■ Stasi hin, VS her: Geschmacksfrage?
Der Versuch der FDP, die Tätigkeit ihres Bundestagskandidaten Andreas Spector als Stasi-Informant zu vertuschen, hat zumindest eines gelehrt: Der Umgang mit den Stasi-Sündenfällen ist nun endgültig zur Frage des politischen Geschmacks erhoben. Und über den darf bekanntlich und je nach politischer Hungerlage gestritten werden. Die einen finden die Mahlzeit dann roh wie die PDS, die andern medium wie Stolpe oder well done wie den Rechtsstaats-IM der FDP. Hinterher wird verdaut und die Mahlzeit bewältigt. Dabei gehören bündnisgrüner Heißhunger und staatsmännisches Völlegefühl nicht selten zum selben Freßritual: die einen ins Töpfchen, die andern ins Kröpfchen. Peinlich wird es nur, wenn, wie im Falle von Andreas Spector, der Blick ungeniert hinter die Küchentüren fällt. Jahrelang haben Staats- und Verfassungsschutz offenbar die Stasi- Kontakte Spectors geheimgehalten. Ganz anders dagegen bei Stefan Heym. Da genügte dem Herrn der Staatssicherung-West, Dieter Heckelmann, ein polizeilicher Aktenvermerk, um über den kurzen Dienstweg und parteipolitische Verpflichtungserklärungen Bundestag und Medien von der Gefährlichkeit Heyms und der Notwendigkeit seiner Denunziation zu überzeugen. Zwei Fälle in kürzester Zeit, die vor allem eines verdeutlichen: Wer den Grundsatz der Gleichheit derart offensichtlich verletzt, läßt keinen Zweifel daran, daß in den Geheimdienstkreisen der Bundesrepublik nicht nur die Stasi-Fälle, sondern auch demokratische Gepflogenheiten eine Frage des politischen Geschmacks sind. Wer über die Stasi redet, sollte mithin über den Verfassungsschutz nicht schweigen. Das gilt vor allem auch für jene Bündnisgrünen, die oftmals nicht mehr merken, daß sie nur die Würze sind im politischen Eintopf der hiesigen Küchenchefs. Uwe Rada
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