Starsuche im US-Sport: Was Basketball groß macht
Caitlin Clark wurde Rookie of the Year der WNBA. Eigentlich unumstritten, aber letztlich doch nicht so ganz.
Einerseits ist sehr unstrittig, dass die 22-jährige Caitlin Clark zu den aktuell besten Basketballerinnen zählt. Im College-Sport hatte sie die größte Punkteausbeute, die es bislang gab, zweimal war sie Spielerin des Jahres, und nun, als Profi, soll sie weiterhin helfen, ihren Sport, Basketball der Frauen, populär zu machen. Einige Ligarekorde hat sie schon gebrochen.
Das war die eine Seite. Andererseits wurde Caitlin Clark vergangene Woche fast einstimmig zum WNBA-Rookie of the Year gewählt. Hä? Warum andererseits? Das Wörtchen „fast“ macht es. Von den 67 abgegebenen Stimmen erhielt Clark nur 66. Die eine fehlende Stimme ging an Angel Reese, auch 22 Jahre alt, auch ein großes WNBA-Talent, auch in der ersten Saison WNBA-All-Star und auch mit einem Ligarekord, den für Rebounds.
Aber: Angel Reese ist nicht Caitlin Clark. Und das macht es spannend. In der WNBA wird geheim gewählt. In der Männerliga NBA hingegen wird öffentlich abgestimmt. Wer aber von den Expertinnen und Experten, die sich in Zeitungen oder im Fernsehen professionell mit dem Basketball der WNBA beschäftigen, der Meinung ist, dass Caitlin Clark nicht die beste Nachwuchsspielerin dieser Saison ist, das weiß niemand.
Dieser Umstand verweist auf ein paar Dinge: Es kann, wer will, hier gerne einen Trick vermuten, wie eine eigentlich langweilige und einhellige Wahl doch noch medial aufgepeppt wird.
Die falsche Objektivität des Sports
Aber warum sollte irgendjemand mit Basketballkompetenz sich dafür hergeben, Ignoranz zu beweisen, nur damit das Produkt mal wieder Schlagzeilen bekommt? Es könnte sich nämlich auch zeigen, dass es selbst im statistisch derart durchdrungenen und vermeintlich objektiv zu beurteilenden Basketballsport noch weitere Aspekte gibt, die das Urteil bestimmen.
Rekordsportarten wissen, wer wann die Bestmarken gehalten hat, aber andere Sportarten leben von ihren Pelé-oder-Maradona-Diskussionen, von einer Navratilova-oder-Evert-Debatte. Hier ist es erst der Diskurs, der die Spannung herstellt. Und dies ist eine gesellschaftliche Auseinandersetzung, in die verschiedene Interessen und Perspektiven einfließen.
Sportler und Sportlerinnen repräsentieren unterschiedliche gesellschaftliche Milieus. Clark und Reese wurden beide von ihren Teams, Indiana Fever und Chicago Sky, verpflichtet, weil in ihnen zweierlei vermutet wird: sportliche Dominanz und Starqualität. Da steht es jetzt 66:1 für Clark, aber entschieden ist im Sport noch lange nichts.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Frauenfeindlichkeit
Vor dem Familiengericht sind nicht alle gleich