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■ Standbild„Der Koffer muß voll sein“ /Erebos, ZDF

(Erebos, ZDF, 6. Dezember, 22 Uhr 40) Erebos – alt griech.: Ort der Finsternis – ist ein Film des Regisseurs Nikos Ligouris über das Arbeitsleben einer griechischen Familie in West-Berlin. Finster ist die Beziehung zu Tochter Xeni. Finster das Leben, das Land und die Stadt. Die Änderungsschneiderei ist das Zentrum des Familienlebens. Alle müssen mithelfen. Das Geld muß her, so viel Geld, bis eine kleine Koffer voll ist.

Der Film konzentriert sich hauptsächlich auf die Person des „Flickers“ Manos. Die Nadel, die ihn in den Finger stach, sie wird von seiner Frau unter Abscheu aus dem Fenster geworfen: Laß uns doch endlich in Ruhe. Die Nadel als Symbol des vermeintlichen Lebensinhaltes, sie nistet sich ein, beginnt zu wachsen, als ob sie Würzeln hätte, als ob sie zeigen wollte, in Ruhe werde ich euch nicht lassen. Aber niemand achtet darauf.

Als die lang ersehnte Baugenehmigung für das Grundsütück auf Kreta kommt – zehn Bungalows will Manos bauen – wird von der Tochter zerissen. Sie will nicht nach Griechenland zurück. Sie spricht nicht einmal die Sprache ihrer Eltern. Ihre Abneigung geht sogar soweit, daß sie die Bousouki –Klänge, die eines Liebesakt begleiten, nicht mehr aushalten kann. Der Film machte mich traurig, weil er der Realität der Emigranten im Ausland entspricht. Es stimmte alles: Arbeiten, Verzicht, Krankheit, Tod.

Das Ziel, das sich viele griechische Einwanderer setzten, wird oft nicht erreicht. Als ich den „Flicker“ Manos sah, wie er müde und schwach über seiner Nähmaschine saß, mußte ich weinen. Genauso erging es meiner Mutter, die ebenso wie er, als Änderungsschneiderin schließlich an Angina Pectoris starb. Die Einsamkeit, die Kälte, welche die Emigranten erfahren, machen sie krank. Familienleben wird zu einem Arbeitsleben. Am Ende des Filmes, der kleine Koffer ist endlich voller Geld, die Familie Mundakis kann nach Griechenland. Die Wohnung, der Laden wird aufgelöst. Welche Enttäuschung, als die Familie erfährt, daß das Grundstück bereits bebaut ist, von einer Seifenfabrik. Der Traum der Bongalows ist wie eine Seifeblase zerplatzt und Manos packt seine Nähnadel wieder aus. rula

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