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StandbildMeiser in der Mitten

■ "Hans Meiser", Mo., RTLplus, 16 Uhr

Als Moderator der Nachrichtensendung „RTL aktuell“ hinterließ Hans Meiser stets einen guten Eindruck. Ohne eitles Anchorman- Gehabe, aber auch nicht so unbewegt hölzern wie einige der öffentlich- rechtlichen Nachrichtenmaschinen, lieferte er das Neueste vom Tage in geziemender Haltung frei Haus. Kaum sagt man aber einer Bildschirmpersönlichkeit etwas Gutes nach, dauert es angesichts akuten Mangels an Nachwuchstalenten oft nicht mehr lange bis zur eigenen Sendung. RTLplus nutzt Meisers Popularität gleich doppelt. Bei „Notruf“ obliegt es ihm, nachgestellte Rettungsaktionen mit dramatischer Stimmfärbung anzumoderieren, ein klassischer Fall von Fehlbesetzung. Zusätzlich leitet Meiser seit einer Woche die eigene werktäglich ausgestrahlte Talk-Show „Hans Meiser“, die mit dem exotischen Untertitel „Audience participation show“ versehen wurde. Bei täglichem Talk muß man auch schon mal auf halbwegs abgegraste Themen zurückgreifen, und so ging es am Montag um die schon fast wieder vergessene Forderung der Schwulen und Lesben, sich heterogleich in die Ehe stürzen zu dürfen. Allein die unglückliche Studiosituation machte das Thema heikel: Den etwa 120 ZuschauerInnen auf den Rängen sitzen die Gäste auf einem Podium frontal gegenüber, eine Konstellation, die Assoziationen weckt wie Pranger, Anklagebank oder Präsentierteller. Zwischen Bühne und Auditorium bewegt sich Meiser, befragt Sachverständige und Betroffene hier wie dort und entrinnt, obwohl um vorurteilsfreie und einfühlsame Gesprächsführung bemüht, nicht immer der Gefahr, der voyeuristischen Haltung des Publikums vor dem Bildschirm Vorschub zu leisten. Ein bißchen inquisitorisch geht's manchmal zu, aber der Graumelierte bezieht immerhin Stellung, wenn er Sätze wiederholt wie: „Wichtig ist die Liebe und nicht das Geschlecht in einer Beziehung“ und treuherzig hinzufügt: „Das finde ich einfach einen schönen Satz.“

Meiser bleibt stets der Mittler, Saalpublikum und Podium diskutieren kaum einmal direkt. Die Debatte verläuft sachlich und informativ, ohne die berüchtigten Tiraden Marke „Explosiv“ oder „Einspruch!“. Auch wenn hin und wieder der Biedermann mit ihm durchgeht, auch wenn ihm gelegentlich ein jovialer Scherz der eher mißglückten Art entfährt, scheint es Meiser dennoch gegeben, dem um diese Zeit gewiß sehr bunt gemischten Publikum brisante Themen ohne vordergründige Sensationshascherei nahezubringen. In dieser Woche folgen noch Sendungen zu den Themen „Wunderkinder“ (Mittwoch), „Überschuldung“ (Donnerstag) und „minderjährige Mütter“ (Freitag). Herr Dittmeyer

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