Statistik über Gebrauch von Schusswaffen: Beamte erschossen zehn Menschen
Zum zweiten Mal hat die Innenministerkonferenz die Statistik über den Gebrauch von Schusswaffen nicht offiziell veröffentlicht. Der Chef der Polizeigewerkschaft kritisiert die Intransparenz.
BERLIN taz | Für das Jahr 2008 verzeichnet die offizielle Statistik der Innenministerkonferenz (IMK) insgesamt 10 Fälle von polizeilichem Schusswaffengebrauch mit tödlichem Ausgang. Das entspricht in etwa dem regelmäßigen jährlichen Durchschnitt. Entgegen bisherigen Gepflogenheiten veröffentlicht die IMK diese inzwischen zum zweiten Mal in Folge nicht offiziell.
Wie mit der Schusswaffengebrauchsstatistik öffentlich umgegangen wird, liegt gemäß einem gemeinsamen Beschluss der Innenministerkonferenz ausschließlich im Ermessen ihres jeweiligen Vorsitzenden. Im letzten Jahr war dies der brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm (CDU). Als erster hatte er nach jahrelanger anderer Praxis die Statistik für das Jahr 2007 weder wie vorher üblich in einer Pressekonferenz vorgestellt noch überhaupt veröffentlicht.
Nur unter größten Mühen konnte damals beispielsweise der "Informationsdienst Bürgerrechte & Polizei/Cilip" überhaupt Informationen dazu erhalten. Nun tut es ihm sein Amtsnachfolger im IMK-Vorsitz, der Bremer Innenminister Ulrich Mäurer (SPD), nach; immerhin ist sie dort auf Nachfrage - aber eben nur auf eine solche - auch schriftlich zu erhalten.
Für Konrad Freiberg, den Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP), ist dieser neue Trend der IMK "völlig unverständlich und abwegig". Selbstverständlich sei die Schusswaffengebrauchsstatistik "öffentlich zu handhaben und nicht polizeiintern zu halten", meint er auf Nachfrage. Die GdP will der Sache nun nachgehen. Aber auch sonst sorgt die IMK-Statistik, die der taz inzwischen vorliegt, eher für Verwirrung als für Klarheit. Eine Gesamtzahl polizeilicher Schüsse etwa sucht man vergebens, sie muss aus den einzelnen Kategorien selbst zusammengerechnet werden. Dabei kommt man dann auf insgesamt 8.059 Fälle, in denen von PolizistInnen geschossen wurde. Das sind fast 1.000 mehr als 2007 und knapp 2.000 mehr als 2006. Merkwürdig ist auch die Einordnung eines Toten in die Rubrik "Schusswaffengebrauch gegen Sachen". Die Gesamtzahl von Schüssen auf Sachen gibt die IMK-Statistik dabei mit 10 an. Rechnet man jedoch die einzelnen Unterkategorien zusammen, kommt man auf insgesamt 22.
Die IMK-Schusswaffengebrauchsstatistik "muss auch Nachfragen standhalten können", sagt Gewerkschaftschef Konrad Freiberg. Diese tut es nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Ende der scheinheiligen Zeit
Hilfe, es weihnachtete zu sehr
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten