■ Standbild: Schmerzstakkato
„Bitte lächeln“, Mittwoch, 19.45 Uhr, RTL 2
„Es war einmal gewesen/ in einer Schule der Chinesen / Da kam's mit großer Vehemenz / zu einer Fäusteturbulenz. / Der eine schlug so ganz pauschal / dem anderen in sein Oval. / Doch dort ist's eine Spur sozialer, / in China sind die Veilchen schmaler.“ Woher mag wohl ein Reim von so vollendeter geistiger Schlichtheit stammen? Aus der „Gartenlaube“? Nein, aus „Bitte lächeln“. Er vertonte ein Amateurvideo von zwei Jungs, die sich während einer chinesischen Prozession prügeln. Wie komisch ...
„Bitte lächeln“ ist eine der hartleibigsten Sendungen im deutschen Fernsehen. Täglich kann man sich daran weiden, wie Unbekannte stolpern, sich verletzen, ins Wasser fallen oder Gehirnerschütterungen davontragen. Um für die tägliche Splattershow das Studio voll zu bekommen, muß man offenbar auf extrafiesen Plebs zurückgreifen. Sie lümmeln in der poppigen Dekoration und lachen hämisch über die Mißgeschicke, die ihnen im Stakkato vorgeführt werden. Bei den Scherzen der beiden dem neuen RTL-2-Senderdesign angepaßten Dussel-Moderatoren will selbst ihnen das allerdings nicht mehr gelingen.
Die Themen: Tierquälerei, Kinderschmerzen, Sportunfälle und andere Torturen. Unglaublich, wo man überall herunterfallen kann: von Hängematten, Uferböschungen, Dreirädern oder einem fahrenden Go-Kart – peng, das war mindestens ein Rippenbruch.
Merken kann man sich nichts davon, obwohl man manchmal gerne mehr sehen würde von den seltsamen Freizeitkulturen, die die anonymen Videokameras aufzeichnen. Ein schrecklich dicker Mann auf einem Surfboard, der versucht, das Segel aus dem Wasser zu ziehen – das war ein melancholisches Bild, das hängenblieb. Tilman Baumgärtel
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