen. Aber Haseloff predigt seine garantiert KI-freie Halluzination munter weiter, von der Berliner Zeitung bis zur Welt und zurück.
Jetzt ist der MDR-Redaktionsrat mit milder Verspätung aufgewacht und hat mal erklärt, was er von Haseloffs Hassliebe zum ÖRR hält. Nichts, natürlich. Endlich traut sich mal wer zu sagen, dass diese Debatte nur der AfD in die Hände spielt. Na bitte, der ÖRR kann sich also wehren, er muss es eben nur wollen. „Aber wollen müsste er viel mehr, wenn es mit der Liebe klappen soll!“, sagt die Mitbewohnerin. „Damit sie nicht vor dem Bundesverfassungs-‚Scheidungsgericht‘ landen und die KEF fröhlich mit allen am Tisch feiern kann.“
Steffen Grimberg ist leitender Redakteur beim KNA-Mediendienst.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen