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Statt Barschel jetzt Neuwahlen

■ Nach SPD und FDP auch die CDU dafür / Unterssuchungsausschuß arbeitet weiter / Barschels Taxifahrer angeblich gefunden / Pfeiffer will nicht mehr vor Lübecker Staatsanwalt aussagen

Kiel/Plön (ap/taz) - Gut einen Monat nach der Landtagswahl in Schleswig–Holstein stimmte am Samstag abend nach SPD und FDP auch der CDU–Landesvorstand Neuwahlen zu. Auf die ursprünglich für Ende Oktober vorgesehene Kampfabstimmung zwi schen dem CDU–Fraktionsvorsitzenden Klaus Kribben und SPD– Spitzenkandidat Björn Engholm um das Amt des Ministerpräsidenten soll verzichtet werden. Übereinstimmung besteht aber darüber, daß der parlamentarische Untersuchungsausschuß zur Klä rung der Affäre Barschel seine Arbeit vor der Landtagsneuwahl abschließen soll. Die Kieler Christen und die FDP nahmen das Angebot von Oppositionsführer Engholm an, die seit Barschels Rücktritt nur noch geschäftsführende Minderheitsregierung unter Bundesratsminister Henning Schwarz bis zu der im Frühjahr 1988 erwarteten Neuwahl parlamentarisch zu tolerieren. Während der Sitzung des CDU– Landesvorstandes, die am Samstag fast sieben Stunden dauerte, kam es offenbar zu heftigem Krach. Der Streit wurde unter anderem durch den CDU–Kreisverband Neumünster ausgelöst, der sich zuvor öffentlich gegen eine angebliche Vorverurteilung Barschels durch die eigene Partei und deren Mangel an Fairness gewandt hatte. Lautstark bezeichnete der Landesvorsitzende Stoltenberg dies am Samstag als „maßlose Kritik“, die zudem „ungerechtfertigt und verletzend“ sei. Barschels Bruder Eike klärte derweil das Rätsel um die Herkunft eines handgeschriebenen Briefs des CDU–Politikers an seine frühere Sekretärin in Kiel auf, der schon fünf Tage vor seinem Tod am 7. Oktober in Genf abgestempelt war. Im Gespräch mit Bild am Sonntag sagte Eike Barschel, sein Bruder und dessen Frau hätten auf der Urlaubsreise nach Gran Canaria in Genf einen Zwischenstopp gemacht. Der Brief sei im Flugzeug geschrieben worden und aus Genf abgegangen. Die Illustrierte Quick meldet, Reporter des Blatts hätten den Taxifahrer gefunden, der Barschel in Genf vom Flughafen abgeholt und in die Stadt gefahren habe. Dieser sei „von selbst nicht darauf gekommen“, sich zu melden, da er durch eine falsche Suchmeldung irregeführt worden sei. Quick berichtete, der Taxifahrer habe Barschel auf Fotos einwandfrei als seinen Fahrgast identifiziert. Unterdessen weigerte sich Barschels früherer Medienreferent, Reiner Pfeiffer, gegen den die Lübecker Staatsanwaltschaft ermittelt, vor dieser Behörde weiterhin auszusagen. Der leitende Oberstaatsanwalt in Lübeck, Kleiner, sei „ein enger Vertrauter des früheren Ministerpräsidenten Uwe Barschel (CDU) gewesen und heute noch ein Handlanger der CDU–Landesregierung“, sagte Pfeiffer. Er sei bereit, vor einer anderen Staatsanwaltschaft Rede und Antwort zu stehen.

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